Für Dialektik in Organisationsfragen
„süß und ehrenvoll ist es, fürs Vaterland zu sterben“, sagte einst der römische Dichter Horaz. Wenn es nach dem Wirtschaftsminister Peter Altmaier geht, ist vor das Sterben allerdings noch das Einkaufen gesetzt; ob anschließend Ersteres auf Letzteres folgt, ist dann wohl Glückssache. Eine „patriotische Aufgabe“ war es für ihn laut BILD-Interview auf jeden Fall, und dazu zählt selbstverständlich nicht das volksverräterische Shoppen per Klick beim Am(i)azon, sondern der höchstpersönliche Fußweg in die notleidenden Innenstädte.
Nun kommt es aber oft anders, als man denkt, und da das Virus offenbar keine vaterländischen Gefühle hegt, scherte es sich nicht drum und ließ die Infektionszahlen so hoch steigen, dass nun wieder alles dicht macht. Also, fast alles, bis auf eine ellenlange Liste von Ausnahmen, auf der die Produktionsbetriebe erst gar nicht auftauchen, denn dass Malochen die allererste der patriotischen Pflichten ist, ist ja wohl eh klar, wie auch, dass sich z.B. ein Schwein kaum im Homeoffice zerteilen lässt.
So dürfen sich also jene, die nicht mit der Möglichkeit des Zuhausebleibens und eventuell sogar -arbeitens bei vollem Lohnbezug gesegnet sind, weiterhin in volle Züge und Bahnen quetschen und in ihren Knochenjobs von 2 Meter Abstand und FFP2-Masken höchstens träumen. Und wenn auch noch Kurzarbeit oder gar Arbeitslosigkeit hinzukommt, ist es mit dem Einkaufen sowieso schneller vorbei, als man „patriotische Aufgabe“ buchstabieren kann.
Doch siehe da, kurz vor Weihnachten begab es sich, dass ihn sein Geschwätz von gestern nicht mehr interessierte:
„Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) rief die Bürger dazu auf, am Montag und Dienstag wegen der Infektionsrisiken komplett auf den Einkauf von Weihnachtsgeschenken zu verzichten. ,Ich wünsche mir und ich hoffe, dass die Menschen nur das Allernötigste besorgen, was sie wirklich brauchen an Lebensmitteln’, sagte er am Sonntagabend im „Bild“-Politik-Talk. Es gehe um die Gesundheit vieler Menschen. ‚Je schneller wir diese Infektionen unter Kontrolle bekommen, desto besser ist es für alle.’“[1]
Es bleibt dabei: Der Kapitalismus ist Anarchie und Chaos. Corona spült das stärker an die Oberfläche und zeigt, wie kopflos und ohne erkennbare Strategie das in unserem Land vor sich geht!
Meggie
1 FAZ vom 14.12.20
Patrioten unter sich: Altmaier in der Bildzeitung vom 25.11.2020