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Wehrpflichtigenarmee oder Berufsarmee?

In den letzten Jahren ist die Diskussion darüber entbrannt, ob die Wehr­pflicht abgeschafft werden soll oder nicht, bzw. ob die Bundeswehr in eine Berufsarmee umgewandelt werden soll. Welchen Armeetypus braucht das Land?

Diese Frage stellt auch die Koalitionsregierung SPD/Bündnis 90-Die Grünen. Kriegsgegner haben in die Debatte eingegriffen und Vorschläge unterbreitet, die Rüstungsausgaben zu senken und so die „Friedensdividende“ einzufordern, die das Ende des „Kalten Krieges“, der Wegfall der „Bedrohung aus dem Osten“ doch zu versprechen schien. In der Auseinandersetzung um die Auslandseinsätze der Bundeswehr, ob mit oder ohne den blauen Helm der UNO, ob innerhalb oder außerhalb der NATO, ob mit oder ohne Parlamentsbeschluß, ob mit oder ohne Übereinstimmung zum westdeutschen Grundgesetz, fand eine schleichende Erosion grundlegender antimilitaristischer Positionen statt. Ein stilles Einverständnis stellte sich her: Keine Auslandseinsätze der Bundeswehr ohne UN-Mandat - und das heißt eben auch stille Anerkennung der grundsätzlichen Berechtigung der Bundeswehr zur „Landesverteidigung“ und stille Anerkennung, daß dieses deutsche Militär doch irgendwie einen Beitrag leisten könnte zur Sicherung des Friedens. Der schöne Traum wird zwar immer wieder mal gestört durch häßliche Nazi-Umtriebe bei eben dieser Bundeswehr. Aber wegen Alpträumen verzichtet man ja schließlich auch nicht auf den Schlaf, oder?

In der Frage nach dem Armeetypus scheint allerdings die etwas beunruhigendere Frage zu sein, wozu und wem soll denn das Militär in welcher Form dienen, die Frage nach dem Verhältnis von Militär, Politik und Ökonomie?

Feldmarschall Erwin Rommel

General Heinz Guderian

Feldmarschall Sigmund List

Feldmarschall Fedor von Bock

Feldmarschall Hugo Sperrle

Feldmarschall Karl von Rundstedt

Das sind sechs Mörder. Nun geht nicht davon Und nickt nicht, lässig murmelnd ein „ganz recht“: Sie zu entlarven kostete nun schon An fünfzig Städte uns und ein Geschlecht.

aus B. Brecht, Kriegsfibel, 1939

Imperialismus - war da nicht mal was?

Seit Ende des 19. Jahrhunderts hat sich die Welt des Kapitals grundlegend verändert. War die Wirtschaft bis dahin geprägt durch viele kleine Unternehmen, die wesentlich im Rahmen ihrer Nation agieren, die in Konkurrenz zueinander stehen und den Gesetzen des Marktes unterworfen sind, wird das Bild der Ökonomie geprägt durch einige riesenhafte industrielle Unternehmen, denen der Rahmen der Nation zu eng geworden ist für die Verwertung ihres Kapitals, die weltweit operieren, sich zu diesem Zweck mit den Banken zusammentun und immer mehr eine beherrschende Stellung in ihren Ländern bekommen. Wachsender Einfluß dieser Wirtschaftsimperien auf das politische Leben, auf den Staat wird möglich und notwendig, um die Interessen von z.B. Mannesmann in Marokko oder der Deutschen Bank in Rumänien und der Türkei zu „schützen“. Bestimmend ist nicht mehr die Konkurrenz, sondern die Beherrschung der Konkurrenz. Es sind Monopole entstanden, die in der Lage sind, auf alle Faktoren, die den Profit bestimmen, aktiv einzuwirken und nicht mehr nur passiv auf die Signale des Marktes zu reagieren. Die Monopole beginnen die Absatzmärkte und Rohstoffquellen im internationalen Maßstab aufzuteilen. Aber was entscheidet, wenn man sich nicht einig werden kann und was passiert, wenn schon alles aufgeteilt ist und sich ein Monopol nicht mit dem Status quo abfinden kann (zum „Überleben“, zur Befriedigung der Ansprüche der Aktionäre, zur „Sicherung der Arbeitsplätze“ etc.)? Es entscheidet die Macht nach dem Gesetz: Großes Kapital, große Brocken, kleineres Kapital, kleinere Happen. Aber wenn der Kleine auch größer werden muß, und die noch Größeren dem schon Großen „den Platz an der Sonne“ verwehren? Dann wird die Neuaufteilung mit Gewalt vollzogen. Die fundamentale Gewalttätigkeit der Ökonomie drückt sich in wachsender Gewalttätigkeit der Politik aus, in der selbstverständlichen Ausbreitung von Militär und Militarismus.

Mit der Entstehung von Monopolen haben sich Großmächte herausgebildet, die in ihrer imperialistischen Politik die expansionistischen Ziele der ökonomischen Machthaber widerspiegeln. Nicht irgendwelche Großmächte, sondern ganz konkrete. Ihre Namen sind: BRD, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan und USA. Diese sechs Großmächte haben die Welt aufgeteilt in Einflußsphären, manchmal in der Form direkter Unterwerfung als Kolonie, manchmal als zwar politisch souveräne Länder, aber in mehr oder minder starker ökonomischer (und damit militärischer) Abhängigkeit von einer oder mehreren imperialistischen Großmächten. Zwei Weltkriege wurden um die Neuaufteilung geführt. Vier dieser Großmächte befinden sich in engster Nachbarschaft zueinander und machen Europa zum Gebiet mit der höchsten imperialistischen „Dichte“ der Welt. Sie entwickeln sich offensichtlich und unvermeidlich höchst ungleichmäßig, wie man etwa am Wiederaufstieg des deutschen Imperialismus auf Kosten von Frankreich und England nach dem 2. Weltkrieg, oder jüngst bei der relativen Schwächung des japanischen Imperialismus in der sog. Asien - Krise sehen kann. Unter der Voraussetzung, daß die Welt vollständig unter die Großmächte aufgeteilt ist, führt die ungleichmäßige Entwicklung unvermeidlich zu „Zusammenstößen“ zwischen den Großmächten und zu dem Druck, diese bereits aufgeteilten Einflußsphären erneut aufzuteilen. Im Zentrum stehen dabei heute die Auseindersetzungen um den Einfluß auf die Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Die Auflösung des ersten proletarischen Staats hat auch die bis dahin relativ stabilen Kräfteverhältnisse zwischen den Großmächten durcheinandergewirbelt und nicht zuletzt die offene militärische Auseindersetzung, den Krieg, nach mehr als 40 Jahren relativem Frieden wieder nach Europa gebracht.

Und was passiert heute?

Die Diskussion um den Armeetypus wird vor dem Hintergrund eines neuen Abschnitts in der Epoche des Imperialismus geführt, der mit 1989 und den folgenden Jahren, also mit der Einverleibung der DDR durch den deutschen Imperialismus und der Zerschlagung der Sowjetunion, eingeläutet wurde.

Dieser Abschnitt hatte für die internationale Arbeiterbewegung zur Folge, daß eine besondere Form des Klassenkampfes zugunsten der Bourgeoisie entschieden wurde. Diese Form der Klassenauseinandersetzung, die mit der Schaffung eines proletarischen Staates, der Sowjetunion, ihren Anfang hatte, hob den Klassenkampf auf eine Ebene, in der nun der Kampf zwischen Kapital und Arbeit, neben den Auseinandersetzungen in den imperialistischen Ländern selbst, zu einem Klassenkampf zwischen den von der Arbeiterklasse befreiten Gebieten und den imperialistischen Staaten wurde. Die sozialistischen Länder waren deshalb kein „Versuch” einer Systemalternative, sondern, seit ihrem Bestehen, und ob sie es wollten, bzw. erkannten oder nicht, eine Kampfansage gegen Ausbeutung und Krieg, eine Kampfansage gegen das internationale Kapital. Einerseits waren sie ein starker Arm der internationalen Arbeiterbewegung und ein Stützpunkt, der ein Kräfteverhältnis schuf, das Befreiungskämpfe in den vom Imperialismus abhängigen Ländern ermutigte - für den Imperialismus unantastbar. Insbesondere die BRD konnte sich ihre imperialen Gelüste in Baku, in Polen, usw., solange die Sowjetunion existierte, aus dem Kopf schlagen.

Mit 1989 wurden die Länder Osteuropas und solche, die den sozialistischen Weg gegangen waren, wieder in das kapitalistische Weltsystem „heimgeholt” und bis heute gilt es vor allem diese Staaten zu zerstückeln, um sie „häppchenweise” verschlingen zu können, d.h. sich dort wieder einzunisten, sich die Länder unterzuordnen - die unumschränkte Herrschaft des Kapitals dort wiederherzustellen.

1989 wurde somit eine neue Runde um die Neuaufteilung der Welt eingeläutet. Die notwendige „Zwangsvereinigung”[1] der imperialistischen Großmächte, gegen die sozialistischen Länder, mündet nun wieder in ungezügelte Konkurrenz unter den Imperialisten selbst. Die Aufteilung der ehemals vom kapitalistischen Weltsystem abgefallenen Länder, der ehemals (in Bezug auf kapitalistische Verwertung) „weißen” Flecke auf der Landkarte, ist heute voll im Gange und diese Aufteilung wird zu einer Veränderung des Kräfteverhältnisses zwischen den imperialistischen Großmächten führen. Diese Veränderung des Kräfteverhältnisses ist es auch, dem der deutsche Imperialismus die Frage des Militärs (Wehrpflicht und/oder Berufsarmee) unterordnen muß.

Wehrpflichtigenarmee:

Welche Aufgaben hat eine Wehrpflichtigenarmee?

Allgemein:

In der Epoche des Imperialismus sind zahlenmäßig große Heere, meist aus Wehrpflichtigen bestehend, immer dann notwendig gewesen, wenn es zu direkten militärischen Auseinandersetzungen unter den imperialistischen Großmächten kam, wie im I. und II. Weltkrieg.

Größere Armeen, Wehrpflichtigenarmeen wurden auf der anderen Seite aber auch gegen Völker eingesetzt, die um ihre Befreiung gekämpft haben, also dort, wo die wirtschaftliche Abhängigkeit durchbrochen werden sollte und die Herrschaft der Imperialisten nicht mehr so ohne weiteres[2] aufrechtzuerhalten und zu sichern war. Es half und hilft dann nur noch eine direkte Besetzung durch das Militär. Wie z.B. die Besetzung Vietnams, das dem US-Im­perialismus heftigen Widerstand geleistet hat und ihn und seine Lakaien am 1. Mai 1975 besiegte. 1961 waren dort 1.650 US-Soldaten als „Militärberater” stationiert, 1963 waren es schon 16.000 „Militärberater”.

Wenn die Neuaufteilung der Welt nicht mehr allein ökonomisch vorgenommen werden kann, wenn also Krieg das Mittel der Großmächte bleibt, ihre wirtschaftliche Macht zu „mehren”, dann wird ein Heer aus Wehrpflichtigen eingesetzt, denn solche Kriege müssen auf eine Beherrschung und Einverleibung von Territorien hinauslaufen, was mit heftigen und langandauernden militärischen Auseinandersetzungen verbunden ist. Die Imperialisten gehen zwar immer von einer Grenzenlosigkeit ihrer Möglichkeiten aus, die z.B. beim deutschen Imperialismus zu einer Abenteuerlichkeit geführt hat, durch den ökonomischen Druck die Konkurrenz zu übertreffen, Maximalprofite zu erzielen, usw. noch gefüttert wird. So gerne auch die Imperialisten Strategien entwickeln und die Welt nach ihren Vorstellungen formen möchten, sind sie dazu doch keineswegs in der Lage. Dafür sorgen die Bewegungen, die Unsicherheiten, die Unbekannten: im Wirtschaftskrieg der Großmächte untereinander, in Form des Widerstands der Arbeiterklasse in den Unterdrückernationen, in Form der Freiheitskämpfe der unterdrückten Völker. Das Bsp. Vietnam zeigt diese letzten beiden Faktoren, im gemeinsamen Kampf. Der Widerstand und die Proteste gegen den Vietnamkrieg in Europa und in den USA selbst, führte nach dem Sieg des kleinen Vietnam über den „Riesen” USA dazu, daß die Wehrpflicht nicht mehr aufrecht erhalten werden konnte, die „body bags” mit toten US-Soldaten waren noch frisch im Gedächtnis.

Wehrpflicht: Jetzt und heute

In der BRD wird weiterhin an der Wehrpflicht festgehalten. Frankreich hat die Wehrpflicht 1996 abgeschafft, Großbritannien ist gerade dabei, sein Berufsheer auszubauen. Die beiden Hauptkonkurrenten des deutschen Kapitals in Europa legen somit ihren militärischen Schwerpunkt auf Berufsarmeen, bzw. in aller Welt schnell einsetzbare Überfalltruppen. Die BRD geht ebenfalls diesen Weg. Sie rüstet ihre Interventionstruppen waffentechnisch aus und ist bemüht, alle politischen Möglichkeiten zu schaffen, um diese Truppen auch unbegrenzt einsetzen zu können. Im Unterschied zu Frankreich oder Großbritannien besteht in der BRD allerdings die Wehrpflicht weiter; nebenbei bemerkt, ist die Bundeswehr aufgrund dessen das zweitgrößte Heer Europas[3].

Das Aufrechterhalten der Wehrpflicht wird nach offiziellen Verlautbarungen mit Landesverteidigung begründet. Die FAZ kommentiert, daß „die Bundesregierung am klassischen Verteidigungsauftrag der Bundeswehr und an der Wehrpflicht unbeirrt fest [-hält]. Nach Auffassung von Generalinspekteur Bagger besteht für Deutschland anders als für einige Verbündete das Hauptinteresse nicht im Aufbau umfangreicher Kräfte für weltweite Interventionseinsätze. Für die Bundeswehr bleiben ,Landes-und Bündnisverteidigung ihr Kernauftrag’”.[4]

Exkurs: Verteidigung oder Angriff?

Gegen wen sich die BRD verteidigen will, bleibt offen. Aber um diese Frage geht es auch nicht. Was aber bedeutet es, wenn sich ein imperialistisches Land, eine Unterdrückernation, wie die BRD[5] auf Verteidigung beruft oder wenn sich z.B. Cuba gegen einen Überfall der Yankees zur Wehr setzen muß? Das macht einen Unterschied!

Cuba kämpft um seine politische und ökonomische Souveränität, um die Reichtümer des Landes nicht den US-ame­rikanischen Konzernen in den Rachen zu werfen, sondern um seine eigene Bevölkerung so gut wie möglich zu ernähren, sie auszubilden, medizinisch zu versorgen. Das gilt es dort zu verteidigen, mit einem Heer, das diesen Errungenschaften der cubanischen Revolution verpflichtet ist. So hat der Satz „Patria o muerte” („Vaterland oder Tod”) dort einen anderen Klang, denn Cuba steht im Kampf um die Befreiung seines Landes und nicht auf der Seite derer, die die freie Entwicklung der Völker bekämpfen.

In der BRD herrscht die Monopolbourgeoisie, ihrem Wesen entspricht, sich den Staat und das Militär unterzuordnen, das Militär als bewaffneten Arm, den Staat als politischen Ausschuß. „Vaterlandsverteidigung” kann hier immer nur die Verteidigung des Eigentums der Deutschen Bank, von Daimler-Benz, Siemens, Kaufhof, usw. heißen, wobei die Grenzen des „Vaterlandes” durch die Profitinteressen und durch die Ansprüche der Monopole bestimmt werden und nicht nach den Grenzen, die durch die historische Herausbildung von Nationen entstanden sind. Verteidigung also nicht im eigentlichen Sinne (defensiv), sondern zum Wohle der deutschen Monopolbourgeoisie. Nachweisbar, wurde das bisher schon so gehandhabt:

Die Lüge der Landesverteidigung ist so alt, wie der deutsche Imperialismus selbst ...

Vor dem I. Weltkrieg wurden die Kriegskredite zur Aufrüstung bewilligt, mit dem Hinweis, das Land müsse für seine Verteidigung gerüstet sein (siehe auch Rede von Haase 1914, S.24). Die Kriegserklärung an Frankreich war das Ergebnis. Dahinter standen die Interessen einer Monopolbourgeoisie, die binnen kurzer Zeit ökonomisch recht stark geworden ist und sich in einer bereits aufgeteilten Welt positionieren mußte. Aufgrund dieses Widerspruchs (ökonomische Macht, Stärke und geringe Verwertungs- und Ausbeutungsmöglichkeiten, v.a. in den Kolonien) war es notwendig, die Neuaufteilung der Welt mit militärischen Mitteln vorzunehmen.

„Der Faschismus” in Deutschland war „die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten chauvinistischsten und am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals”.[6] Dort bekam die „Vaterlandsverteidigung” einen offen rassistischen Anstrich: „Verteidigung der germanischen Rasse”, „Lebensraum im Osten”. Im Kern ging es der Bourgeoisie jedoch um die Zurückeroberung der Gebiete, die ihr nach dem I. Weltkrieg, festgelegt im Versailler Vertrag, entrissen wurden (Elsaß - Lothringen, Westpreußen, Posen,...) und um die Eroberung neuer Gebiete. Das war mit Verteidigung der „germanischen Rasse” gemeint. Die Hetze gegen den „slawischen Untermenschen” mußte hierbei den Massenmord und die Versklavung der Völker Osteuropas „rechtfertigen”.

Nach 1945 wurde in der BRD die Wiederbewaffnung und Remilitarisierung mit dem Argument der Landesverteidigung vor der „roten Gefahr” vollzogen. Genau elf Jahre nach dem II. imperialistischen Weltkrieg waren vergangen, als die Kriegstreiber und Kriegsgewinnler (die sich auf westdeutschem Boden wieder gesammelt hatten) doch ernsthaft Schutz vor dem antifaschistisch - demokratischen Deutschland forderten. Die Klasse, die an dem Überfall Europas glänzend verdiente und ihn mit vorbereitete (ein Paradebeispiel dafür sind die IG-Farben, die den Aufstieg der NSDAP mitfinanzierten und nach der Machtergreifung maßgeblich an dem „4-Jahres-Plan” zur Aufrüstung beteiligt waren), wollte sich nun gegen eine DDR verteidigt wissen!

... und die durch ihn entfesselten Kriege

Die Berufung auf die „Vaterlandsverteidigung”, diente somit nur der Verschleierung der Kriegsursachen und dem deutschen Expansionismus, nicht dem Schutz von Heim und Herd. Kann heute mit „Vaterlandsverteidigung” etwas anderes gemeint sein?

Die deutschen Banken und Konzerne haben vor acht Jahren die DDR einverleibt. Dabei nicht stehen geblieben, sind sie dabei, ihre Vormachtstellung in Europa auszubauen. Etwas anderes erlaubt das Gesetz des Kapitalismus auch nicht, denn ein „Stillstand” (hinsichtlich wirtschaftlicher Expansion) bedeutet „Rückstand” gegenüber Frankreich, Großbritannien, USA und Japan. Das heißt, der Stillstand muß mit allen nötigen Mitteln verhindert werden, mithilfe ökonomischer Stärke oder mit Waffengewalt. Die Verteidigung des „Wachstums” muß also gewährleistet sein. Warum das mit der Wehrpflichtigenarmee vollzogen werden soll, werden wir weiter unten sehen. Davon abgesehen, hilft es auch nichts, wenn sich das Kapital hinter den Formeln „Bündnisverteidigung”, bzw. „Verteidigung Europas” versteckt. Diese Phrasen haben zwei Funktionen: Zum einen sollen sie die europäischen Nachbarn über die wahren Ziele des deutschen Imperialismus hinwegtäuschen und zum anderen dienen sie als Legitimierung der Wehrpflicht vor der Bevölkerung, vor den Wehrpflichtigen selbst. Im übrigen wird klar: wird der Schleier ein wenig gelüftet, den die Kriegs- und Außenminister des Kapitals erzeugen, dann kommt bei „NATO” oder „Europa”, nur noch „Deutschland” raus. (siehe auch Kasten „Der Soldat als Patriot”)

„Der Arbeiter hat kein Vaterland!”, dieser Grundsatz aus dem kommunistischen Manifest von 1848 hat seine Gültigkeit nicht verloren. Im Gegensatz dazu will uns die Monopolbourgeoisie auf das „Vaterland” einschwören, um die Arbeiterklasse unter die Fahne der Räuber zu bringen, um uns für ein „Vaterland” in den Krieg zu schicken, das unter der Herrschaft unserer Ausbeuter steht. Bildlich ausgedrückt sollen wir die Kette, die uns die Monopolbourgeoisie anlegt, verteidigen, mit dem einzigen Zweck, die einzelnen Kettenglieder noch dicker, noch stabiler zu machen. All jene, die es nicht verstanden haben, ihr Leben fürs Kapital zu opfern, werden als „Nestbeschmutzer”, als „Verräter” beschimpft und bekommen bei schärferen Auseinandersetzungen zu spüren, was das „Vaterland” für solche Menschen übrig hat: Feldgericht, Haft, Erschießung.

Der Soldat als Patriot

Die Führungskräfte der Bundeswehr werden in Lehrgängen geschult. Ein Lehrgang muß erfolgreich abgeschlossen werden, um einen höheren Dienstgrad zu erlangen. Die „unteren Ränge” (Unteroffiziere) werden auf den Lehrgängen erstmal so richtig gedrillt, bei Offizieren wird mehr Wert auf Inhalt und ideologische Ausrichtung gelegt. Die Führungskräfte der Bundeswehr werden aufs Vaterland des Kapitals eingeschworen, Generalleutnant Willmann spricht aus, (in seinem Papier „Leadership- der militärische Führer im Einsatz”) für wen sie zu kämpfen haben und in welchem Geist sie (die Unteroffiziere und Offiziere) ihre Untergebenen zu erziehen haben: „Alle Pflichten des Soldaten sind, wie es das Soldatengesetz vorschreibt, der Beliebigkeit von Vorgesetzten und dem politischen Mißbrauch entzogen. Dieser Maßstab muß durch die emotionale Bindung an unser Land, das heißt an die Nation als Schicksalsgemeinschaft, ergänzt werden, und in diesem Sinne versteht sich der Soldat als Patriot.” (aus: FAZ vom 1.7.1998)

Der Soldat als Patriot der Gemeinschaft, dessen Schicksal von der deutschen Monopolbourgeoisie gelenkt wird. Das bleibt übrig von der „Verteidigung Europas”, von Militärbündnissen, NATO- und WEU- Geschwafel.

Der Griff zur Kommandobrücke oder Wehrpflicht als Druckmittel

Die Wehrpflichtigenarmee dient nicht der „Vaterlandsverteidigung”, sie ist ein Druckmittel in der Hand der Monopolbourgeoisie!

Es geht der BRD heute vorrangig um einen festen Platz auf der militärischen Kommandobrücke in Europa, um deutsche Generäle in den Militärschaltzentralen zu haben, die im Zweifelsfall durchsetzen sollen, daß deutsche Soldaten unter der „richtigen Führung” in die „richtige Richtung” marschieren. Um wiederum Großbritannien und Frankreich auszubooten, hält die BRD an einer Wehrpflichtigenarmee fest, um sich dann, gestützt auf dieselbe, als „zentralen Faktor europäischer Verteidigung” zu präsentieren. Das passiert folgendermaßen:

Auf einem Pressegespräch am 14.5.96 in Bonn argumentierte der Inspekteur des Heeres, Generalleutnant Helmut Willmann: „Die Aufwuchsfähigkeit der Hauptverteidigungskräfte ist ein wesentliches Element der Glaubwürdigkeit der Verteidigung in Europa. Das Heer erreicht dadurch eine Kampfkraft, das es zu einem zentralen Faktor europäischer Verteidigung macht. Und das besonders vor dem Hintergrund der Entwicklung bei unseren europäischen Nachbarn. Das Prinzip der Wehrpflicht und die ca. 90.000 bis 100.000 übenden Reservisten pro Jahr sind die Basis und Voraussetzung für dieses System.”

Die Hauptverteidigungskräfte (HVK, bestehend aus ca. 340.000 Soldaten, zuzüglich ca. 90.000 Reservisten) sind das stehende Heer der deutschen Bundeswehr. Im Kriegsfall werden die Wehrpflichtigen in die Verbände der HVK eingegliedert. Zur HVK gehören noch Krisenreaktionskräfte (KRK) und Kommando Spezialkräfte (KSK) - von 340.000 Soldaten sind 53.600 Soldaten bei den KRK und davon wiederum 960 im KSK - die beiden letzteren bestehen hauptsächlich aus Berufssoldaten.[7]

Mit Aufwuchsfähigkeit meint Willmann, die Fähigkeit, bzw. Möglichkeit, eine Armee (hier die HVK) noch zu vergrößern, aufbauend auf ihrer bisherigen Stärke. Konkret heißt das: Es gibt einen Kern von Berufs- und Zeitsoldaten, die aus KRK und KSK rekrutiert werden, sowie geübte Reservisten, um die im Kriegsfall (das während des Wehrdiensts ausgebildete) Menschenmaterial geschart werden kann. Die Bundeswehr rechnet mit einerAufwuchsfähigkeit der Truppe bis zu einer Stärke von 680.000 Soldaten[8].

„Der Krieg ist nicht für die Wohlfahrt des deutschen Volkes entbrannt. Er ist kein deutscher Verteidigungskrieg und kein deutscher Freiheitskrieg, sondern ein kapitalistischer Angriffs- und Eroberungskrieg. Er ist kein Krieg für eine höhere ,Kultur’, die größten Staaten gleicher ,Kultur’ bekämpfen einander, und zwar gerade, weil sie Staaten der gleichen, das heißt der kapitalistischen Kultur sind.” Karl Liebknecht

„Geschändet, entehrt, im Blute watend, von Schmutz triefend - so steht die bürgerliche Gesellschaft da, so ist sie. Nicht wenn sie, geleckt und sittsam, Kultur, Philosophie und Ethik, Ordnung, Frieden und Rechtsstaat mimt - als reißende Bestie, als Hexensabbat der Anarchie, als Pesthauch für Kultur und Menschheit, so zeigt sie sich in ihrer wahren, nackten Gestalt.” Rosa Luxemburg

„Im Punkte Militarismus sind Reaktion und Kapitalismus besonders empfindlich, sie haben genau erkannt, daß sie im Militarismus ihre wichtigste Machtposition gegenüber der Demokratie und der Arbeiterklasse verteidigen, und stehen dem Antimilitarismus in beiderlei Gestalt, das heißt, soweit er gegen den äußeren und soweit er gegen den inneren Militarismus geht, in festgeschlossener Phalanx gegenüber.” Karl Liebknecht

Weiter wird aus dieser Aussage deutlich, daß das deutsche Heer durch die Wehrpflicht eine „Kampfkraft” besitzt, die es zu einem „zentralen Faktor europäischer Verteidigung macht”, und das um so mehr als „unsere europäischen Nachbarn” die Wehrpflicht weitgehend abgeschafft haben. Das Muster wird also klar: Wehrpflicht und eine Wehrpflichtigenarmee sind der Maßstab für eine fähige „Verteidigung” und da nur in der BRD eine starke Wehrpflichtigenarmee existiert, muß sie die „schwere Last” der Verantwortung übernehmen, Europa im Fall der Fälle kampfkräftig zu verteidigen. Und wenn das schon so ist, dann wollen „wir” aber auch folgerichtig auf der Kommandobrücke stehen und entscheiden können, gegen wen die Armeen geschickt werden. So wird’s gemacht.

Mit Hilfe dieser Argumentation wird die militärische Kommandobrücke erklommen, was ja vorrangiges Ziel ist. Das entspricht dem deutschen Imperialismus, der Großmachtträume träumt und der sich von allen ihm auferlegten Fesseln[9] lösen will, um die EU unter deutscher Führung zur militärischen Kraft, zunächst neben der NATO, zu machen. Diese Bemühungen werden für die unmittelbar anstehenden Auslandseinsätze der Krisenreaktionskräfte (KRK) angestrengt, doch sie sollen das Feld ebnen für solche Kampfeinsätze, bei denen eine Wehrpflichtigenarmee eingesetzt werden soll.

Unabhängig und nach eigenem Ermessen die Armeen fürs deutsche Kapital in die Schlacht schicken zu können, das bleibt die weitergehende Perspektive und das militärische Ziel. Dem widerspricht keineswegs, sich heute mit Frankreich und Großbritannien über eine Aufteilung Osteuropas zu einigen, denn der gemeinsame Gegner sind bekanntlich die US­-Konzerne. Doch auch hinter solchen Bündnissen können immer nur die Interessen der deutschen Monopole stehen und darauf will uns auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hinweisen: „(Der BDA) schließt nicht einmal einen Krieg zwischen Deutschland, England, Frankreich und den USA aus ihrem ,realistischen Paradigma (theoretischem Modell über die Entwicklung) der internationalen Beziehungenaus.”[10]

Wehrpflicht und Osteuropa

Eingekeilt von anderen Imperialisten in Europa bleibt den deutschen Expansionsbestrebungen nur eine Hauptrichtung offen: Osteuropa, das Gebiet, um deren Aufteilung gerade unter den Imperialisten so gerungen wird.

„Es ist unsere besondere Verantwortung an der ,Nahtstelle der Systeme’, die uns Geographie und Geschichte aufgetragen hat, als gute unmittelbare Nachbarn und Partner eine Brücke der Stabilität und Sicherheit nach Osten zu schlagen. Dies ist keine altruistische (selbstlose) Politik. Sie dient deutschem nationalen Interesse.”[11] An dieser Stelle rückwirkend ein Dankeschön an Kinkel, für diese klaren Worte, mit denen er doch lediglich stabile Ausbeutungsbedingungen und Sicherheit für deutsche Konzerne fordert und selbst feststellt, daß die Jagd um Maximalprofite keine selbstlose Politik zulassen kann.

Geographisch nah gelegen, reich an Rohstoffen und mit (vom so verhaßten Sozialismus hinterlassenen) gut ausgebildeten Arbeitskräften, zerstückelt in Klein- und Kleinststaaten, dann ökonomisch abhängig gemacht[12] und mit meist gefügigen Regierungen, bietet es heute glänzende Ausgangsbedingungen für satte Profite.

Doch die deutschen Monopole beanspruchen dieses Gebiet nicht alleine. Das Kapital der ganzen Welt will etwas von dem für sie ehemals „weißen Gebiet” abhaben. Für die BRD gibt es allerdings keinen anderen Weg. Der deutsche Imperialismus unterliegt dem besonderen Zwang, dauerhaften Zugriff auf diese Rohstoffquellen zu haben und die Märkte dort zu beherrschen, denn trotz der ökonomischen Stärke der deutschen Monopole, reicht es für weiter entfernte Gebiete nicht aus, er muß Osteuropa zu seinem Hinterhof machen. Die ökonomische Durch­dringung ist ihm dabei schon recht gut gelungen: heute exportieren die deutschen Monopole doppelt so viel Waren (z.B. Autos) nach Osteuropa, wie in die USA[13]. Letztendlich kommt es aber darauf an, daß sich der deutsche Imperialismus im Osten stärken muß, um die Konkurrenz im Westen niederringen zu können.

Doch was passiert, wenn z.B. in Aserbaidschan (wo in Baku die größten Ölreserven Osteuropas liegen) eine Regierung an die Macht kommt, die ihre Schätze, die für die deutschen Monopole von großer Bedeutung sind, nicht mehr so ohne weiteres preisgibt? Läßt sich das Land nicht einschüchtern durch Sanktionen und politischen Druck, dann muß das geschehen, was die USA beispielsweise in Kuwait vorexerziert haben: die Interessen des Kapitals werden mit militärischen Mitteln durchgesetzt.

Hier käme dann eine Wehrpflichtigenarmee zum Tragen. Aus zwei Gründen:

Erstens sind für den Überfall auf andere Länder, strategisch gesehen, Luftwaffe und Marine von besonderer Bedeutung. Kampfflugzeuge können weitentfernte Gebiete bombardieren, Fregatten und Flugzeugträger (sie entsprechen etwa einem Kriegsflughafen auf dem Wasser und ermöglichen es, Flugzeuge direkt vor der Küste des anzugreifenden Landes zu stationieren, von wo aus Kampfflieger starten, aufgetankt und gewartet werden können), sind mit schweren Geschützen ausgestattet, können größere Truppenteile, Kampfflugzeuge und sonstige Waffen transportieren und das ebenfalls über längere Strecken hinweg. Laut „2+4-Vertrag” und „KSE-Vertrag” (Vertrag über konventionelle (nicht mit ABC-Waffen ausgerüstete) Streitkräfte in Europa) sind für die BRD allerdings Höchstgrenzen für Waffen und Waffensysteme festgelegt worden. Aufgrund dieser Verträge mußte die Bundeswehr bsp. ihre Luftwaffe um 16% reduzieren[14], weiter wurde es der BRD untersagt, anders als den USA oder Frankreich, über nukleare Waffen zu verfügen, bzw. sie zu besitzen oder herzustellen.

Flugzeugträger besitzt die Bundesmarine nicht. Würde der oben beschriebene Fall eintreten, dann müßte die BRD aufgrund dieser Beschränkungen in der Lage sein, ihre ökonomischen Interessen mit einem Landheer durchsetzen zu können (d.h. heute natürlich plus Panzer, gepanzerte Fahrzeuge zur Truppenbewegung, Artillerie usw.). Was aber nicht heißt, daß sich der deutsche Imperialismus diesen Beschränkungen brav unterwirft: im Zeitraum 2002-2006 sollen 4 neue Fregatten gebaut werden, bis zum Jahr 2006 stehen 4 neue U-Boote zur Verfügung[15] und nicht zu vergessen, der Eurofighter (180 Stück). Die bestehenden Beschränkungen werden also durch Aufrüstung durchbrochen, die stille Reserve für die Einverleibung anderer Länder ist die Wehrpflichtigenarmee.

Zweitens, ist sie aber nicht nur „Pausenclown”, bis Marine und Luftwaffe in ausreichender Zahl zur Verfügung stehen. Wird ein imperialistischer Krieg mit dem Ziel der territorialen Besetzungen geführt, kann das nun mal nicht nur mit Flugzeugen oder Panzern vollzogen werden. Dafür braucht es eine größere Anzahl von bewaffneten Menschen in Uniform.

Im Augenblick gibt es also für die deutsche Monopolbourgeoisie militärisch nur die Möglichkeit, ihre Ausbeutungsansprüche durch ein Heer geltend zu machen, das groß genug sein muß, um mit stabilen, gut ausgerüsteten Truppen „fertigzuwerden”. Die Betonung liegt hierbei auf „augenblicklich”, denn wir können nicht sagen, wie die Bundeswehr ihr Heer einsetzen will, das aus Soldaten besteht, die 10 Monate militärisch ausgebildet wurden[16], auf der anderen Seite leben wir in einer Welt, dessen Konstellationen für den deutschen Imperialismus die Notwendigkeit schafft, sich über bestehende Beschränkungen, Abkommen, usw. hinwegzusetzen und die Waffen zu produzieren, die es für die Durchsetzung seiner ökonomischen Interessen braucht. Das wäre zumindest nicht das erste Mal, 1939 wurde genau das, trotz Verträgen, Friedens­­bekundungen, usw. bereits durchgeführt.

Eine Anmerkung noch zu der Frage „Wehrpflichtige und Kriegseinsatz”. Laut der Neuen Zürcher Zeitung vom 23.5.1998, auf einer Fachtagung von mitteleuropäischen Generalstabschefs in Gaming/Österreich, sagte der deutsche General (und Vorsitzende des NATO-Mili­tär­aus­schusses) folgendes:

„Gemäß Naumann ist das Verständnis für den breiten Fächer militärischer Operationen, der vom Hochtechnologie-Krieg bis zu Antiterror-Unternehmen reicht, noch vermehrt zu schärfen. Auch in diesem neuen Aufgabenspektrum könnte die Rolle von Wehrpflichtigen und Reservisten noch ausgeprägter werden, als dies der Fall sei. Wollte die NATO in längeren Operationen durchhalten, werde sie auch in Zukunft auf ihren Reservekräften aufbauen müssen.”

Und mit längeren Operationen, für die eine Wehrpflichtigenarmee aufrechterhalten werden muß, sind keine Manöver auf einem Truppenübungsplatz gemeint. Wenn ein hoher deutscher Militär von „längeren Operationen” redet, dann sollte man ganz genau hinhören: Denn in diesem Jahrhundert waren „längerfristige Operationen”, die von deutschem Boden ausgingen, stets langandauernde Kriege unter imperialistischen Nationen, die zum Zweck der Neuaufteilung der Welt geführt wurden! Die letzte längerfristig angelegte Operation für deutsche Soldaten endete in Stalingrad vor den Gewehrläufen der Roten Armee.

Berufsarmee:

Tatsachen statt Debatten

Die zweite militärische Variante der BRD ist die Berufsarmee. Dabei sind der Diskussion um eine Umwandlung der Bundeswehr in eine Berufsarmee, bereits Tatsachen entgegengesetzt worden: Im Gewand einer Wehrpflichtigenarmee existiert bereits eine Berufsarmee![17]

Begriffserklärungen:

BIWAK: bedeutet nicht nur Zelten im Freien. Es bedeutet Nachtmarsch, Schießausbildung (eine Art Schützengraben (gedacht für 2 Soldaten - „Schützenstellung”) bauen, dort hineinkriechen und dann daraus schießen; andere „Züge” (= ca. 20 Soldaten) überfallen und Gefechte mit Platzpatronen oder Leuchtspurmunition, Handgranaten (Übungsmunition) und manchmal Panzerfaustschießen). Das alles ist also mehr als Abenteuer: die Wehrpflichtigen sollen mitkriegen, wie Krieg aussieht.

Vollausbildung: sind die restlichen 8 Monate nach der Grundausbildung. In der „Grundi” gibt es bereits 2 Biwaks! Und bisher (Stand 1996) war’s das dann auch. Jetzt sollen es 4 werden.

Die Krisenreaktionskräfte (KRK) bestehen zu 80% aus Zeit- oder Berufssoldaten (d.h. 80% von ca. 53.000 Soldaten). Die Wehrpflichtigen übernehmen dort keine wesentlichen Aufgaben. Den Kommandospezialkräften (KSK) sind ebenfalls kaum Wehrpflichtige unterstellt. Von 960 Soldaten sind 150 Wehrpflichtige, die wie beim KRK nur als Fahrer, Bürokräfte und Küchenpersonal eingesetzt werden[18]. Damit sind gerade die Einheiten, die in den letzten zwei Jahren bei den Auslandseinsätzen der Bundeswehr (in Somalia, Kambodscha, Jugoslawien, Albanien usw.) eingesetzt worden sind, im Kern Berufsheere, also Heere mit längerdienenden Soldaten.

Und auf diesem Truppenteil liegt auch der jetzige militärische, politische und ökonomische Schwerpunkt (siehe dazu auch „Abrüstung - Aufrüstung - Umrüstung - oder was?” S.43) des deutschen Kapitals. Gilt es, die Wehrpflichtigenarmee als Drohpotential gegenüber Europa und als stille Reserve für längerfristige Kriege auf jeden Fall beizubehalten, wird mit Hilfe der Berufssoldaten unmittelbar der Kriegseinsatz geübt.

BRD und Bundeswehr - in NATO, WEU, Osteuropa

a) Einbindung in die NATO-Strukturen:

Ein zentrales multinationales Korps mit deutscher Beteiligung ist das Allied Command Europe Rapid Reaction Corps (AARC, Stärke: ca. 50.000) mit ihrer Voraustruppe Multinational Division - Central (MIND- C, Stärke: 20.000) Das Hauptquartier dieses Korps ist in Mönchengladbach. (...)

b) Einbindung in rein westeuropäische Strukturen (WEU)

Das Eurokorps ist mit einer Stärke von über 50.000 Soldaten das größte internationale Korps. Die Initiative zur Aufstellung ging 1991 von einem Treffen von Bundeskanzler Kohl mit dem damaligen Staatspräsidenten Mitterand aus. Armeen aus sechs europäischen Ländern gehören diesem Korps an. Interessant am Eurokorps ist, daß es sowohl im Rahmen der WEU als auch der NATO eingesetzt werden kann und laut Bonner Verteidigungsministerium „... auch speziell als Armee der westeuropäischen Union geplant” ist.

Die multinationalen Korps - und zwar sowohl auf der europäischen Ebene als auch innerhalb der NATO - werden von der Bundeswehr dominiert. Der neue Generalinspekteur der Bundeswehr (Bagger) schrieb dazu in einem Beitrag für die Broschüre „Multinationale Streitkräfte in der NATO, Gemeinsamkeit verbindet”: „In der Umsetzung dieser Gipfelbeschlüsse (gemeint ist der NATO- Gipfel in Rom 1991) hin zu einer weiterentwickelten Multinationalität hat das deutsche Heer eine Schlüsselrolle im Bündnis übernommen. Es ist Hauptträger und Gravitationszentrum multinationaler Strukturen und eigentliches Fundament für die multinationalen Korps. Deutschland ist bisher als einzige Nation an allen multinationalen Großverbänden der NATO- Streitkräfte beteiligt.“

c) Osterweiterung

Die militärische Umsetzung des „Drangs nach Osten” zeigt sich vor allem in intensiven Kooperationen sowie in gemeinsamen Übungen im Rahmen des „Partnership for Peace” (PfP)-Abkommens. „Die Bundesregierung leistet umfangreiche ,militärische Ausbildungshilfe’, im Falle Ungarns seit 1991. Von den 56 Staaten, für die die Bundesregierung solche Programme anbietet, sind die für Polen, Tschechien und Ungarn die umfangreichsten. Für Ungarn gab es 58 Einzelmaßnahmen, für Polen 85, die von gemeinsamen sportlichen Wettkämpfen über den ,Austausch’ von militärischer Erfahrung und konkreten Waffenschulungen bis hin zu kostenloser Offiziersausbildung und gemeinsamen Manövern reicht. Die Manöver, meist im Rahmen des Programms ,Partnerschaft für Frieden’, sind für beide Staaten zentral. Hier werden die Soldaten der Beitrittsstaaten an die NATO ,herangeführt’. Sie sind quasi ein NATO-Aus­bil­dungs­pro­gramm für die osteuropäischen Armeen.”

Allein 1995 fanden 11 gemeinsame Übungen im Rahmen des PfP-Abkommens statt (u.a. in Bulgarien, Rumänien, Ungarn, der Tschechischen Republik, in Italien und den USA). Beim Manöver „US Baltops 1996” übten Armeen aus 13 Staaten (u.a. BRD, Rußland, Polen, Estland, Lettland, Litauen, USA) die Abwehr von Flüchtlingen im Ost­see­raum.

Zitiert nach der Dokumentation einer Veranstaltung zum Antikriegstag am 1.9.1997 in München, DGB-Haus, Zitiert aus einem Redebeitrag von Ole See, „Neue Strategie mit neuer Ausbildung und Bewaffnung der Bundeswehr - Ziel Interventionsarmee!”

Die Besonderheiten von Berufsheeren

Zum einen die Zeit- bzw. die Berufssoldaten selber: Berufssoldaten werden zu Kampfmaschinen erzogen, ihnen soll das Bewußtsein genommen werden, zu einer Klasse zu gehören, sie sollen Soldaten sein, keine Arbeiter mehr. Wenn man dabei bedenkt, daß jeder Zeit- oder Berufssoldat einen hohen Dienstgrad trägt - von Hauptgefreiter über Unteroffizier (Uffz), Stabsunteroffizier (Stuffz), also die „Meister” unter den Soldaten, bis hin zu Feldwebel, Leutnant, Hauptmann, General, die dann schon die „Abteilungsleiter” und die Chefetage im Militär darstellen, so ist es nicht verwunderlich, wenn die Gehirnwäsche, die Berufssoldaten gegen andere Länder oder gegen die eigene Arbeiterklasse zu hetzen, leichter zu vollziehen ist. Einfacher, denn schließlich wird den Berufs- und Zeitsoldaten das Kriegshandwerk und der Kadavergehorsam über mehrere Jahre hinweg eingebleut, den Herrschenden bleiben also nicht nur ein paar Monate, um sie zu gefügigen, gehorchenden, nicht mehr denkenden Soldaten zu machen. Einfacher, weil ihr Beruf das Töten ist und sie nicht nur einen Dienst ableisten. Das wirkt sich entscheidend auf das Bewußtsein aus, denn das bedeutet, die Uniform zu tragen, tagtäglich darauf verpflichtet zu werden, sich ständig mit Militär auseinandersetzen zu müssen, Soldaten mit unteren Dienstgraden zu befehligen und sich irgendwie mit Militär identifizieren zu müssen und eben nicht, in absehbarer Zeit, die Uniform wieder gegen beispielsweise einen „Blaumann” zu wechseln. All das führt zu einem „Korpsgeist”, gefüttert durch Kadavergehorsam und Drill, durch entsprechende „Schulungen”[19], durch Abstumpfen und angelerntes Geringschätzen von allem zivilen, allem Leben außerhalb der Kaserne. Mithilfe von Vergünstigungen (Führerschein), einer Aussicht auf eine Lehre oder ein Studium, eines Wehrsolds, der sich sehen lassen kann (bei Auslandseinsätzen bis zu 6.000 DM monatlich) lassen sich die jungen Männer, vor dem Hintergrund der Perspektivlosigkeit, die der Kapitalismus ihnen bietet, locken und tauschen ihr Hirn gegen eine Uniform ein.

Zum anderen die Aufgaben: Solche Soldaten sind nötig für die spezifischen Aufgaben, die eine Berufsarmee hat. In erster Linie sind diese Aufgaben, im Unterschied zu einer Wehrpflichtigenarmee die Eroberung und Sicherung von Einflußsphären und zwar mit einem kleinen und damit mobileren Heer durch kurzfristig angelegte Aktionen. Die Besetzung eines Landes durch Militär, dient also nicht der unmittelbaren Einverleibung der Gebiete. Es ist eine militärische Einmischung in die Geschehnisse eines Landes zum Zweck der Aufrechterhaltung, Festigung oder eben Wiederherstellung von Bedingungen, die dem deutschen Kapital die Maximalprofite sichert.

Konkrete Aufgaben sind: revolutionäre oder antiimperialistische Bewegungen bzw. Aufstände zu bekämpfen (Nicaragua - USA), unkooperative Regierungen zum Abtritt zu zwingen oder ihnen zumindest direkt militärisch zu drohen (Milosevic, Jugoslawien - BRD), Rohstoffquellen „schützen” vor dem Zugriff anderer (Irak/ Kuwait - USA) und Militärbasen außerhalb der imperialistischen Staaten zu errichten, die als Drehscheibe für weitere Truppen in einer Region dienen können (Kroatien/ Türkei - BRD). Solche Einmischungen und Überfälle praktizieren imperialistische Großmächte, wie die USA oder z.B. Frankreich schon seit geraumer Zeit.

Neu ist, und ebenfalls begründet durch den Wegfall der Schranken, die die sozialistischen Länder der internationalen Kapitalistenklasse auferlegten, daß sich die Bedingungen für nationale Befreiungskämpfe (mit ihren unterschiedlichen Charakteren, aber gleich in der Bestrebung politische Unabhängigkeit und Souveränität zu erkämpfen) verschlechtert haben, was zu einem aggressiveren und zügelloseren Auftreten (eben auch einem militärischen) der Unterdrückernationen gegenüber den ausgebeuteten Ländern führen mußte.

Neu ist auch, und kaum absehbar noch vor 10 Jahren, die Rolle des deutschen Imperialismus, der sich in dieses Geschehen einmischt, um für sich Absatzmärkte, Rohstoffquellen, Einflußsphären und billige Arbeitskräfte zu sichern. Das ökonomische Hauptinteresse liegt dabei bekanntlich im Osten:

Oder wie ist das mit Kroatien, wo deutsche Truppen stationiert sind? Ist es ein Zufall, daß Kroatien fast die Hälfte seines Außenhandels mit den BRD-Konzernen betreibt? Die BRD hat dort die Lunte gelegt, die zum Bürgerkrieg in Jugoslawien führte, hat als erstes westeuropäisches Land gegen den Widerstand von Frankreich und anderen auf einer Anerkennung Sloweniens und Kroatiens bestanden, hat die kroatischen Truppen mit Waffen aufgerüstet und schließlich als „Helfer” die „blutrünstigen” Serben mit Tornados beschossen.

Oder der Kosovo, wo sich Kinkel vor seinen europäischen Kollegen in besonderem Maße als Anheizer für einen Überfall auf die Serben hervortat.

Der ökonomische Nutzen wird auch das Kriterium für künftige Auslandseinsätze sein. Wo nichts zu holen ist fürs deutsche Kapital, da hat auch die Bundeswehr nichts zu suchen, da geht das Abschlachten weiter, es sei denn „unsere Jungs” im nagelneuen Tarnanzug brauchen mal wieder einen Prestige-Kampfeinsatz ...

Die politischen Vorbereitungen für Kriegseinsätze

Doch um KRK und KSK dort einsetzen zu können, wo das deutsche Kapital sie haben will, bedurfte es eines hartnäckigen Aufdrängens, verbunden mit dem Pochen auf die gewachsene „Verantwortung” der BRD. Muß sich das deutsche Heer vorerst mit einer Einbindung in NATO und WEU begnügen (siehe dazu Kasten S.10), so wird mit dem Verweis auf die „gewachsene Verantwortung” der Weg für eigene Militäraktionen vorbereitet. Die Militärbündnisse stellen allerdings nichts weniger als eine Art Sprungbrett dar.

Bisheriger Erfolg dieser Bemühungen ist die Tatsache, daß die Bundeswehr an dem geplanten Kriegseinsatz im Kosovo beteiligt sein wird, ohne wenn und aber. 8 Tornados beteiligten sich bereits am 15.6.1998 bei dem NATO-Manöver „Determined Falcon” („Entschlossener Falke”) über Albanien und Mazedonien. Eine Abstimmung im Bundestag fand dazu nicht statt, obwohl die Kampfflugzeuge vollbewaffnet waren.[20]

Fazit: Nicht besser oder schlechter

Welche Schlüsse lassen sich aus dem oben Gesagten schließen?

Welche Aufgaben haben Berufs- und Wehrpflichtigenarmee und in welcher Weise sollen sie für das deutsche Kapital zum Einsatz kommen?

Die Berufsarmee existiert in der BRD, allgemein gesehen, um kurzfristig für stabile Ausbeutungsbedingungen sorgen zu können (um im „klassischen” Expansionsgebiet freie Hand zu haben, fanden die letzten Auslandseinsätze in Kroatien, Albanien, Kosovo (Tornados) und seit Anfang November 98 im Kosovo statt, mit 350 deutschen Elitesoldaten) und zu dem Zweck, Einflußsphären zu erobern oder vor dem Zugriff der imperialistischen Konkurrenz zu sichern. Dieses Feld der Einmischung und des militärischen Überfalls auf andere Länder gewinnt für den deutschen Imperialismus an Bedeutung, wenn er bei der augenblicklichen Neuaufteilung der Welt nicht zu kurz kommen will. Ob er mit dieser Armee in schärferen Auseinandersetzungen auskommt, darüber entscheiden die kommenden Kräfteverhältnisse innerhalb des Lager der Imperialisten und die große Unbekannte, die Arbeiterklasse, die, wenn die Köpfe stimmen, als einzige Kraft Kriegseinsätze, Eroberungen und imperialistische Kriege verhindern kann.

Der Kampf um Osteuropa zwingt die deutschen Monopole jedenfalls zu dieser Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, die Zerschlagung der sozialistischen Länder erlaubt es ihm militärisch, und um gewachsener ökonomischer Macht und geringer militärischer Einflußmöglichkeiten gerecht zu werden, wird zielgerichtet daran gearbeitet, die Bundeswehr in alle Welt schicken können. Der geplante Einsatz von Bundeswehrsoldaten in der „Kosovo-Krise”, natürlich dem „Frieden” und der „Menschlichkeit” zutiefst verpflichtet, ist ein Zeichen, daß dies schon recht gut geklappt hat - ohne großen Widerstand wird der BRD eine Beteiligung zugesagt.

Ein ganz anderer Aspekt der Intervention ist der Kampfeinsatz an sich: um eine zahlenmäßig umfangreiche Armee, eine Wehrpflichtigenarmee in längerfristigen Auseinandersetzungen und mit dem Ziel der territorialen Beherrschung erfolgreich einsetzen zu können, braucht die deutsche Monopolbourgeoisie militärisch erfahrene Führer, die das „Kanonenfutter” in die Schlacht leiten können. Und ihre Kampferfahrungen sammeln diese Führer bei den bisherigen und kommenden Auslandseinsätzen. Das entschärft nicht die tatsächlichen Aufgaben dieser Auslandseinsätze, sie ist aber ein dringend gebrauchter Nebeneffekt derselben.

In diesem Zusammenhang spielt auch die Kriegsvorbereitung in den Köpfen eine Rolle: die BRD soll wieder auf Krieg vorbereitet werden: deutsche Soldaten morden wieder, Zinksärge werden zurückkehren und die Militarisierung der Außenpolitik soll notwendiges und gewohntes Mittel deutscher „Diplomatie” werden.

An einer Wehrpflichtigenarmee wird festgehalten, um jetzt über ein Druckmittel zu verfügen, die die europäischen Nachbarn von der „gewachsenen Verantwortung” der BRD überzeugen soll und mithilfe der Wehrpflichtigen und der Auslandseinsätze mit auf der Kommandobrücke in Europa zu stehen. Denn Mitspracherecht in militärischen Fragen sichert Alleingänge im Interventionsfall.

Und das ist auch der nächste Aspekt von Wehrpflichtigenarmeen: Die Aufteilung Osteuropas wird einmal abgeschlossen sein und wenn dann eine Neuaufteilung nur mehr mit militärischen Mitteln vorgenommen werden kann, dann steht der BRD lediglich eine große Landwehrmacht zur Verfügung, im Augenblick zumindest. Ökonomische Gegner der deutschen Konzerne sind die USA, aber auch die anderen imperialistischen Großmächte Europas, nämlich Großbritannien und Frankreich. Diese Konkurrenz besteht und verschärft sich auf dem „Wirtschaftsschlachtfeld” Osteuropa, darüber sollten uns auch keine Bündnisse, welcher Art auch immer, täuschen. Aus der Wehrpflichtigenarmee werden die Soldaten rekrutiert, die dann (mit ca. 6.000 DM monatlich in der Tasche) in Jugoslawien oder im Kosovo stehen. Aus der Wehrpflichtigenarmee werden die Berufssoldaten und Zeitsoldaten rekrutiert, mit Hilfe von Ausbildungsmöglichkeiten, hohem Sold bei Auslandseinsätzen, Studienangeboten usw.

Wenn der Sinn und Zweck der Wehrpflichtigenarmee genauer betrachtet wird, muß man feststellen, daß dieser Begriff nicht ganz zutreffend ist. Denn eine Wehrpflichtigenarmee besteht eben nicht nur aus Wehrpflichtigen, die ihren Dienst abreißen - zu diesem Armeetyp gehören die Vorgesetzten, die Unteroffiziere usw. und die sind alle Berufssoldaten. Mit dem Begriff „Wehrpflichtigenarmee” wird eine Trennung zwischen Berufssoldaten und Wehrpflichtigen vorgenommen, die im Kriegsfall nicht mehr existiert, ausgenommen der Stellung im Kriegsfall selber: die einen an vorderster Front, die anderen hinter den Linien.

Beide Armeetypen werden, in den einzelnen Etappen des imperialistischen Wirtschaftskrieges (mit seinen „friedlichen” und nicht-friedlichen Zeiten) unterschiedlich eingesetzt.

In einem sind sie beide gleich: sie dienen (beim Wort genommen) der Militarisierung der deutschen Außenpolitik, sie dienen der Sicherung von Einflußsphären und dem imperialistischen Weltkrieg. Da gibt es kein besser oder schlechter; das eine ohne das andere wird keine imperialistischen Kriege verhindern. Aber beide Armeen werden, in bestimmten Phasen der Auseinandersetzungen unter den Imperialisten, zum Einsatz für deren Interessen (in unserem Land für die Interessen von Daimler, Deutsche Bank, usw.), für die Erzielung von Höchstprofiten und für die unumschränkte Macht der deutschen Monopole über seine kapitalistischen Konkurrenten, zum Einsatz kommen.

Und in einem weiteren Punkt sind sie gleich: Sie werden hauptsächlich aus der Arbeiterklasse rekrutiert. Sei es direkt durch den Zwangsdienst Wehrpflicht oder mithilfe von geldmäßigen Verlockungen, die Jugendliche, erwerbslos oder ohne Ausbildung, den Schritt tun läßt, sich bei der Bundeswehr zu verpflichten (wobei ein Teil natürlich auch aus Überzeugung dort hineingeht).

Wir müssen uns ins Gedächtnis rufen, daß die Monopolbourgeoisie gezwungen ist, ihre erbittertsten Gegner (uns!) zu bewaffnen, damit ihre Klasseninteressen auf dem Schlachtfeld verteidigt werden und die bewaffneten Arbeiter gegen all ihre unmittelbaren Interessen zum Einsatz kommen sollen. Wie wir diesen Widerspruch, in dem das Kapital in der Frage des stehenden Heeres steckt, für uns ausnutzen, d.h. zum Sturz der herrschenden Klasse ausnutzen, das wird noch zu bestimmen sein. KRIEG DEM KRIEG!

Arbeitsgruppe Militarisierung

1 „Zwang” aufgrund der Existenz der sozialistischen Länder und „Vereinigung” im relativen Sinne, zeitlich begrenzt und die Konkurrenz untereinander keineswegs aufhebend.

2 Mit den üblichen Mitteln, bzw. „Stabilitätsaktionen”: Wirtschaftsembargos, Gewährung von Krediten des internationalen Wirtschaftsfonds (IWF) mit entsprechenden Auflagen, Auswechseln der Regierung durch (vom Imperialismus angezettelten) Staatsstreich o.ä.

3 Truppenstärken für Land- und Luftstreitkräfte in Europa, laut KSE-Vertrag von 1992 (Angaben in Menschen): Rußland 1.450.000; BRD 370.000; Frankreich 325.000; Italien 315.000; ... in Europa stationierte US-Truppen 250.000. (aus: Wörterbuch zur Sicherheitspolitik, Verlag E.S. Mittler & Sohn, Herford, 1992, S.138).

4 FAZ vom 27.9.96.

5 Unterdrückernation ist keine besondere Charaktereigenschaft der BRD, dieser Begriff drückt ein wesentliches Merkmal von imperialistischen Nationen aus: Aufgrund des ökonomischen Zwangs der Monopole, sich immer neue Absatzmärkte sichern zu müssen, um damit das Problem der allgemeinen Überproduktion, die dem höchsten Stadium des Kapitalismus eigen ist, zu „lösen”, aufgrund der Jagd nach billigen Rohstoffquellen und dem ungehinderten Zugriff zu denselben, müssen sich die imperialistischen Großmächte die nicht-imperialistischen Länder voll und ganz unterordnen. Zum einen, um ökonomisch ein Höchstmaß an Profiten zu erzielen, um dann weiter aufkaufen und unterordnen zu können. Auf der anderen Seite ist für die Monopolbourgeoisie, politisch gesehen, die Reaktion auf der ganzen Linie notwendig geworden, im Unterschied zu den Anfängen der Bourgeoisie, wo sie noch als fortschrittliche und revolutionäre Klasse die Einheit von Nationen, Gleichheit und Freiheit gegenüber der verkrusteten Adelskaste forderte. Heute hat sich die Monopolbourgeoisie die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern, den Menschen (Rassismus) und Völkern (Chauvinismus) auf ihre Fahnen geschrieben und kann keiner Nation wenigstens die Freiheit gewähren, einen eigenständigen kapitalistischen Weg zu gehen, nein - die Monopole brauchen, um der Konkurrenz und allen Zufälligkeiten gewachsen zu sein, unumschränkte Möglichkeiten zum Ausbeuten und Diktieren.

6 Georgi Dimitroff, Bericht auf dem VII. Weltkongreß der Kommunistischen Internationale.

7 IMI-Infoblatt Nr.2: „Die Struktur der neuen Bundeswehr“, Informationsstelle Militarisierung, Tübingen, April 1998.

8 Im Jahre 1980 betrug die Friedensstärke der Bundeswehr 495.000 Soldaten (heute: 340.000). Das Bundeskriegsministerium schätzte damals die Stärke der Streitkräfte im Kriegsfall auf 1,2 Mio Soldaten! (FR vom 7.5.1980) Binnen 18 Jahren wurden weiterhin Wehrpflichtige eingezogen (ca. 130.000 pro Jahr), die NVA wurde vollständig in die Bundeswehr eingegliedert. Das heißt, die angegebene Zahl von 680.000 einsetzbaren Soldaten im Kriegsfall steht im Widerspruch zu dem in 18 Jahren gestiegenen Bestand an Wehrpflichtigen, Reservisten und ehemaligen NVA-Soldaten. (Informationen für die Truppe (IFDT) 10/1996, „Reader Sicherheitspolitik; Die Bundeswehr vor neuen Herausforderungen- Thema: Allgemeine Wehrpflicht”).

9 Potsdamer Vertrag, 2+4 - Verträge.

10 Gudopp, Dr. Wolf-Dieter, Auf dem Weg in den Dritten Weltkrieg?, Frankfurt/Main, 1993, S.15

11 Rede Kinkels vom 3.6.1997 in Berlin auf dem 9. Forum „Bundeswehr und Gesellschaft” der Welt am Sonntag zum Thema „Deutschlands Rolle in der neuen NATO”.

12 Mit der DM als Leitwährung wurden die Tschechische Republik, Kroatien, Lettland, Estland, Litauen, Ungarn, Polen u.a. zum wirtschaftlichen Anhängsel der BRD.

13 Zahlen von 1997: Ausfuhr in die USA: 76,6 Mrd DM; Ausfuhr nach Mittel- und Osteuropa: 103 Mrd DM. Einfuhr in die BRD aus den USA: 58,6 Mrd DM; Einfuhr in die BRD aus Mittel- und Osteuropa: 96,6 Mrd DM (Monatsberichte der Deutschen Bundesbank lfd.)

14 Wörterbuch zur Sicherheitspolitik, Verlag E.S. Mittler & Sohn, Herford, 1992, S.131.

15 IMI-Spezial „Marine: Fregatte 124 und U-Boot 212”, Imformationsstelle Militarisierung, Tübingen, Mai 1998.

16 In 10 Monaten können keine hochqualifizierten Mörder ausgebildet werden. Doch es wird daran gearbeitet: Um eine neue Qualität des Heeres (KRK und HVK) zu erreichen, wurde von Willmann 1996 die Richtung vorgegeben: 1998 soll eine „neue Qualität der Ausbildung” erreicht werden. Um „im Jahre 2000 mit einer neuen Qualität des Heeres” aufwarten zu können, was „Abschluß aller Maßnahmen strukturell, rüstungsplanerisch und bezüglich der Ausbildung” bedeutet. Für die 10monatige Wehrpflicht heißt das: „Höherer Zeitansatz für individuelle Fähigkeiten (Schießausbildung, Sanitätsausbildung, körperliche Leistungsfähigkeit)“ ... „erlebnisorientierte Ausbildung (2x in der Vollausbildung eine Biwakwoche)”, für alle Soldaten soll gelten: „regelmäßiges Training in Gefechtsübungszentren (... - alle Kompanien, ohne Unterschied zwischen HVK und KRK, zweimal in 3 Jahren 10 Tage)” und das vorgesehene körperliche Fitneßprogramm „umfaßt täglichen Sport bzw. Ausdauertraining, monatlichen Fußmarsch 20/30 km mit Test zweimal pro Jahr”. Na, mit diesen Jungs kann das Kapital ja noch was anfangen. Und wenn das alles nichts hilft, dann werden die Wehrpflichtigen mit einem „Krisenausbildungsprogramm” kampffähig gemacht. Im selben Papier steht: „In der Krise wird die Verteidigungsfähigkeit durch Aufwuchs und Mobilmachung, sowie durch ein Krisenausbildungsprogramm hergestellt - das deutsche Heer wächst von 233.000 auf 500.000 Mann an - und ist dann in der Lage 7 Divisionen bzw. 26 Kampftruppenbrigaden breitzustellen.” (Pressemappe, Streitkräftestrukturen „Neue Qualität des Heeres”; Pressegespräch am 14.5.1996 in Bonn; hier zitiert aus dem Eingangsstatement des Inspekteurs des Heeres, Generalleutnant Helmut Willmann)

17 IMI-Infoblatt Nr.2: „Die Struktur der neuen Bundeswehr“, Informationsstelle Militarisierung, Tübingen, 3. Auflage, April 1998.

18 IMI-Infoblatt Nr.3: „Das Kommando Spezialkräfte (KSK)“, Informationsstelle Militarisierung, Tübingen, 1997.

19 Unteroffiziers- und Offizierslehrgänge: Vor jedem Aufstieg zu einem höheren Dienstgrad, muß ein Berufssoldat einen Lehrgang absolvieren. Die Lehrgänge der Unteroffiziere, Stabsunteroffiziere und Feldwebel sind dabei besonders hart: Nur wer mal so richtig getreten wurde, kann auch gut weitertreten. Neben diesem Drill und den harten körperlichen Anforderungen werden die Soldaten auch auf ihre „Führerfunktion” bei der Bundeswehr vorbereitet und noch mal richtig auf das „Vaterland der Monopole” eingeschworen. Dieser letzte (politische) Teil spielt dann ab Feldwebellehrgängen („Abteilungsleiter”!) eine noch größere Rolle, sind sie doch diejenigen, die die ihnen unterstellten Soldaten im richtigen Geiste erziehen sollen.

20 IMI-Spezial „Kosovo, ein Kriegseinsatz mit der Bundeswehr?” von Informationsstelle Militarisierung, Tübingen.

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