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Für Dialektik in Organisationsfragen

„Das ist für uns menschlich nicht erträglich

119 ver.di-Vertrauensleute aus allen Niederlassungen der Deutschen Post AG in Bayern wollen die Rechtlosigkeit ihrer Kolleginnen und Kollegen, deren Asylantrag abgelehnt worden ist, nicht mehr hinnehmen. Sie schrieben deshalb folgenden Brief an die Bundestagsabgeordneten der Koalitionsparteien aus CDU, CSU und SPD:

An alle Bundestagsabgeordneten der Koalitionsparteien zum „Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung

Wir sind Vertrauensleute aus Niederlassungen der Deutschen Post AG in Bayern. Ob im Brief- und Paketzentrum oder in der Zustellung: Es gibt wohl kaum eine Nationalität der Erde, die nicht bei uns vertreten ist. Täglich werden es mehr Kollegen aus anderen Ländern und das gute Zusammenleben und Arbeiten ist uns äußerst wichtig.

Leider mussten auch wir schon miterleben, mit welchen Schwierigkeiten gerade diejenigen kämpfen müssen, deren Asylantrag abgelehnt wurde. Umso befremdender ist es für uns, dass aus dem versprochenen „Spurwechsel“ für unsere Kolleginnen und Kollegen nichts geworden ist, im Gegenteil.

– Es reicht nach diesem Gesetz nicht, dass der betroffene Kollege seinen Lebensunterhalt mit einer sozialversicherten Arbeit bestreiten kann, er muss eine Wochenarbeitszeit von mindestens 35 Stunden vorweisen (die wir bei der Post in den Brief- und Paketzentren kaum haben)

– Der betroffene Kollege muss diesen Job 18 Monate lang haben mit dem ständigen Damoklesschwert der Abschiebung – denn, so wörtlich in der Gesetzesbegründung: „Der Zeitraum gibt den Ausländerbehörden die Möglichkeit, aufenthaltsbeendende Maßnahmen durchzuführen.“

– Mehr noch: Bei Verheirateten/Lebenspartnerschaften müssen tatsächlich BEIDE die Voraussetzungen erfüllen, BEIDE also ein Arbeitsverhältnis mit mindestens 35 Wochenstunden und dieses 18 Monate lang vorweisen können. In der Begründung wird noch einmal ausdrücklich betont: Erfüllt eine der beiden Personen (Ehegatte/ Lebenspartner) eine der Voraussetzungen nicht, ist keinem die Duldung zu gewähren.

Zusammenfassend heißt das: Die Betroffenen haben eine familiäre Arbeitspflicht von 70 Stunden in der Woche, 18 Monate lang sind sie weiterhin ausreisepflichtig, um eine auf 30 Monate beschränkte Duldung zu erhalten, die, sobald nur eine der Voraussetzungen nicht mehr gegeben ist, wieder aufgehoben werden kann.

Das ist für uns menschlich nicht erträglich und auch gewerkschaftlich nicht hinnehmbar. Abgesehen von dem massiven Abbau von Vollzeitstellen: Existenzielle Rechte von der Erfüllung einer „Mindestwochenarbeitszeit“ abhängig zu machen, greift massiv in die Vertragsfreiheit des Arbeitnehmers ein, die immer noch Grundlage unseres Arbeitsrechts ist.

Wir wenden uns deswegen an Sie:

Verweigern Sie diesem Gesetzentwurf die Zustimmung – sorgen Sie für einen wirklichen Spurwechsel!

Unterzeichnet von 119 ver.di-Vertrauensleuten aus allen Niederlassungen der DP AG in Bayern, auf der Vertrauensleutekonferenz am 28.1.2019 in Nürnberg

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