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KAZ-Fraktion: „Ausrichtung Kommunismus”

In den Ausgaben der KAZ Nrn. 362, 364 und 365 haben wir uns mit Klassen und Klassenwidersprüchen im sozialistischen China befasst. In diesem Kontext wollen wir in dieser Nummer auf die Neuausrichtung des deutschen Monopolkapitals in der Politik gegenüber der VR China eingehen, wie er im Grundsatzpapier des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), des Dachverbands der Monopole, zum Ausdruck kommt. Dabei geht es um die Interessen der Konzerne, die in China produzieren, um die chinesischen Unternehmen in der BRD und insgesamt um das Ringen des deutschen Imperialismus um die Neuaufteilung von Absatzmärkten, Rohstoffquellen und Kapitalanlagesphären im neuausgerufenen „Systemwettbewerb“ mit der VR China. Wie stellen sich deutsche Gewerkschaften, insbesondere die IG Metall, zu dieser Orientierung. Gehen sie ins Schlepptau des Monopolkapitals und verteidigen mit ihm „deutsche Interessen“ oder stellen sie sich ihren internationalistischen Aufgaben?

Wie der Internationalismus der deutschen Arbeiterbewegung desorientiert und fehlgeleitet wurde, versuchen wir in dem Artikel „Solidarität mit Solidarność?“ zu zeigen. Die damals in den 1980er Jahren von deutschen Gewerkschaftsführern mitgetragene Stützung des konterrevolutionären katholischen Arbeitervereins in Polen hatte verheerende Auswirkungen auf die ganze Entwicklung des Sozialismus in Europa. Das sollte uns Warnung sein, auf Arbeitskämpfe in der VR China genauer zu schauen und nicht den häufig vom Klassenfeind gesteuerten Informationen über Auseinandersetzungen in China auf den Leim zu gehen.

Das „Grundsatzpapier China“ des BDI

Neuausrichtung des deutschen Monopolkapitals gegenüber der VR China – und die Haltung deutscher Gewerkschaften

Wie sollten sich DGB – Gewerkschaften verhalten gegenüber der VR China, der chinesischen Gewerkschaft und wie bei Übernahmen von dt. Firmen durch chinesische Unternehmen und den folgenden unvermeidlichen Konflikten?

Bürgerliche „Leitmedien“ und neuerdings der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) leisten hierzu ihren massierten Manipulationsbeitrag:

„Der Spiegel“ 35/2016 blökt: „Das Projekt Welteroberung“ – und meint so das Seidenstraßen–Projekt in Misskredit bringen zu können. Das war damals als Beitrag gemeint für die propagandistische Vorbereitung auf den China-Besuch des damaligen Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel. Er wird als Vorkämpfer deutscher Wirtschaftsinteressen und seines „sozialdemokratischen Kernklientels“ dargestellt. „Die deutschen Hochofenarbeiter“, weiß der Spiegel ganz genau, „zittern um ihre Arbeitsplätze, weil Billigstahl aus der Volksrepublik die europäischen Märkte überflutet. Die Facharbeiter bei Daimler und VW fürchten sich vor der nächsten Offensive der chinesischen Autoindustrie.“ (s. Spiegel 45/2016 – Überschrift: „Das Ende des Lächelns“)

Am 7.4.2017 versucht die Wirtschaftswoche (wiwo) unter der Überschrift: „Angelockt. Ausgequetscht. Abgedrängt.“ das erbarmungswürdige Dasein der deutschen Monopole in der VR China zu charakterisieren, immerhin Konzerne, die über Jahrzehnte chinesische Arbeiter ausgequetscht und die Profite in den Sack der Dividendenschinder geschaufelt haben.

Die wiwo vom 7.7.2017 titelt: „Mission Welteroberung“ (die Suggerierung von „Welteroberung“ scheint ein besonderes beliebtes Leitmotiv der deutschen „Leidpresse“ – wie man in Franken zu sagen pflegt – zu sein) und unterschiebt dabei der VR China die gleichen Motive, die der Imperialismus, der deutsche mit zwei angezettelten Weltkriegen vorne dran, seit mehr als 100 Jahren verfolgt. Man soll den Eindruck gewinnen, dass Deutschland kurz vor der Verwandlung in eine chinesische Kolonie steht.

Am 23.3.2018 das Titelbild im gleichen „Qualitätsmedium“: „Feindliche Übernahme“ und diesmal mit Untertitel: „Ausspioniert, aufgekauft, ausgebremst.“ Im Innenteil dann: „Die Unterwerfung“. Man höre und staune: „Ein Vierteljahrhundert hat die Bundesrepublik in China auf Wandel durch Handel gesetzt. Nun wird klar: Die Wette ist verloren. Stattdessen setzt China nun in Europa seine Interessen durch, spioniert, kauft Firmen auf – und drangsaliert im eigenen Land die deutschen Unternehmen.

Und schließlich soll das deutsche Publikum unter dem Titel „Die Anti-China-Allianz“ auf die von dem gegenwärtigen Repräsentanten des USA-Imperialismus Donald T. betriebene Isolierung und Einkreisung der VR China eingestimmt werden

In solch unverantwortlicher Weise wetzen diese geistigen Killerkommandos die Messer und legen die Axt an die Wurzeln der eigenen Existenz. Immerhin hat die Volksrepublik China in den letzten Jahrzehnten erheblich dazu beigetragen als verlässlicher Geschäftspartner das Überleben z.B. deutscher Autohersteller (die mit zu den treuesten Förderern der wiwo durch das Schalten von Großanzeigen zählen) zu retten – trotz des kriminellen Dieselbetrugs, trotz des systematisch gebremsten Umstellens auf neue Antriebssysteme und Kraftstoffe, trotz einer Steuerpolitik, die den Autofahrer zum Lastesel der Nation macht, trotz solcher deutscher Verkehrsminister wie Ramsauer, Dobrindt und Scheuer usw., usf.

Gegenüber der Hetze für das Publikum, dem die Medienmeute offenbar klare Feindbilder im nationalistischen Outfit vermitteln will, klingt die Stellungnahme des Monopolverbands BDI (Bundesverband der Deutschen Industrie) geradezu nüchtern gemäßigt. Während die Medien ihre Aufgabe darin haben, vor allem die Werktätigen davon abzulenken, dass der Hauptfeind im eigenen Land steht, dass er deutsches Finanzkapital und deutscher Imperialismus heißt, müssen die Monopole und ihr Dachverband sich mit dem Widerspruch auseinandersetzen, dass man um China und chinesische Unternehmen nicht herumkommt, wenn man gute Geschäfte machen will, dabei aber nicht mehr uneingeschränkt die Oberhand hat. Und genau hier kommt der BDI zu erschütternden Erkenntnissen.[1]

Das chinesische ‚Wirtschaftswunder’ der vergangenen Jahrzehnte nahm seinen Anfang im Dezember 1978 mit Deng Xiaopings wegweisenden Gedanken zu einer strategischen Umorientierung und Öffnung der chinesischen Wirtschaft. Chinas Reform- und Öffnungspolitik katapultierte das bis dahin verschlossene Land in nur 40 Jahren in die Spitzengruppe der Weltwirtschaft. Betrug der Anteil Chinas am globalen BIP im Jahr 1980 gerade mal zwei Prozent, so liegt er heute bei deutlich über 18 Prozent. Chinas Anteil am Welthandel betrug Ende der 70er Jahre nur etwas über ein Prozent, heute liegt er bei 19 Prozent. Rund 600 Millionen Chinesen konnten aus der Armut befreit werden.

Lange sah es so aus, als würde sich China durch die Integration in die Weltwirtschaft bei der Ausgestaltung seines Wirtschaftssystems allmählich auf die liberalen, offenen Marktwirtschaften westlichen Musters zubewegen. Diese Konvergenzthese ist nicht mehr haltbar. China entwickelt sich strukturell kaum mehr in Richtung Marktwirtschaft und Liberalismus, sondern ist im Begriff, sein eigenes politisches, wirtschaftliches und gesellschaftliches Modell zu verwirklichen. Gleichzeitig prägt China als aufstrebende Wirtschaftsmacht andere Märkte und auch die internationale Wirtschaftsordnung. Das chinesische Modell einer Wirtschaft mit stark lenkendem staatlichen Einfluss tritt damit in einen systemischen Wettbewerb zu liberalen Marktwirtschaften.“ (Hervorhebung Corell)

Unglaublich also, dass diese Chinesen es wagen, ihr eigenes sozialistisches „Modell“ zu verwirklichen. Und das tritt auch noch in Gegensatz zum staatsmonopolistischen Kapitalismus bei uns, im bekannten Fälscherjargon „liberale Marktwirtschaft“ genannt.

Nach über vier Jahrzehnten Wirtschaftsreformen und Öffnung stellt Chinas Wirtschaftssystem heute eine Mischform dar, die staatswirtschaftliche und marktwirtschaftliche Elemente vereint. Auch wenn zwischen Unternehmen in China, insbesondere im Konsumgüterbereich und bei einfachen Dienstleistungen, ein harter Wettbewerb herrscht, ist der Wirtschaftsprozess insgesamt durch vielfältige Eingriffsmöglichkeiten staatlicher Stellen ins Marktgeschehen geprägt. Der Staat übt nach wie vor eine starke direkte und indirekte Rolle bei der Allokation von Ressourcen[2] aus.

Während manche chinesische und viele deutsche Genossen daran zweifeln, ob der chinesische Staat noch genug Einfluss in der Wirtschaft hat, bescheinigt der BDI eben diesem Staat seine prägende Rolle.

Die folgenden Aspekte des chinesischen Systems sind im Hinblick auf den neuen Systemwettbewerb von zentraler Bedeutung:

Die führende Rolle der Partei im Staat und die Zentralisierung von Entscheidungsstrukturen: Der 19. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas im Oktober 2017 stellte eine Zäsur dar. Er hat die Position von Präsident Xi Jinping als seit Jahrzehnten mächtigster chinesischer Staatslenker gefestigt. Mit den ‚Xi Jinping Gedanken’ hielten seine Visionen für China Eingang in die Satzung der Partei. Im März 2018 folgte die Entscheidung auf dem Nationalen Volkskongress, die Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten von zweimal fünf Jahren aufzuheben. Seit Amtsübernahme hat Xi Jinping zentrale, unter Deng Xiaoping etablierte politische Prinzipien der Reformära, wie ‚Trennung von Staat und Partei’ und ‚kollektive Führung’, infrage gestellt. Das ‚neue China’ unter Präsident Xi ist gekennzeichnet durch die führende und nicht disponible Rolle der Partei in Staat, Wirtschaft und Gesellschaft.

Offenbar übersieht der BDI, dass Xi Jinping die „Vier Grundprinzipien“ von Deng Xiaoping im Auge hat und in diesem Sinn für Kontinuität in der Parteilinie steht.

Im Kern gesteht der BDI als Sprecher des deutschen Monopolkapitals ein, dass der Versuch, China mit den alten Rezepten der damals „Neuen Ostpolitik“ – „Wandel durch Annäherung“ oder „Die Burg von Innen sturmreif machen“ – das Genick zu brechen, erstmal gescheitert ist. Was gegenüber der DDR, Polen und schließlich der Sowjetunion – in ihrem Sinn – so erfolgreich funktioniert hatte, hat bei den chinesischen Kommunisten nicht verfangen.

Jetzt steht also wieder „Systemwettbewerb“ an. Dabei gehen sie noch nicht aus der Deckung, ob das nun Ein- und Unterordnung unter die abenteuerliche Droh- und Gewaltpolitik des USA-Imperialismus bedeutet. Denn es steht viel auf dem Spiel. Ein Wegschießen von China als Markt und Kapitalanlagesphäre hätte katastrophale Folgen für die deutsche Wirtschaft, die jetzt schon im stramm gezurrten Korsett von drohender Krise, USA Handelskrieg mit EU, Brexit, Russland und Iran-Sanktionen schwitzt.

Und oh weh: Der direkte Einfluss des Staates bzw. der Partei in Unternehmensentscheidungen wird durch eine politische Aufwertung von Parteizellen ausgebaut. Diese greifen nicht nur in Entscheidungsprozesse von Staatsunternehmen, sondern auch Joint-Ventures und Privatunternehmen ein.“ ... Und: „Der zunehmende Kontrollanspruch der Partei über Gesellschaft und Wirtschaft verengt den Handlungsspielraum und schränkt damit die langfristigen Zukunftsaussichten für ausländische Unternehmen in China ein. Beispiel hierfür ist das 2017 in Kraft getretene Cybersicherheitsgesetz mit seinen Vorgaben zur Offenlegung sensibler Daten, zur lokalen Datenspeicherung und zur Einschränkung des grenzüberschreitenden Datenverkehrs.

Da klagen die Richtigen! Die Herrschaften, für die die Bespitzelung in Betrieb und Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit war nach dem Prinzip: Wem die Produktionsmittel gehören, dem gehören die Informationen und ihre Kontrolle. Die Herrschaften, die mit SAP, Microsoft, Apple, Google, Facebook, Amazon, mit NSA und BND den Cyberrüssel in jeden Datentopf tunken, die das Internet und GPS beherrschen, jammern geräuschvoll, dass ihnen in China langsam die „Freiheit“ abhandenkommt, überall ihr Opium vertickern und schnüffeln zu können!

Welche Elegie: Dass man der Volksrepublik nicht mehr mit Glasperlen und Ramsch im Kolonialherrenstil kommen kann.

Und dann noch der Angriff auf das „Social-Credit-System“:

Die umfassende Kontrolle und aktive Steuerung von Gesellschaft und Wirtschaft mithilfe moderner Technologien: Die chinesische Führung arbeitet intensiv daran, die Effizienz von Wirtschaftsplanung und gesellschaftlicher Kontrolle durch Künstliche Intelligenz (KI) und Big-Data-Verfahren weiter zu erhöhen. Ein Beispiel hierfür ist das Social Credit System, welches es der chinesischen Regierung ermöglichen soll, die Einhaltung sowohl von Gesetzen und Vorschriften als auch von nicht offen gelegten Kriterien durch Einzelpersonen und Unternehmen zu überwachen. Die jeweilige Punktzahl im System kann sich direkt auf Geschäftsaussichten der Unternehmen in China auswirken. Schlechte Bewertungen können z.B. zu geringeren Chancen bei der Vergabe öffentlicher Projekte, zur Einstufung in ein höheres Steuerniveau und zu eingeschränkten Investitionsmöglichkeiten führen. Dabei kann auch das Verhalten von Unternehmen und Individuen auf Märkten außerhalb Chinas in die Bewertung mit einfließen. Durch die Einbindung der chinesischen IT-Unternehmen verfügt die Regierung über umfassende Datenmengen.

Wir wissen nicht, ob das chinesische Social Credit System für den künftigen Sozialismus in Deutschland geeignet ist, aber da packen die BDI-Glashausbewohner ganz dicke Steine aus. Ausgerechnet im Land der „Förderer und Forderer“, wo jeder „Hartzer“, jeder Migrant bewertet und sanktioniert wird, wo der Aufstieg nach Klassenbewertung (das zum Thema „nicht offen gelegter Kritierien“), nicht nach Leistung geht, wo die größten Tunichtgute als Oligarchen das Land beherrschen und nur hochkommen lassen, wer ihnen in den Kram passt, d.h. nach Oben dienert und nach unten tritt, ausgerechnet das imperialistische Größerdeutschland meint die Welt schulmeistern zu dürfen ... Was ihnen aber besonders weh tut ist, dass jetzt nach Standard & Poor’s, Moody’s und anderen auch aus China ein Rating-System droht, das sich nicht nur profitorientiert am Börsengeschehen orientiert, sondern vielleicht auch soziale Gesichtspunkte berücksichtigen könnte.

Aber immerhin: Die deutsche Wirtschaft ist insgesamt mit dem Ausland durch Handel und Kapitalaustausch stark verflochten. Die Verankerung im EU-Binnenmarkt und im Weltmarkt ist für den Erfolg der deutschen Industrie unerlässlich. Dies gilt auch unter der Prämisse eines neuen Systemwettbewerbs. Als dynamisch wachsender Markt bleibt China einer der wichtigsten wirtschaftlichen Partner. An einer konfliktorientierten wirtschaftlichen, politischen und technologischen Einhegung (sic!) Chinas oder einer Entkoppelung von China hat die deutsche Industrie kein Interesse. Systemische Differenzen und Divergenzen bedeuten nicht zwangsläufig Konflikt, sondern erfordern ein verlässliches und belastbares Schnittstellenmanagement. Kooperation ist notwendig – trotz Konkurrenz. China ist eine Stütze der Weltwirtschaft. China, Deutschland und die EU haben ein gemeinsames Interesse an Zukunftsgestaltung.

Offenbar rät der Dachverband der Monopole dazu, sich gegenwärtig zu mäßigen und (noch) nicht auf offene Konfrontation zu setzen. Denn das Engagement ist beträchtlich:

Der Bestand deutscher Direktinvestitionen in China betrug 2016 rund 76 Mrd. Euro, das entspricht 6,8 Prozent der gesamten deutschen Auslandsinvestitionen. Dabei waren circa 5.200 deutsche Unternehmen mit insgesamt über einer Million Mitarbeitern in China tätig.Und die Schlussfolgerung:Aufgrund der stark integrierten Wertschöpfungsnetze und der derzeitigen Position der deutschen Industrie auf dem chinesischen Markt sowie den bestehenden Potenzialen im Chinageschäft wäre eine wirtschaftliche Entflechtung von China mit enormen Kosten verbunden. Die deutsche Industrie lehnt sie ab und sieht mit Sorge, dass sie in den USA zunehmend thematisiert wird.

Aber trauen will man den Chinesen nicht:Trotz der starken Anziehungskraft des chinesischen Marktes wird es für Unternehmen jedoch immer wichtiger, mögliche Risiken eines Engagements in China im Auge zu behalten und gegebenenfalls durch eine weitere Diversifizierung von Wertschöpfungsnetzen, Produktionsstandorten und Absatzmärkten auszubalancieren.

Aber um auch die antikommunistischen Geiferer bei der Stange zu halten, warnt der BDI: „In der Diskussion um die richtigen Lösungsansätze und Instrumente zum Umgang mit China zeigt sich, dass der Grat zwischen Anpassung mit Beibehaltung der liberalen, sozialen und offenen marktwirtschaftlichen Ordnung und einer protektionistischen Abschottung eigener Märkte und Eingriffen in die liberale Wirtschaftsordnung sch­mal ist. Maßnahmen der aktuellen US-Administration deuten darauf hin, dass der Schutz vor chinesischen Wettbewerbsverzerrungen schnell in Protektionismus abgleiten kann. Hier steht die Glaubwürdigkeit deutscher und der EU-Politik auf dem Spiel. Deutschland und die EU müssen bei den Reaktionen gegenüber China das richtige Maß treffen. Das gilt für die Offenheit unserer Volkswirtschaft, das gilt aber auch für die Frage, wieviel Industriepolitik Deutschland und die EU brauchen.

So schön kann man die gärenden Konflikte innerhalb des Monopolkapitals vertuschend umschreiben.

Und darauf läuft die BDI-Analyse hinaus:

Gemessen am BIP ist die EU der global größte Binnenmarkt. Diese wirtschaftliche Stärke sollte die EU insbesondere gegenüber China und den USA stärker in politisches Selbstbewusstsein übertragen. Nur ein starkes und in seinem Handeln geeintes Europa kann seine Interessen und Werte gegenüber der aufstrebenden Weltmacht China behaupten. Die Herausforderungen im Inneren (z.B. Brexit) wie im Äußeren (z.B. transatlantische Beziehungen, völkerrechtliche Verstöße Russlands in Europa) machen die Bedeutung einer stabilen und umfassenden Einheit der EU für die zukünftige Entwicklung des Kontinents nur noch deutlicher.

Und auch: Auch mit den USA sollte trotz derzeitiger handels-politischer Differenzen weiterhin eine Abstimmung in China-bezogenen Fragen angestrebt werden. Die USA bleiben geopolitisch der wichtigste Partner für die EU. Partnerschaft bedeutet aber auch, eigene Interessen kenntlich zu machen und diesen Interessen schädlichen Strategien, wie containment oder de-coupling[3], entgegenzutreten. Insgesamt sehen sich die Unternehmen aller G7-Partner in China mit den gleichen Handels- und Investitionshemmnissen konfrontiert.

Im Klartext: Die Konzentrierung auf ein „starkes“ und „geeintes“ Europa bedeutet nichts anderes als die deutsche Dominanz in Europa stärken und die Verbindung mit China nutzen, um sich gegenüber den USA zu behaupten.[4]

Und die Gewerkschaften

Wie haben sich deutsche Gewerkschaften – wir stützen uns vor allem auf Aussagen aus der IG Metall, der bedeutendsten Massenorganisation der deutschen Arbeiterklasse – gegenüber der VR China, dem Engagement deutscher Unternehmen in China und chinesischer Unternehmen in der BRD positioniert?[5] Was erwarten Kommunisten von den deutschen Gewerkschaften in diesem Kontext?

Im Juli 2017 hieß es bei der IG Metall noch: „Wenn Chinesen deutsche Firmen übernehmen, machen die betroffenen Arbeitnehmer bisher meist gute Erfahrungen damit. Aber Politiker und auch die IG Metall sorgen sich, dass auf Dauer wichtiges Know-how abwandert.

Als Beispiel wurde die Fa. KraussMaffei[6] angeführt.

„Wir sind aus der Hölle ins Paradies gekommen“, wird eine Kollegin zitiert. Und weiter: „In der ‚Hölle’ schmoren sahen sie und ihre Kollegen sich bis 2016. In den Jahren davor wurde das Maschinenbauunternehmen (KM) nacheinander von drei verschiedenen westlichen Finanzinvestoren gekauft (Verkäufer war Siemens – Corell). Sie sparten, bauten Personal ab und investierten kaum, ihr Ziel war schnelle Rendite. Das änderte sich 2016 ... Jetzt flossen Gelder: in Anlagen und Personal. Die Belegschaft musste sich keine Sorgen mehr um ihre Arbeitsplätze machen und sah die Zukunft wieder optimistisch.

Letzte Meldung vom Januar 2019: „Wir sind von den Wachstumschancen, die sich durch den Zugang zum chinesischen Kapitalmarkt ergeben, überzeugt. Die Einbringung ist eine positive Weiterentwicklung für KraussMaffei und bietet Chancen, weiterhin Arbeitsplätze auch in Deutschland zu sichern und aufzubauen“, sagt Susanne Meyer, stellvertretende Vorsitzende des Betriebsrats von KraussMaffei. Auch die IG Metall steht der Entwicklung positiv gegenüber. „ChemChina bleibt ein verlässlicher Partner für KraussMaffei und hält wie versprochen an seinen Plänen für KraussMaffei fest. Wir sind von den Chancen der Einbringung an der Börse Shanghai überzeugt“, sagt Horst Lischka, als Unternehmensbeauftragter der IG Metall zuständig für München und Mitglied des Präsidiums des Aufsichtsrats von KraussMaffei.

KraussMaffei ist seit April 2016 mehrheitlich im Besitz des führenden chinesischen Chemiekonzerns ChemChina.

Weiter betont man bei der IG Metall, dass auch in den anderen deutschen Unternehmen, die 2015, 2016 von chinesischen Unternehmen übernommen wurden (wie Kuka, Kickert, Putzmeister, Pfaff u.a.) die Beschäftigten mit ihren neuen „Arbeitgebern aus Fernost“ gute Erfahrungen machten: „Die Chinesen achten die Mitbestimmungsrechte weitgehend, halten Tarifverträge ein und bekennen sich zu den deutschen Standorten.

Doch seit 2017 mit zunehmender Hetze gegen China von Seiten der Leitmedien des deutschen Monopolkapitals wechselt auch die IGM-Führung die Tonart. Ein „Experte vom Ressort Globalisierungspolitik beim IG Metall-Vorstand“ wie Christian Weiss macht sich Sorgen, „... dass wichtige Zukunftstechnologien, Know-how oder ganze Wertschöpfungsketten langfristig nicht in Europa gehalten werden können.“ „Die chinesische Regierung verfolgt eine ganz bestimmte Strategie“, sagt Kollege Weiss „Sie verfährt nach dem Masterplan: Made in China 2025“.

Mit der deutschen und europäischen Wirtschaft ist man sich einig, dass China wichtige Zukunftsmärkte bietet und es „krisengebeutelten europäischen Ländern gut tut, wenn chinesisches Kapital in ihre Volkswirtschaften fließt.

Aber, sagt Wolfgang Lemb, Vorstandsmitglied der IG Metall und schwenkt damit auf die Linie des BDI ein „Wir brauchen dringend eine gemeinsame europäische Industriepolitik, die auf Nachhaltigkeit setzt und strategisch angelegt ist. Nur so erhalten wir die Technologieführerschaft und Wettbewerbsfähigkeit auf globalen Zukunftsmärkten.

Dafür fordern wir einen industriepolitischen Dialog auf europäischer Ebene, an dem neben Wirtschaft und Politik auch die Gewerkschaften beteiligt sind ....Eine solche Strategie könnte z.B. im ‚Bündnis Zukunft der Industrie’ entwickelt werden.

Und so ganz auf Unterordnung unter das Kapital (gewöhnlich „Sozialpartnerschaft“ genannt) bedacht, meint Lemb vom Vorstand der IG Metall, außerdem, „dass die IG Metall chinesische Investitionen in deutsche Unternehmen heute (2018) wesentlich kritischer als vor zwei oder drei Jahren sehe. Die Gewerkschaft stelle mittlerweile fest, dass die Zusammenarbeit mit chinesischen Investoren und Eignern in den Betrieben schwieriger werde – etwa in Sachen Tarifbindung und Akzeptanz der Mitbestimmung“.

Was Kommunisten von deutschen Gewerkschaften im Verhältnis zu China und zu chinesischen Gewerkschaften erwarten

Das deutsche Monopolkapital versucht die deutschen Gewerkschaften zu manipulieren und in ihr Fahrwasser zu ziehen:

– Solange dessen Hauptlinie in China Subversion mit dem Ziel „Regimewechsel“ war, hatte man den Gewerkschaften die Aufgabe zugedacht, dort Sozialpartnerschaft samt deutschem Arbeitsrecht, inklusive den schönen deutschen Arbeitsbedingungen (bei Privateigentum an den Produktionsmitteln in einem Land von „Freiheit und Democracy“) zu propagieren.

– Zur Unterstützung von Arbeitskämpfen in China, soweit nicht deutsche Konzerne betroffen sind, ließ man Trotzkisten und Anarchosyndikalisten am langen Zügel agieren. Jetzt heißt es: Chinesische Unternehmen in der BRD sind willkommen – im Zeichen neoliberaler Weltoffenheit und „Globalisierung“.

– Nachdem als Hauptlinie vom BDI der „Systemwettbewerb“ ausgerufen wurde und die Konfrontation schärfer wird, sollen die deutschen Gewerkschaften in den chinesischen Unternehmen den Feind erkennen, nicht weil sie auch kapitalistisch wirtschaften, sondern weil sie aus China kommen.

Wir erwarten dagegen von unseren Gewerkschaften:

– dass sie bei Unternehmen in Deutschland mit chinesischer Beteiligung die Kollegen dort ebenso vertreten wie bei Unternehmen, die überwiegend deutsche Eigentümer haben und Gegenwehr organisieren, wenn Arbeitsbedingungen, Löhne etc. verschlechtert werden sollen,

– dass sie gegen jeden Nationalismus und Rassismus bei betrieblichen Konflikten Stellung beziehen: statt „die Chinesen“ sind schuld! – Kampf dem Kapital – woher es auch kommen mag,

– dass sie bei Übernahmen deutscher Unternehmen durch chinesische begrüßen, dass Unternehmen aus einem sozialistischem Land wie China in Deutschland aktiv werden – als Ausdruck der gewachsenen Kraft des Sozialismus und der Beseitigung von Armut in China,

– dass sie Arbeiter ohne Ansehen ihrer Nationalität vertreten und als Internationalisten auch mit der chinesischen Arbeiterklasse verbunden sind,

Deutsche Gewerkschaften haben ein Interesse daran, dass sich deutsche Unternehmen in China (wie auch in anderen Ländern) an die Gesetze, z.B. das Arbeitsgesetz halten.

Sie haben kein Interesse an der Durchsetzung von Gesetzen, Vereinbarungen etc., die in Deutschland gelten, in China oder in anderen Ländern aber in der Form nicht.

Um ein Ausspielen deutscher und chinesischer Arbeiter gegeneinander in einem Konzern zu verhindern, müssen auf lange Sicht angelegte Kontakte mit den chinesischen Gewerkschaftsvertretungen und den Parteikomitees hergestellt werden und ggf. konkrete Kampfaktionen abgestimmt werden. Weltbetriebsräte, die auf deutsche „Sozialpartnerschaft“ gepolt sind, sind hierzu kein geeignetes Mittel.

Anzustreben ist die Zusammenarbeit mit dem Gesamtchinesischen Gewerkschaftsbund (ACFTU) und dem Weltgewerkschaftsbund (WGB) – gegen die Abgrenzungsbeschlüsse durch den sozialdemokratisch dominierten Internationalen Gewerkschaftsbund (IGB).

AG „Chinas Kampf um den Sozialismus“:
R. Corell, Dien Bien Phu, Karlchen, Lobo, O‘Nest, Rosa

„Im Kapitalismus in seinem imperialistischen Stadium sind die Gewerkschaften Organisationen der Arbeiterklasse, um deren Führung und Ausrichtung der Kampf geführt wird. Die von der Monopolbourgeoisie herübergezogenen, bestochenen Arbeiteraristokraten wollen aus den Gewerkschaften ein Anhängsel des Kapitals machen zur Befriedung und Lähmung der Arbeiter und ein Reservoir für den Krieg. Die klassenbewussten Kräfte wollen die Gewerkschaften zu einer Kampforganisation der Arbeiterklasse machen, die nicht nur Widerstand gegen die Übergriffe des Kapitals leistet, sondern zur Überwindung des Kapitalismus beiträgt.

Im Sozialismus, im System der Diktatur des Proletariats, geht der Kampf um die Gewerkschaften unter neuen Vorzeichen weiter. Jetzt übt die Avantgarde des Proletariats die Macht aus. Die Bourgeoisie aber ist noch vorhanden, nicht nur die ausländische Bourgeoisie in den imperialistischen Ländern, sondern auch die inländische mit ihren Beziehungen zu ihren ins Exil gegangenen „KlassengenossInnen“ und selbstverständlich zu ihren „Freunden“, Geschäftspartnern etc. Diese Bourgeoisie aber muss daran gehindert werden, sich wieder als Klasse für sich zu formieren, den Kampf um die Wiederherstellung ihrer Herrschaft zu führen und die Konterrevolution vorzubereiten.

In diesem Kampfabschnitt geht es darum, die Gewerkschaften zur starken Stütze der Diktatur des Proletariats zu machen und mit ihrer Hilfe die Unterstützung der breiten Massen der Arbeiterklasse zu gewinnen und zu bewahren. Das bedeutet Zurückdrängen alter und neuer sozialdemokratischer Einflüsse.“ (aus KAZ 365)

Aufgaben der chinesischen Gewerkschaften:

– sie haben im Gesamtinteresse der Arbeiterklasse die „demokratische Diktatur des Volkes“, die durch die Avantgarde der Arbeiterklasse, die Kommunistische Partei, ausgeübt wird, zu unterstützen, zu festigen und zu verteidigen;

– sie haben den Staat zu unterstützen, mit dessen Hilfe die Diktatur nach Innen und Außen ausgeübt wird. Dessen aktuelle Aufgaben stehen aber im Widerspruch zum langfristigen Interesse der Partei, den Staat selbst abzuschaffen bzw. die Voraussetzungen für sein „Einschlafen“ zu schaffen; außerdem im Widerspruch zur Aufgabe der Partei als der organisierten Form der Kritik bestehender Verhältnisse, die wiederum durch den Staat selbst geprägt werden. Weiterhin steht der Gesamtstaat im Widerspruch zu vielfältigen Interessen von Individuen, einzelnen Unternehmen und Belegschaften, einzelnen Kommunen und Provinzen;

– sie haben die Interessen von Belegschaften und einzelnen KollegInnen zu vertreten, die aus legitimen Gründen in Widerspruch zu den allgemeinen Interessen der Arbeiterklasse geraten.

1 BDI, GRUNDSATZPAPIER CHINA: Partner und systemischer Wettbewerber – Wie gehen wir mit Chinas staatlich gelenkter Volkswirtschaft um? s. bdi.eu/publikation/news/china-partner-und-systemischer-wettbewerber/

2 Allokation von Ressourcen meint Zuweisung von Mitteln wie Arbeitskräfte, Material, Maschinen, Geld und Kredit ...

3 Eindämmung und Entflechtung

4 Zum Größenwahn und zur Selbstüberschätzung hier noch ein Schmankerl der feinsten Sorte aus dem BDI-Papier, also direkt von der Vertretung der deutschen Monopolwirtschaft, die verantwortlich zeichnet für die schmählichen Projekte von Flughafen Berlin, Stuttgart 21, Kaputtsparen des Eisenbahnverkehrs, der Dauerblamage mit den Energietrassen und Übertragungsnetzen und des Dauernotstands im Gesundheits- und Pflegewesen: „Deutsche Unternehmen haben zum beispiellos schnellen Ausbau einer leistungsfähigen Infrastruktur beigetragen (Schnellzugnetz, Flughäfen, Energieerzeugung und -übertragung, Mobilfunknetz, Gesundheitswirtschaft). Vielfach sind deutsche Unternehmen „Wunschpartner“ für die technologische Aufwertung der chinesischen Industrie. Sie unterstützen China bei der Modernisierung der Industrie in Richtung Digitalisierung/Industrie 4.0.“ Der Kommunistischen Partei Chinas sei Dank, dass diese Großmäuler nicht die Leitung beim Ausbau der chinesischen Infrastruktur in die Hand bekommen haben.

5 Hierzu nur ein grober Ausschnitt

6 KraussMaffei (KM) wurde als Maschinen- und Anlagenbauer 2016 durch das chinesische Staatsunternehmen Chem China übernommen. Frühere Eigentümer u.a. Flick, Mannesmann, Siemens. Nicht zu verwechseln mit Krauss-Maffei Wegmann (KMW), das 1999 aus der Rüstungssparte von Krauss-Maffei (z.B. Panzerbau) und dem Rüstungsunternehmen Wegmann gebildet wurde.

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Merkel mit den BDI-Granden: Kempf, Der Präsident, kommt aus dem Stall eines der weltweit größten Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsunternehmen Ernst & Young. Seit langem ist er Boss der Datev, die der kleinen und mittleren Bourgeoisie in die Bücher schaut. Joachim Lang, der Hauptgeschäftsführer, war zunächst Dezernent im Kriegsministerium, dann u.a. bei der CSU/CDU-Bundestagsfraktion, und vor seiner Tätigkeit beim BDI (ab 2016) als Manager beim Strommonopolisten E.ON beschäftigt.

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Fahrzeugherstellung mit Robotern von Kuka: „Ein Aktienpaket von über 25 Prozent wechselt nach eineinhalb Jahren den Besitzer. Der steckt dadurch über Nacht 1,2 Milliarden Euro ein, 600 Millionen mehr als beim Erwerb Ende 2014. Spekulant? „Heuschrecke“? Es handelt sich um die Voith GmbH. Sie hat im Juni 2016 ihre Anteile am Roboterhersteller KUKA AG dem chinesischen Unternehmen Midea verkauft.“ (aus: Unsere Oligarchen)

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