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KAZ-Fraktion: „Ausrichtung Kommunismus”

Kampf um ein würdiges Gedenken!

Denkmal für Dr. Rudolf Benario und Ernst Goldmann am 20. September 2020 in Fürth feierlich eröffnet!

Es hat lange gedauert, aber am 20. September 2020 war es soweit.

Ein Denkmal zu Ehren der beiden Fürther Kommunisten Rudolf Benario und Ernst Goldmann, die am 12. April 1933 feige von den Nazis im KZ Dachau ermordet wurden, wurde am 20. September 2020 an der Uferpromenade in Fürth feierlich der Öffentlichkeit übergeben. Dieses Denkmal ehrt nicht nur Rudolf Benario und Ernst Goldmann, sondern alle Fürther Kämpfer*innen, die gegen die faschistische Barbarei eingetreten sind.

(Über das Leben von Rudolf Benario und Ernst Goldmann siehe die beiden Kästen)

Es war ein langes und zähes Ringen, bis es endlich geschafft wurde, dass nunmehr in Fürth ein würdiges Denkmal an die Kämpferinnen und Kämpfer gegen den Faschismus erinnert. Es ist dies vor allem dem Eintreten des Fürther Bündnisses gegen Rechtsextremismus und Rassismus zu verdanken, dass dieses Mahnmal realisiert werden konnte.

Der 20. September war bewusst gewählt. Es war der 112. Geburtstag von Rudolf Benario. Ursprünglich sollte das Denkmal am 8.Mai, dem Jahrestag der Befreiung von Faschismus und Krieg eröffnet werden, aber wegen der Covid19 Pandemie war das nicht möglich.

CSU Fürth 1983: Fürther Straßen dürfen nicht nach Verbrechern benannt werden!

Lange Zeit stießen die zahlreichen Initiativen und Bemühungen von Freunden Rudolf Benarios und Ernst Goldmanns und ehemaliger Widerstandskämpfer um eine würdige Erinnerung bei den Offiziellen der Stadt Fürth auf taube Ohren oder wurden brüsk zurückgewiesen.

Obwohl zahlreiche Quellen, Dokumente und Publikationen die Morde an Benario und Goldmann längst belegten, gab es vom Fürther Stadtarchiv noch 1983 auf Nachfragen nach dem Schicksal der beiden Antifaschisten folgende bezeichnende Auskunft:

„... es ist praktisch aussichtslos aufgrund unseres Materials Näheres über Dr. Rudolf Benario und Ernst Goldmann, die 1933 in KZ Dachau ‚auf der Flucht erschossen wurden’ herauszufinden.“[1]

Verschweigen, vertuschen, vergessen.

Das war die bundesrepublikanische Art mit Kommunisten umzugehen, die gegen den Faschismus gekämpft haben. Nicht anders war es in Fürth. Getoppt wurde all das von der Fürther CSU und vom Leiter des Fürther Stadtarchivs Dr. Richter, der eine Anfrage der Verwandten von Ernst Goldmann 1993 wie folgt beantwortete:

„... Heute können wir Ihnen mitteilen, dass Ernst Jakob Goldmann am 20.12.1908 in Fürth geboren wurde und am 23.06.1927 in Bad Kissingen verstorben ist ...“[2]

Ebenfalls im Jahre 1983 erklärte der CSU- Fraktionsvorsitzende Metz im Fürther Stadtrat auf den Antrag des DKP Stadtrates Werner Riedel, endlich eine Straße nach Benario und Goldmann den ersten Opfern des KZ Dachau zu benennen, dass es nicht soweit kommen dürfe, dass in Fürth Straßen nach Verbrechern benannt werden.

Erst das gesteigerte öffentliche Interesse und die verschiedenen Initiativen einzelner und antifaschistischer Gruppen, wie dem Fürther Bündnis gegen Rechts, führte dazu, dass am 5. Oktober 2007 eine Gedenktafel an der Uferpromenade seitens der Stadt Fürth angebracht wurde. Und schließlich benannte der Fürther Stadtrat im Jahr 2013, zwei Straßen nach den ersten Opfern der Nazis in einem Konzentrationslager, zwar am Stadtrand, aber immerhin.

Es gab aber auch Versuche, die Opfer – wenn sie schon nicht mehr zu verschweigen sind – zu vereinnahmen: Auf einer Gedenkstele der Nürnberger SPD vor dem Karl Bröger Haus werden Rudolf Benario seit 2011 wie auch der Nürnberger Kommunist Erich Ganss, zu Sozialdemokraten umgedeutet:

„‚Es sind Menschen wie Dr. Rudolf Benario, der als jüdisches SPD-Mitglied schon im März in Dachau erschlagen wurde ...’ schreibt der SPD Historiker Bruno Heinlein ungeniert und in völliger Unkenntnis der eigenen Parteigeschichte. Nach jahrzehntelanger Verleugnung der kommunistischen Widerstandskämpfer, ein infamer Versuch, sie für die „Ergänzung“ der SPD-Widerstandsgeschichte zu instrumentalisieren“.[3]

Die Misshandlungen und die Morde von Benario und Goldmann in Dachau

Historischer Hintergrund

Am 12. April 1933 wurden die Fürther Rudolf Benario und Ernst Goldmann nach bestialischen Misshandlungen von den Nazis ermordet. Mit ihnen starben Arthur Kahn aus Würzburg und Erwin Kahn aus München. Sie waren die Ersten von 41.500 im KZ Dachau ermordeten Häftlingen.

Es gibt eine Reihe von Zeugenaussagen, die die Misshandlungen und Morde sehr genau belegen.

Sofort nachdem Benario und Goldmann sowie andere Häftlinge im KZ Dachau verschleppt wurden, begann die SS, die am gleichen Tag das Kommando über das Lager von der Landespolizei übernommen hatte, die Häftlinge schwer zu misshandeln.

Der SS-Mann Hans Steinbrenner sagte dazu 1948 aus, dass schon bei der Ankunft im Lager die Häftlinge 25 Schläge mit dem Ochsenziemer bekamen. In der darauffolgenden Nacht stürmten vier betrunkene SS-Männer unter der Führung Steinbrenners gegen 3 Uhr in die Unterkunft. Sie schossen wahllos in die Stube und ließen die Gefangenen unter wüsten Beschimpfungen zum Zählappell antreten. Am Morgen des 12. April 1933 wurden die Häftlinge Rudolf Benario und Ernst Goldmann aus Fürth, Arthur Kahn und der KPD-Funktionär Willi Gesell aus Nürnberg von Steinbrenner unter ständigen Prügeln zusammen mit 30 anderen Häftlingen zu körperlich schwerer Arbeit gezwungen. Am Nachmittag kam noch Erwin Kahn aus München dazu.

Über die Misshandlungen gab Ludwig Scharnagel aus Nürnberg zu Protokoll: „Am Tag meiner Einweisung wurden aus dem Block II/1, dem ich zugeteilt war, die Juden Benario, Kahn I, Kahn II und Goldmann durch den SS-Mann Steinbrenner, der gleichzeitig unser Blockführer war, herausgeholt. Die vier vorgenannten Personen mussten den vor dem Block befindlichen Müllkasten leeren. Dabei wurden sie von Steinbrenner, der die Aufsicht über die Arbeit führte, fürchterlich mit dem Ochsenziemer geschlagen. Steinbrenner schlug hierbei wahllos auf die Juden ein ... Ich arbeitete dann mit den vier vorgenannten Personen zusammen und erhielt auch mit ihnen Schläge durch Steinbrenner und andere SS-Leute. Während dieser Zeit habe ich dann beobachtet, wie Steinbrenner die Juden solange schlug, bis sie zusammenbrachen. Die Juden bluteten aus Mund, Nase und anderen Körperteilen ...[4]

Ludwig Schmidt aus Nürnberg berichtete über die Morde:

„Am 12.4.1933 kam abends nach dem Appell Steinbrenner in die Baracke 2, Stube 1 und holte die Häftlinge Benario, Kahn I und II und Goldmann ab. Sie mussten Spaten mitnehmen und ich sah, wie Steinbrenner mit den Häftlingen abmarschierte. Die Gruppe marschierte in Richtung Ausgang auf das Jourhaus zu. Nach kurzer Zeit hörte ich mehrere Schüsse aus der Richtung, wo kurz vorher Steinbrenner mit den vorgenannten Häftlingen hingegangen war. Ich vermutete sofort, dass bei diesen Schüssen die vorgenannten Häftlinge das Leben lassen mussten ... Die genannten Personen kehrten von diesem Augenblick nicht mehr in ihre Baracke zurück.“[5]

Die SS-Männer Hans Brunner, Max Schmidt und der SS-Sturmführer Robert Erspenmüller führten die vier Häftlinge tiefer in den Wald und eröffneten aus ihren Pistolen das Feuer. Rudolf Benario, Ernst Goldmann und Arthur Kahn starben an Ort und Stelle. Erwin Kahn überlebte den Anschlag mit lebensgefährlichen Verletzungen. Er starb er vier Tage später unter nie ganz geklärten Umständen in einem Münchner Krankenhaus.

In allen bayerischen Zeitungen wurden die Morde als Fluchtversuch verfälscht: „3 Kommunisten bei einem Fluchtversuch aus dem Dachauer Konzentrationslager erschossen“.

Die Ermittlungen der Münchner Staatsanwaltschaft verlaufen im Sande!

In der ersten Phase nach der Gleichschaltung Bayerns am 9. März 1933 durch die Hitlerfaschisten war die bayerische Justiz noch nicht durch normative Vorschriften eingeschränkt. Am 13. April 1933 nahmen die Staatsanwälte Carl Wintersberger und Josef Michael Hartinger beim Münchner Landgericht II die Ermittlungen auf und entsandten eine Untersuchungskommission in das KZ Dachau. Der Gerichtsmediziner der Kommission stellte fest, dass der Zustand der Leichen mit den Angaben der Wachposten über den Hergang der Tat übereinstimmen könnte. Angeblich konnte die Tötungsabsicht nicht nachgewiesen werden und die Ermittlungen wurden eingestellt. Später verschwanden diese, wie auch die Ermittlungsakten weiterer Morde in Dachau, auf Weisung Heinrich Himmlers.

Am 6. Dezember 1933 gab Hans Frank, bayerischer Justizminister und später berüchtigter Gauleiter in Polen, die neue Linie für Justiz und Polizei vor: „Das Lager Dachau ist ein Lager für Schutzhaftgefangene, die aus politischen Gründen festgenommen wurden. Die infrage stehenden Vorgänge sind politischer Natur und müssen unter allen Umständen zunächst von den politischen Stellen entschieden werden. Sie scheinen mir für eine Behandlung durch die Justizbehörden vorerst nicht geeignet. Das ist meine Ansicht als Stabschef und als Reichsminister, der ein Interesse daran hat, dass das Reich nicht politisch durch die infrage stehenden Verfahren geschädigt wird. Ich werde durch den Reichsführer SS anordnen lassen, dass zunächst irgendwelche Untersuchungsbehörden das Lager nicht betreten dürfen und auch Angehörige des Lagers zunächst nicht einvernommen werden dürfen.“[6]

Zur Geschichte des Gedenk­ortes in Fürth

Rudolf Benario und Ernst Goldmann waren Mitglieder des Fürther Kanuclubs, der 1927 von Kommunisten als Gegenbewegung zur national-sozialistischen Deutschen Turnerschaft gegründet wurde, da diese schon vor 1933 keine Arbeiter und Juden in ihren Reihen duldete.

Der Fürther Kanuclub war am Ufer des Flusses Rednitz angesiedelt. Ebenfalls an dieser Stelle standen drei Birken, die Benario und Goldmann 1930 dort anpflanzten und die über die Jahre zu drei stattlichen Bäumen heranwuchsen. In Erinnerung an die zwei von den Nazis ermordeten Kommunisten, führt das Fürther Bündnis gegen Rechtsextremismus und Rassismus zusammen mit der Stadt Fürth jährlich eine Gedenkveranstaltung am 12. April durch, denn am 12.April 1933 wurden diese jungen Fürther Antifaschisten hinterrücks von den Nazis ermordet. Nach langem Kampf mit den Stadtverantwortlichen in Fürth war 2007 (62 Jahre waren seitdem vergangen) endlich an dieser Stelle auch eine Gedenktafel aufgestellt worden, die an dieses Verbrechen erinnert.

Der Gedenkort gerät ins Visier der Nazis

Und seitdem war dieser Gedenkort den Nazis ein Dorn im Auge. Die Neonazis hatten in den letzten Jahren den Gedenkort an der Rednitz immer wieder geschändet. Die Tafel wurde mehrere Male entwendet und mit Parolen beschmiert. 2017 legten die Nazis Hand an die Birken an. Mit Äxten und Sägen wurden die Bäume so schwer beschädigt, dass diese 2019 gefällt werden mussten. Allerdings haben die Nazis ihr Ziel nicht erreicht!

Denn die Fürther Antifaschist*innen forderten nach diesen feigen Anschlägen von der Stadt ein Denkmal zu errichten, welches die Erinnerung wachhält und weiteren Nazianschlägen „gewachsen“ ist. Die Stadt Fürth zeigte sich diesen Forderungen endlich aufgeschlossen. Um das Vorhaben voranzutreiben, ergriff das Fürther Bündnis gegen Rechts erneut die Initiative. Es wurden klare Forderungen für das Denkmal formuliert und vorgeschlagen, einen Kunstwettbewerb aufzurufen. Drei örtliche, antifaschistische Künstler beteiligten sich an der Ausschreibung und legten Modelle vor. Eine Jury, unterstützt durch das Votum vieler interessierter Antifaschist*innen kam im Januar 2020 einhellig zu einem Urteil.

Beschreibung des neuen Denkmals

Die beiden Künstler/Gestalter des Denkmals verbauten insgesamt sieben Tonnen Stahl und eine halbe Tonne Aluminium für das Denkmal. Drei Metallstelen erinnern an die Birken, die von den Neonazis zerstört worden sind.

Die beiden Metallplatten an der Seite stehen für das ehemaligen Boots- und Vereinsheim des Kanuvereins, in denen Goldmann und Benario in den 1930er Jahren als aktive Mitglieder tätig waren.

Auf der vorderen Metallplatte (die Buchstaben sind einzeln mit bis zu 100 Tonnen Gewicht in die Stahlplatte kalt gepresst) steht:

„In Erinnerung an Dr. Rudolf Benario und Ernst Goldmann, junge Fürther Kommunisten aus jüdischen Familien, die am 12. April 1933 als erste Opfer im KZ Dachau von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Und zum Gedenken an alle mutigen Frauen und Männer, die wegen ihres Widerstandes gegen die faschistische Barbarei verfolgt und umgebracht wurden“.

Auf der hinteren Metallplatte befindet sich ein Auszug aus dem „Schwur von Buchenwald“, vom 19.April 1945:

„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel“.

Würdige Feier am 20.September 2020

Nachdem es am 8. Mai, dem Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg, wie bereits gesagt, wegen der Pandemie nicht möglich war, die Veranstaltung durchzuführen, war es am 20. September 2020 dann endlich soweit. 160 Menschen – mehr wurden wegen der Pandemie nicht genehmigt – waren gekommen, um der Feier beizuwohnen.

Vorbereitet und durchgeführt wurde die Veranstaltung durch das Fürther Bündnis gegen Rechts.

Mit eingebunden war das Ensemble des Stadttheaters Fürth, welches zu Beginn in einem beeindruckenden Beitrag die Geschichte des Platzes und das Schicksal der jungen Fürther Kommunisten bei den Zuhörern in Erinnerung rief.

Der SPD-Oberbürgermeister Dr. Jung (ausnahmsweise mit einem vorbereiteten Redebeitrag), bedankte sich bei allen für das Engagement und für die Errichtung des Denkmals.

Hans Brenner vom Fürther Bündnis gegen Rechts brachte in seiner Rede die Notwendigkeit zum Ausdruck, dass es nicht nur gilt sich zu erinnern, sondern das Denkmal vor allem Auftrag ist, heute gegen Rassismus und Krieg einzutreten. (s. Rede, Kasten)

Mit der Verlesung eines bewegenden Briefes der Nachfahren von Ernst Goldmann endete der Vormittag und diese würdige Gedenkfeier.

Großartiges Konzert mit Esther Bejarano und Microphone Mafia

Aber der Tag brachte noch einen weiteren Höhepunkt.

Auf Einladung des Fürther Bündnisses gegen Rechtsextremismus und Rassismus fand um 13 Uhr im Kulturforum Fürth eine Lesung mit Esther Bejarano und ein Konzert mit Microphone Mafia, statt.

Frau Bejarano ließ es sich nicht nehmen, mit 95 Jahren nach Fürth zu kommen, um aus ihrem Buch „Erinnerungen“ zu lesen. Esther schilderte ihre furchtbaren Erlebnisse in der Hölle von Auschwitz aber auch die Befreiung, die sie wie ihre zweite Geburt empfand. Am Nachmittag besuchte sie auch das neue Denkmal am Rednitz Ufer, was sie als sehr gelungen bezeichnete.

Trotz der Einschränkungen im Zusammenhang mit der Covid19 Pandemie, war der 20.September ein großartiger Tag für den Antifaschismus!

Mit dem antifaschistischen Denkmal gibt es nunmehr in Fürth endlich eine dauerhafte Erinnerung an das Unrecht und die Verbrechen der Nazizeit.

bh

Ernst Goldmann

Ernst Goldmann wurde am 20. Dezember 1908 in Fürth geboren. Seine Eltern Siegfried und Meta Goldmann geb. Seliger besaßen ein Schuhgeschäft.

Laut Jahresbericht der Israelitischen Realschule Fürth für das Schuljahr 1916/17 war Ernst Goldmann Schüler der 2. Klasse der Vorschule. Anschließend besuchte er zwei Jahre lang das humanistische Gymnasium (heute Heinrich Schliemann Gymnasium). Er wurde Kaufmann.

Auch er war seit 1927 im Fürther Kanuklub aktiv.

Am 19. Oktober 1931 verhaftete die Polizei Ernst Goldmann bei einer Versammlung der KPD gegen den § 218 in der Wirtschaft Goldenes Lamm mit dem Vorwurf der Teilnahme an einer verbotenen politischen Versammlung. Er und 29 weitere Teilnehmer wurden beschuldigt, gegen die Verordnung des Reichspräsidenten zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen verstoßen zu haben. Im Vernehmungsprotokoll notierte die Polizei zur Person: „ledig, bayerischer Staatsbürger, israelitisch, vermögens- und erwerbslos, kein Einkommen“. Ernst Goldmann: „Ich habe durch kommunistische Genossen erfahren, dass die fragliche Versammlung stattfindet. Nachdem ich Mitglied der KPD bin und mich für den § 218 interessiere, habe ich an der Versammlung teilgenommen, umso mehr dies den kommunistischen Ideen entspricht.“. Im Prozess am 23. Mai 1932 vor dem Amtsgericht Fürth versuchte er, die in einem anderen Verfahren zu 3 Monaten Gefängnis verurteilte Hedwig Laufer zu entlasten und beschuldigte die Polizei der Beweismittelmanipulation. Am 28. Mai 1932 wurden alle Angeklagten mangels Beweises freigesprochen. Allerdings waren sie jetzt in den Dossiers der Polizei als politische Unruhestifter und kommunistische Aufwiegler erfasst.

Ernst Goldmann publizierte regelmäßig Artikel in der kommunistischen Stadtzeitung Rotes Signal. Unter der Überschrift „Faschistische Erziehungsmethoden“ deckte er 1932 die Prügel-Exzesse von vier Fürther Hauptschullehrern auf, die der Nazi-Partei angehörten. Der Fürther Amtsrichter Bub sah darin: „... Die vergiftende Hetze gegen die Jugendbildner und der staatsfeindliche Versuch, die Autorität der Schule, der Pflanzstätte eines echten Deutschtums, zu untergraben ...“

In den wenige Monate später folgenden Verhaftungswellen konnten SA und Polizei die vom demokratischen Staat angelegten Akten über politisch unzuverlässige Personen nutzen. Rudolf Benario und Ernst Goldmann wurden am 10. März 1933 verhaftet und am 11. April aus dem Fürther Notgefängnis in der Turnstraße nach Dachau gebracht.

Nach Siegfried Imholz, „Gebt ihnen einen Namen“, Fürth 2017

Buchhinweis:

Ausgezeichnet recherchierte und dokumentierte Regionalgeschichte über den Widerstand und die politische Verfolgung in Fürth, mit Biographien und Dokumenten.

Sehr zu empfehlen!

Zu bestellen über:

Siegfried Imholz, „Gebt ihnen einen Namen, Widerstand und politische Verfolgung in Fürth 1933-1945“, 192 Seiten, Städtebilder Fotoverlag gbr, Schwabacherstr. 17, 90762 Fürth

Rudolf Benario

Am 20. September 1908 kam Rudolf Benario in Frankfurt/Main zur Welt. Seine Eltern, gehörten zum gehobenen in die Gesellschaft integrierten jüdischen Bürgertum. Im Dezember 1930 zog die Familie nach Fürth. Nach dem Abitur 1927 studierte Rudolf Sozialwissenschaften und Jura an den Universitäten Würzburg, Berlin und Erlangen. Im Wintersemester 1929/30 legte er in Erlangen sein Examen zum Diplom-Volkswirt ab. Er promovierte in Erlangen über „Wirtschaftsräte in der deutschen Literatur und Gesetzgebung der Jahre 1840 bis 1849“. Zwei Tage vor der Machtübergabe Hindenburgs an die Nazis, am 28. Januar 1933, wurde ihm der Doktortitel für Staatswissenschaften mit der Note ‚sehr gut’ verliehen. An der Universität Erlangen arbeitete er ab 1927 in der Arbeitsgemeinschaft Republikanischer Studenten als Schriftführer mit. Am 15. Januar 1930 kam es in einer Sitzung des Allgemeinen Studenten Ausschusses (ASTA) zu einem Eklat. Die Vertreter der NS-Studenten verließen die Sitzung, weil Rudolf Benario „... ein schädigendes Verhalten an den Tag legt ...“. Bereits vorher waren Aushänge der Republikanischen Studenten mit dem Schimpfwort „Judenknechte“ beschmiert worden. Das Verhalten der Nationalsozialisten wurde von den Vertretern aller anderen Studentengruppen „... vollkommen gebilligt“.

Bei der Reichstagswahl 1930 gewann die NSDAP 95, die SPD verlor 10 und die KPD gewann 23 Mandate. Der SPD-Parteivorstand sah in den Jungsozialisten, die den Panzerkreuzerbau und den Schmusekurs mit der Brüningregierung scharf verurteilt hatten, die Schuldigen am Wahldebakel. Deshalb löste er im Juni 1931 die Organisation der Jusos auf.

Im gleichen Monat, während einer Veranstaltung der Fürther KPD gab Rudolf Benario öffentlich seinen Übertritt von den Jungsozialisten zur KPD bekannt. Als Vorsitzender der Fürther Jusos hatte er zu den Gruppenabenden Kommunisten eingeladen, um gegen den Opportunismus der SPD gemeinsam vorzugehen. Die Fürther SPD-Spitze reagierte äußerst gereizt und drohte mit dem Parteiausschluss. Dem kam Rudolf Benario zuvor. Er wurde zusammen mit drei anderen Jungsozialisten Mitglied der KPD. In einem Artikel ihres Hausblattes, der Fränkischen Tagespost, beschimpfte die SPD-Spitze Benario auf äußerst rüde Art, die sich nur wenig von den späteren Hasstiraden der Nazis unterschied. Der Grund: So viele Jungsozialisten waren zur KPD übergetreten, dass das sogar die politische Polizei registrierte. Unter ihnen war auch der Journalist des SPD-Blattes Heinrich Heilbrunn, ein Sohn des Fürther Arztes, Bertold Heilbrunn.

Der Rektor der Erlanger Universität denunzierte Rudolf Benario am 12. Dezember 1932 beim Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus als kommunistischen Agitator: „... von einzelnen Studierenden ist ein früherer stud. rer. pol. Benario zu erwähnen, der nach einer kürzlich mir zur vertraulichen Kenntnisnahme zugegangenen Feststellung der politischen Polizei zeitweilig mit kommunistischer Agitation sich befasst hat ...“. Die ‚vertraulichen Informationen’ des Rektors stammten nicht nur von der Fürther Polizei. Schon im Oktober 1931 war Rudolf Benario vom Fürther Amtsgericht wegen Verstoßes gegen den §3 der Verordnung zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen zu einer Geldstrafe von 80 RM verurteilt worden, weil er am 17. Juli 1931 an einer Erwerbslosendemonstration der KPD teilgenommen hatte. Ihm wurde vorgeworfen, die Demonstration geleitet und Sprechchöre organisiert zu haben. Als erschwerend sah das Gericht, dass sich der Student zur kommunistischen Partei bekannte.

Aktives Mitglied war Rudolf Benario auch im 1927 von Kommunisten gegründeten Fürther Kanuklub. Der Klub, Mitglied im Arbeiter Turn- und Sportbund (ATB), verstand sich als Gegenbewegung zur nationalistischen Deutschen Turnerschaft, die lange vor dem 30. Januar 1933 keine Arbeiter und Juden in ihren Reihen mehr duldete.

Nach Siegfried Imholz, „Gebt ihnen einen Namen“, Fürth 2017

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Antifaschist*innen!

Nachdem es am 8. Mai, dem Tag der Befreiung von Faschismus und Krieg, wegen der Pandemie nicht möglich war, das Denkmal der Öffentlichkeit zu übergeben, haben wir uns für heute entschieden, den Geburtstag von Rudolf Benario, der am 20. September 1908 geboren wurde, zu feiern.

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Antifaschist*innen!

Das lange Bemühen um ein würdiges Denkmal hat sich gelohnt.

Im Namen des Fürther Bündnis gegen Rechtsextremismus und Rassismus möchte ich mich bei allen bedanken, die sich seit Jahren, ja Jahrzenten eingesetzt haben, um hier an dieser Stelle das Gedenken an Rudolf Benario und Ernst Goldmann durchzuführen.

Ganz besonders möchte ich erinnern an Seppl Schneider, der die von den Neonazis zerstörten Birken 1930 mitgepflanzt hat und sich persönlich alljährlich um das Gedenken an diesem Platze kümmerte. Erinnert sei auch an das Engagement von Herrn Lehner und seiner Schüler*innen, die durch ihre Geschichtsarbeit den feigen Mord an Dr. Rudolf Benario und Ernst Goldmann der Öffentlichkeit ins Bewusstsein gerufen haben. Und schließlich gibt es seit Jahren den Infoladen Benario, einen Treffpunkt für die jungen Antifaschist*innen, die sich hier in Fürth mit an vorderster Front gegen die Neonazis eingesetzt und dazu beigetragen haben, dass sich die Nazis in Fürth nicht so ausbreiten konnten, wie die es gerne gewollt hätten.

Deren ganzer Hass und deren tiefe Menschenverachtung hat dann u.a. seit Jahren den drei wehrlosen Birken und der Gedenkstätte gegolten, die sie durch feige Anschläge versucht haben zu eliminieren. Aber wir haben immer gesagt: Es wird ihnen nicht gelingen! Wir werden diesen Ort des Antifaschismus verteidigen. Wir glauben, dass uns allen dies mit diesem Denkmal gelungen ist!

Ich möchte mich deshalb ausdrücklich bedanken, bei allen, die sich seit zwei Jahren sehr engagiert um die Errichtung eines Denkmals gekümmert haben. Bei den beteiligten Stadträt*innen, bei den beteiligten Künstlern bzw. Handwerkern. Beim Grünflächenamt und dem Bauamt. Es war eine gute Zusammenarbeit und das Ergebnis ist ein Gewinn für die Stadt Fürth!

Dass dieses Denkmal im Jahre 2020 – 75 Jahre nach der Befreiung von der faschistischen Barbarei – realisiert werden konnte ist etwas ganz Besonderes. Mit diesem Denkmal soll nicht nur erinnert werden an Dr. Rudolf Benario und Ernst Goldmann, die von den Faschisten im KZ Dachau zusammen mit Arthur Kahn aus Würzburg als erste überhaupt ermordet wurden. Warum? Weil sie Kommunisten waren, aus einem jüdischen Elternhaus stammten und weil sie schon vor 1933 sagten: „Wer Hitler wählt, wählt Krieg!“ Und weil sie kundtaten, dass sie nicht bereit sind für die Interessen des deutschen Kapitals zu krepieren. Ja – wie recht sie doch hatten!

Das Denkmal ehrt nicht nur Rudolf Benario und Ernst Goldmann, sondern alle Fürther Kämpfer*innen, die gegen die faschistische Barbarei eingetreten sind. Wie wir aus den Recherchen von Sigfried Imholz wissen, waren es 205 Fürther Frauen und Männer, die aus politischen Gründen von den Nazis verhaftet wurden, darunter 129 Kommunisten und 45 Sozialdemokraten. Zehn Kommunisten, zwei Sozialdemokraten, vier Zeugen Jehovas und ein Anarchist wurden umgebracht oder starben während der Haft. Es ist höchste Zeit sich dieser Menschen in Fürth würdig zu erinnern!

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Antifaschist*innen!

Niemals dürfen wir vergessen, warum wir hier und heute zusammenstehen.

Vergessen wir nicht die elf Millionen Menschen, die in den Konzentrationslagern, in den Zuchthäusern und den faschistischen Folterkellern umgebracht wurden.

Vergessen wir nicht die sechs Millionen Juden und die sechshunderttausend Sinti und Roma, die dem faschistischen Rassenwahn zum Opfer gefallen sind!

Vergessen wir nicht die Partisanen, die Wehrmachtsdeserteure, die Soldaten im Nationalkomitee Freies Deutschland und all die anderen Menschen, die im Widerstand gegen den Faschismus ihr Leben gelassen haben.

Wir danken und verneigen uns deshalb bei allen Menschen, die gegen den Faschismus gekämpft haben. Wir danken den alliierten Streitkräften. Wir danken insbesondere den Soldaten der Roten Armee, die zweifellos die Hauptlast dieses Krieges getragen haben. 27 Millionen Opfer kostete der 2. Weltkrieg allein den Völkern der Sowjetunion, die von den Faschisten als zu versklavende und zu vernichtende „Menschentiere“ angesehen wurden.

Liebe Antifaschisten*innen!

Aber es reicht eben nicht, sich bloß zu erinnern!

Denn was hier im Lande abgeht, ist eine Schande!

Seit längerem und lange vor „Corana“ wütet eine andere Seuche in Deutschland. Eine braune Welle der ideologischen Verseuchung, mit ebenfalls verheerenden Folgen für das Zusammenleben.

Nachdem die AfD nunmehr in fast allen parlamentarischen Gremien vertreten ist – jetzt ja leider auch in Fürth – versuchen deren Vertreter gegen alles zu hetzen, was nicht in ihr krudes Weltbild passt. Sie hetzen gegen Migrant*innen, gegen Andersdenkende und Anders-fühlende. Antisemitische Verschwörungstheorien sind an der Tagesordnung.

Leider blasen viel zu viele mit diesen Rassisten und offenen Faschisten ins gleiche Horn, so dass es kein Wunder ist, wenn sich einzelne oder ganze Gruppen ermuntert fühlen, ihrem Hass freien Lauf zu lassen.

Rechte und faschistische Kräfte fühlen sich auch längst stark genug, um massiv in denunziatorischer, geschichtsrevisionistischer Art und Weise gegen den Antifaschismus vorzugehen.

Im Zentrum ihrer Angriffe steht dabei auch die „Antifa“, was immer darunter zu verstehen ist. Vor diesem Hintergrund ist es kein Zufall, das z.B. von Berlin aus das dortige Finanzamt versucht, der VVN BdA (der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes, Bund der Antifaschisten), der seit 1947 bestehenden, ältesten und größten antifaschistischen Organisation die Gemeinnützigkeit zu entziehen und sie somit zu ruinieren. Ein Schlag ins Gesicht, nicht nur für die wenigen noch lebenden Widerstandskämpfer*innen, w.z.B. Esther Bejarano, die wir dann im Kulturforum erleben dürfen.

Besorgt zu sein, reicht längst nicht mehr: Denn Nazis sitzen nicht nur in den Parlamenten. Nazis knüpfen inzwischen ihre Netzwerke bei der Bundeswehr und bei der Polizei, wie uns einmal mehr diese Woche vor Augen geführt wurde. Und Nazis ziehen eine Spur des Terrors durch die Republik.

Sehr geehrte Damen und Herren,

liebe Antifaschist*innen!

Und noch eines muss gesagt werden: Es ist eine Schande für Deutschland und Europa, wie nicht nur aktuell mit den Geflüchteten an den Grenzen umgegangen wird. Auf der Flucht vor Krieg und Ausbeutung, der eigenen Lebensgrundlagen durch die imperialen Interessen beraubt, lässt man diese Menschen ertrinken, verdursten und verhungern. Das ist blanker Rassismus der den Nazis in die Hände spielt, dem wir uns mit ganzer Kraft entgegensetzen müssen! Die aktuellen Geschehnisse nicht nur in Moria schreien danach.

Während für die Industrie, für die großen Unternehmen in den letzten Monaten innerhalb von Stunden unglaubliche Milliardeneuropakete geschnürt und lockergemacht wurden, entbrennt über die 12.000 in Moria dahinvegetierenden Menschen ein erbitternder Streit, wieviel Elend den geschundenen Menschen dort weiter zugemutet werden kann und wieviel davon für Deutschland „verkraftbar“ seien. Soviel zu den viel beschworenen Wertekanon in Europa und Deutschland!

Der Vorstand der Lagergemeinschaft Dachau hat diese Woche dazu einen Brief veröffentlicht, mit der Überschrift: „Erinnern und handeln“.

Darin heißt es u.a.:“

„Auf der Konferenz von Évian, die vom 6. bis 15. Juli 1938 auf Initiative des US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt zusammenkam, berieten die Vertreter von 32 Staaten und 24 Hilfsorganisationen über das Problem der rapide ansteigenden Flüchtlingszahlen von Juden aus Deutschland und Österreich“ (Wikipedia). Das Ergebnis war fast Null. Tenor der Staaten: Wir sind kein Einwanderungsland, wir könnten dadurch vor Probleme gestellt werden. Die Argumente damaliger und heutiger Politiker gleichen sich, wenn es darum geht, Menschen nicht zu retten und Hilfe zu versagen.

Hunderttausende Menschen hätten in der NS-Zeit gerettet werden können. Stattdessen wurden die meisten Menschen, die Flucht wagten, an den Grenzen verhaftet und ins Nazireich zurückgeschickt.

Der Weg in den Holocaust hat auch diese Vorgeschichte.“

Weiter heißt es in dem Brief:

Wir Überlebende, Angehörige und Nahestehende von ehemaligen NS-Opfern sehen es als unsere Verantwortung, die Aussage der ehemaligen Häftlinge „Nie wieder“ ernst zu nehmen und ihre glaubwürdige Umsetzung einzufordern.

Wenn wir aufhören, uns gegen die Verletzung von Humanität und Menschenrechten zu stellen, wenn wir die Zerstörung von Asylrecht und Flüchtlingsschutz zulassen, geben wir die Errungenschaften der Befreiung von Faschismus und Krieg preis.“

Sehr geehrte Damen und Herren!

Liebe Antifaschist*innen!

Dieses Denkmal sollte uns helfen, das Vermächtnis der Kämpfer*innen gegen Faschismus und Krieg zu bewahren und zu verteidigen.

„Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“ So steht es zitiert aus dem „Schwur von Buchenwald“, vom 19. April 1945 auf einer der tonnenschweren Tafeln.

Lasst uns in diesem Sinne arbeiten!

Vielen Dank!

1 vgl. Siegfried Imholz, „Gebt ihnen einen Namen“, Fürth 2017

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