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Gedicht

Die Ballade vom Wasserrad

1

Von den Großen dieser Erde

Melden uns die Heldenlieder:

Steigend auf so wie Gestirne

Gehn sie wie Gestirne nieder.

Das klingt tröstlich und man muß es wissen.

Nur: für uns, die wir sie nähren müssen

Ist das leider immer ziemlich gleich gewesen.

Aufstieg oder Fall: wer trägt die Spesen?

Freilich dreht das Rad sich immer weiter

Daß, was oben ist, nicht oben bleibt.

Aber für das Wasser unten heißt das leider

Nur: daß es das Rad halt ewig treibt.

2

Ach, wir hatten viele Herren

Hatten Tiger und Hyänen

Hatten Adler, hatten Schweine

Doch wir nährten den und jenen.

Ob sie besser waren oder schlimmer:

Ach, der Stiefel glich dem Stiefel immer

Und uns trat er. Ihr versteht: ich meine

Daß wir keine andern Herren brauchen, sondern keine!

Freilich dreht das Rad sich immer weiter

Daß, was oben ist, nicht oben bleibt.

Aber für das Wasser unten heißt das leider

Nur: daß es das Rad halt ewig treibt.

3

Und sie schlagen sich die Köpfe

Blutig, raufend um die Beute

Nennen andre gierige Tröpfe

Und sich selber gute Leute.

Unaufhörlich sehn wir sie einander grollen

Und bekämpfen. Einzig und alleinig

Wenn wir sie nicht mehr ernähren wollen

Sind sie sich auf einmal völlig einig.

Denn dann dreht das Rad sich nicht mehr weiter

Und das heitre Spiel, es unterbleibt

Wenn das Wasser endlich mit befreiter

Stärke seine eigne Sach’ betreibt.

Bertolt Brecht

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