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Editorial

Her mit Deinem Geld, her mit Deinem Blut, her mit Deinem Leben – Denn „Du bist Deutschland“ und das soll heißen: Du bist der Trottel der Nation!

Die Große Koalition steht. Täglich mindestens eine Kriegserklärung an das eigene Volk. Noch bleibt es ruhig im Land – verdächtig ruhig. Stell’ Dir vor, es ist Krieg – und keiner will es merken? Immerhin: die Beamten scheinen zu mucken und zu murren. Sie kündigen der Regierung. Dass eine Entlassung der Regierung mehr braucht als „blaue Briefe“ schreiben, ist bekannt. Das wird in den Betrieben und auf der Straße entschieden. Aber wenn sogar schon Beamte zeigen, dass sie nicht Deutschland d.h. die Trottel der Nation sein wollen, um wie viel mehr Berechtigung haben dann die Arbeiter, die Werktätigen im Land.

Woher diese scheinbare Spaßkampagne wirklich kommt, zeigt nachfolgendes Bild – gesehen bei www.hagalil.com ­– das keine Fotomontage darstellt, sondern mit dem Titel „Um 1935: NS-Kundgebung auf dem Ludwigsplatz“ dem Buch entstammt: Ludwigshafen – ein Jahrhundert in Bildern, 1999 herausgegeben vom Stadtarchiv der Stadt Ludwigshafen am Rhein:

Wo dies damals endete, wissen wir. Es wird erkennbar: bevor die Arbeiterklasse den Laden („Deutschland“) nicht übernimmt, meint das Deutschland des Kapitals, 95 Prozent der Bevölkerung für dumm verkaufen und für ihr Profitinteresse bluten lassen zu können.

Noch scheint die Regierung in der Offensive und das „Gesetz des Handelns“ in ihrer Hand zu haben.

Nicht nur die bereits bekannten massiven Angriffe auf die sozialen Existenz- und Lebensbedingungen, es sind die schrittweisen Ankündigungen von Maßnahmen durch einzelne Minister und andere Wichtigtuer, die nicht im Koalitionsvertrag stehen, die andeuten, was sie alles an Grausamkeiten in petto haben. Da soll ausgelotet werden, wie weit sie ohne Widerstand gehen können. Denn das wissen die Damen und Herren auch: Es gibt kein objektives ökonomisches Gesetz, um wie viel die Mehrwertsteuer erhöht oder die Pendlerpauschale gesenkt werden muss. Sie wissen nur: Je mehr sie Unten holen können, desto beliebter machen sie sich Oben, bei ihren Auftraggebern, den Kapitalisten und Reichen. Wie viel sie Unten holen können, hängt ab vom Widerstand, hängt vom Klassenkampf ab. Aber noch herrscht Ruhe im Land, trügerische Ruhe. Trügerisch schon deshalb, weil die Rechte nicht ruht.

Nicht nur die Verlängerung und Erweiterung des Afghanistan-Mandats. Die Nicht-Wahl von Lothar Bisky zum stellvertretenden Bundestagspräsidenten hätte ja schon genug zu denken geben müssen: Die Hatz gegen Links ist eröffnet. Der neue Bundestagspräsident Lammert (CDU) eröffnete die Debatte um „deutsche Leitkultur“.

Und: der plötzliche Abgang von Stoiber von der Berliner Bühne, seine müde Begründung, die Münteferings Rücktritt als SPD-Parteivorsitzender dafür verantwortlich machte. Das nahm ihm zwar niemand ab, was das bedeutet blieb, aber im Dunkel. Dabei hätte man doch nur im Fundus der CSU-Parteigeschichte kramen müssen. Vielleicht wären sie dann auf das Stichwort „Sonthofen“ gestoßen.

Das ist die Variante der Politik der Reaktion, die von der „Ordnungszelle Bayern“ die Republik noch weiter nach Rechts treibt, dem Faschismus den Boden bereitet. Strauß empfahl damals seiner Klientel mit Schaum vor dem Mund: „Lieber eine weitere Inflationierung, weitere Steigerung der Arbeitslosigkeit, weitere Zerrüttung der Staatsfinanzen in Kauf nehmen, als das anwenden, was wir als Rezept für notwendig halten. Es muss wesentlich tiefer sinken, bis wir Aussicht haben, politisch mit unseren Vorstellungen, Warnungen, Vorschlägen gehört zu werden“.

Was er als Rezept für notwendig hielt wurde in der Bewunderung des faschistischen Generals und Diktators Pinochet und seines blutigen Putsches in Chile im Jahr 1973 deutlich.

Und O-Ton Strauß: „Und wenn wir hinkommen und räumen so auf, dass bis zum Rest des Jahrhunderts von diesen Banditen keiner es mehr wagt, in Deutschland das Maul aufzumachen.“ Mit Banditen meinte Strauß damals u.a. die SPD!

In der Regierung sich nicht verschleißen lassen, sich die Hände in Unschuld waschen, wenn es darum geht, die Lasten der kapitalistischen Krise der Bevölkerung aufzubürden und sich alles vorbehalten, um die Stimmung im Land bei fortschreitender Krise und weiterer Erhöhung der Erwerbslosigkeit auf den inneren Feind zu lenken, die Gewerkschaften, die Linken, die Ausländer, und auf das Ausland, das in Krisenzeiten dem deutschen Volk angeblich die Existenzgrundlagen entzieht.

Gleich nach seinem Rückzug ging Stoiber auf die Reise nach Rom. Nicht nur der Reaktionär im Papstgepränge, Ratzinger, stand auf dem Programm. Besuch beim Staatspräsidenten Ciampi, Abendmahl bei Berlusconi und am wichtigsten das Vier-Augen-Gespräch mit Fini, dem Führer der faschistischen Alleanza Nazionale (An) und derzeitigen Außenminister Italiens. Und in Italien sind im nächsten Frühjahr Wahlen; der jetzigen Regierung aus ultrarechter Forza Italia des „Cavaliere“ Berlusconi, der separatistischen und rassistischen Lega Nord des „Senatur“ Bossi und schließlich der Alleanza Nazionale (AN) droht der Verlust der Mehrheit. Berlusconi hat nicht zuletzt ein persönliches Interesse, unter allen Umständen in der Regierung zu bleiben. Bei einem Ausscheiden muss er Gefängnis und den Verlust seines mafiös zusammengeschusterten Medien- und Finanzimperiums fürchten. Hier droht eine Bastion der internationalen Reaktion zu fallen. Und da ist Stoiber gefragt und unter diesem Aspekt bekommt auch die Übernahme der Münchner HypoVereinsbank durch die italienische Unicredito noch eine neue Dimension.

Es gibt viele Gründe mit Widerstandsaktionen in den Betrieben und auf der Straße zu beginnen nicht nur gegen Sozialraub, sondern offen gegen Rechts, gegen Regierung und Kapital!

Dazu gehört gegen den Ruf des Deutschen Imperialismus nach einem ständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat Front zu beziehen.

Das sind wir auch unseren Kämpfern aus der Vergangenheit schuldig, die auch noch im KZ den Kampf für eine sozialistische Zukunft nicht fahren ließen. Ihre Mahnung: Wartet nicht ab, Genossen, bis man Euch wieder jagt, einsperrt, foltert und ermordet.

Ihnen gilt unser tätiges Gedenken: Zuvörderst dem Genossen Ernst Thälmann, dem Reichstagsabgeordneten, dem Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Deutschlands, dem Herz und Hirn der deutschen Arbeiterklasse, ihm, den sie nicht brechen konnten, den sie morden mussten, damit das Kapital auch nach dem verlorenen Krieg die soziale Revolution nicht fürchten müsse.

Und die Genossen in Buchenwald, die klug und beharrlich, ohne Opfer zu scheuen, den kollektiven Widerstand aufbauten und mit der Selbstbefreiung krönten. Sie bewahrten mit ihrem Schwur und ihrem Vermächtnis die Hoffnung auf eine Welt der Völkerfreundschaft, auf eine Welt des Sozialismus, in der die kapitalistischen Wurzeln des Völkerhasses ausgerissen werden.

Unvergessen– 60 Jahre danach – soll auch das Schicksal der Sinti und Roma bleiben. Ihr unbändiger Freiheitswille jenseits von Assimilation und Integration kann Ansporn sein; ihre Unterdrückung macht sie zu einem Gradmesser, wie weit die Barbarei in einer Gesellschaft fortgeschritten ist.

Mit „Granatsplitter des alltäglichen Imperialismus“ möchten wir den Feind und seine Konturen ins Blickfeld rücken, der Feind, der Kampf, Widerstand und Niederwerfung herausfordert.

Der Beitrag von Renate Münder „Krise der Gewerkschaften“, geht eindrücklich auf die Hemmnisse für Kampf und Widerstand ein.

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