Begleitet von brennenden Flüchtlingsheimen und den „Ausländer raus“ Rufen der Rassisten und Faschisten wird seit Jahrzehnten ein demokratisches Recht nach dem anderen auf Kosten der Geflüchteten ausgehöhlt:
Zwang während des Asylverfahrens in Flüchtlingslagern zu leben, Arbeitsverbot in dieser Zeit, Einschränkungen der Freizügigkeit für Geduldete (das Verbot, sich außerhalb des Landkreises zu begeben), Außerkraftsetzen des Rechts auf Unverletzlichkeit der Wohnung in den Flüchtlingslagern, immer längere Abschiebehaft, bis hin zu den gerade erst beschlossenen wochenlang möglichen Inhaftierungen an den Außengrenzen der EU ... Die offiziellen Begründungen dafür sind stets die gleichen: Die Kommunen, die Bürger oder wer auch immer wären überfordert. Man müsse die Ängste der Menschen ernst nehmen, der Zuzug von Geflüchteten müsse begrenzt oder aber ganz gestoppt werden. Die Ängste der Geflüchteten interessieren nicht. Sind sie keine Menschen?
Den Zuzug ganz zu stoppen ist nun offensichtlich das Ziel der CDU. Sie fordert, das gesamte Asylverfahren in sog. Drittstaaten auszulagern. Und das soll nicht nur hier gelten, sondern in der gesamten EU. „Jeder, der Asyl in Europa beantragen will, wird in einen sicheren Drittstaat außerhalb Europas überführt. Dort wird dem Antragsteller ein Asylverfahren nach allen rechtlichen Standards garantiert. Wenn der Antrag positiv ausfällt, wird dem Antragsteller im Drittstaat Schutz gewährt,“ so die CDU.[1]
Die Herren Merz und Co. schämen sich nicht, dies auch noch mit „Humanität“ zu begründen. Wie wird das ausschauen mit den „rechtlichen Standards“? Bisherige Abkommen der EU mit anderen Staaten, die verhindern sollen, dass Flüchtlinge an die Grenzen der EU gelangen, zeigen nur, dass keinerlei rechtliche oder humanitäre Standards eingehalten werden. Während z.B. die EU mit Tunesien über ein solches Abkommen verhandelte wurde bekannt, dass Flüchtlinge über die Grenze in die Hitze der Wüste getrieben werden, ohne Wasser oder Sonnenschutz, und dort jämmerlich zu Tode kommen. Das Abkommen wurde trotzdem abgeschlossen.
Und warum soll es diesen Drittstaaten bitteschön möglich sein, den anerkannten Asylbewerbern Schutz zu gewähren und ihnen ein einigermaßen erträgliches Leben zu gewährleisten, Staaten wie die Bundesrepublik aber nicht? Nehmen wir z.B. Ruanda, mit dem die, gerade abgewählte, reaktionäre britische Tory-Regierung eine solche Drittstaatenlösung vereinbart hat. Das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf beträgt in Ruanda 966 US-Dollar (2022), in Deutschland 48.717 US-Dollar. Jedes Kind sieht doch sofort, welches Land rein materiell bessere Bedingungen hat um schutzsuchende Menschen aufzunehmen!
Menschen müssten nicht mehr im Mittelmeer ertrinken, wenn sie doch wüssten, dass sie in den EU-Staaten so und so nicht aufgenommen werden – so die CDU. Doch keine der immer unmenschlicheren Verschärfungen der Asylpolitik in den letzten Jahrzehnten hat dazu geführt, dass weniger oder gar überhaupt keine Menschen mehr sich auf den gefährlichen Weg nach Europa begeben hätten. Nur die Wege sind immer gefährlicher geworden, die Toten mehr. So sieht die Humanität der CDU aus.
Und für alle, die meinen, Flüchtlinge würden ihren bescheidenen Wohlstand bedrohen und nicht die krisenhaften, zum Krieg drängenden kapitalistischen Verhältnisse: Die britische Regierung errechnete im März, dass es bis zu zwei Millionen Euro[2] kosten würde, auch nur einen Menschen nach Ruanda zu bringen. Die Asylbewerberleistungen für einen Schutzsuchenden betragen dagegen in Deutschland für ein Jahr (2022) 12.000 Euro.
Gespart würde also nichts, dafür aber das Grundrecht auf Asyl endgültig abgeschafft, dieser Konsequenz aus der Barbarei des Zweiten Weltkrieges.
Nachsatz: Gerade hat die sozialdemokratische Labourpartei in Großbritannien die Wahl haushoch gewonnen. Der neue Premierminister Starmer hat sofort angekündigt, das sog. Ruandamodell wieder rückgängig zu machen. Wie wäre es, wenn die Sozialdemokraten hier ihre Regierungsmitglieder lautstark auffordern würden, sich daran ein Beispiel zu nehmen und das Asylrecht gegen die CDU und alle Rechten und Faschisten zu verteidigen, statt anzukündigen den Vorschlag der CDU zu prüfen? Es wäre ein kleiner Schritt gegen Barbarei und Faschismus.
gr
1 www.cdu.de/artikel/drittstaatenloesung-fuer-humanere-migrationspolitik
2 Süddeutsche Zeitung, 18.6.2024; die Zahlen klingen unwahrscheinlich hoch. Doch auch hier kostet alleine die Abschiebung eines einzelnen Menschen mit einem Flugzeug teilweise bis zu über 130.000 Euro.
Artikel aus „Auf Draht“ vom 22.7.2024, einer Zeitung, die vor Betrieben verteilt wird. Herausgegeben von DKP München und Gruppe KAZ München.
26. Mai 2023: Protestzug in Berlin gegen eine Zustimmung von SPD und Grünen zu den europäischen Plänen zur Entrechtung der Flüchtlinge