Für Dialektik in Organisationsfragen
Auf der Kundgebung von ver.di und dem Münchner Friedensbündnis zum Antikriegstag 2024 unter dem Motto: „Nie wieder Faschismus und Krieg!“ haben zwei Trambahnfahrer, Gewerkschafter (ver.di) und Mitglieder der Revolutionären Front München, über die antimilitaristische Arbeit ihrer Betriebsgruppe bei der Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG), berichtet. Im Folgenden drucken wir die Rede der beiden ab, die sie uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt haben.
„Wir, eine Betriebsgruppe von Trambahnfahrern in München, sehen die Gefahr eines 3. Weltkrieges heraufziehen und damit eine ernste Bedrohung für uns und unsere Kinder.
Als in München die ersten Trambahnen mit Werbung für die Bundeswehr, also für die deutsche Kriegsarmee, beklebt wurden, organisierten wir unseren Widerstand mit einer Unterschriftenaktion zum Antikriegstag 2022.
Begründet hatten wir unsere Aktion u.a. mit diesen Worten:
„Seit einiger Zeit ist bei der MVG eine Tram – R3 Nummer 2203 – mit Anwerbung für die Bundeswehr ausgestattet. Wir, die unterzeichnenden Kolleginnen und Kollegen der MVG, wehren uns dagegen, dass wir diese fragwürdige Werbung für eine angebliche Karriere bei der Bundeswehr durch München fahren sollen. Bereits der Slogan der Werbung „Mach was wirklich zählt“ würdigt uns herab – was wir machen, nämlich Trambahnen fahren, zählt also nicht, bzw. nicht wirklich. Das trifft nicht nur uns, sondern alle Arbeitenden. Man kann nicht ernsthaft von uns erwarten, dass wir diese Beleidigung aller Arbeitenden auch noch durch die Straßen fahren. Zudem sind nicht wenige von uns Pazifisten und können es mit unserem Gewissen nicht vereinbaren, für die Ausbildung zum Töten zu werben.“
Dazu meine Wortmeldung auf einer Betriebsversammlung 2022: „Ich habe damals als 19-Jähriger aus Gewissensgründen den Kriegsdienst verweigert. Und jetzt, nachdem meine beiden Kinder gerade erwachsen geworden sind, sollte ich da etwa mit einer Trambahn durch die Stadt fahren, die mit großflächiger Werbung für die Bundeswehr beklebt ist? Ich finde es unerträglich, dass der hauptsächlichen Zielgruppe dieser Werbung, nämlich jungen Menschen im Alter meiner Kinder, suggeriert wird, Soldat sei ein ganz normaler Beruf, wie jeder andere und das Töten anderer Menschen eine ganz normale Tätigkeit – Nach dem Motto: – Ich zitiere – : Gas, Wasser, Schießen. Ich jedenfalls möchte nicht Werbung für eine Armee machen, indem ich eben diese Werbung durch die Gegend kutschiere, denn auch das ist mit meinem Gewissen nicht vereinbar!“
Ein Jahr später konnten wir am Antikriegstag 2023 bekanntgeben: „Letztes Jahr haben wir hier gesprochen gegen die Bundeswehrtram, dagegen haben wir im Betrieb gearbeitet – jetzt ist sie weg“. So einfach ist das. Arbeiter schießen nicht auf Arbeiter, Trambahnfahrer fahren keine Bundeswehrtram, Metaller bauen keine Panzer und Transportarbeiter transportieren kein Militärgerät. Dass es hier so noch nicht ist, wissen wir, dass es so wird, dafür sind wir heute hier.“
Und auch der Kampf gegen die Bundeswehrtram ist noch nicht zu Ende. Seit kurzem existiert eine neue: Typ T1, Wagen 2804. Es wurde also erneut eine Münchner Straßenbahn mit Tarnfleck und demselben Spruch, wie vor zwei Jahren, beklebt. Ich bitte Euch deshalb darum: Beschwert Euch bei der MVG. Sagt, dass ihr mit so einem Fahrzeug nicht mitfahren wollt. Ihr zahlt schließlich für die Fahrt mit der Tram. Solche Beschwerden werden es uns erleichtern, dieses Thema bei der nächsten Betriebsversammlung erneut zur Sprache zu bringen.
Im Kleinen wie im Großen: Der Widerstand gegen den Krieg braucht jeden Einzelnen von uns. Schon allein wegen unserer Kinder.
Denn: die zunehmende öffentliche Anwerbung fürs Militär hat mit dazu beigetragen, dass inzwischen einer von 13 Rekrutierten in Deutschland minderjährig ist. Dafür wollen wir nicht länger Gehilfen sein. Deswegen fordern wir, dass die MVG sich nicht länger zum Rekrutierungsinstrument der Bundeswehr macht. Werbt dafür, Trambahn, Bus und U-Bahn zu fahren, ‒ da haben alle mehr davon!
Nach dem heutigen Antikriegstag werden wir auch dabei sein bei der gewerkschaftlichen Demonstration am 12. Oktober „Soziales rauf – Rüstung runter“. So wird es weitergehen, denn nur durch den gemeinsamen Kampf gegen die Kriegstreiber im eigenen Land werden wir Frieden bekommen.“
Mit der Trambahn in den Krieg? Dagegen kämpfen Münchner Gewerkschafter (auf dem Foto: auch in Dresden die falsche Fahrtrichtung).