Für Dialektik in Organisationsfragen
Der Kampf gegen die Rüstungskonzerne ist – wie der Kampf gegen den Militarismus – unlöslich mit dem Namen Karl Liebknechts und seinen mit den Rüstungskapitalisten geführten Auseinandersetzungen und dazu im Reichstag und bei anderen politischen Versammlungen gehaltenen Reden verbunden. Nachstehend aus den dazu von ihm verfassten Schriften einige Auszüge. Bezogen auf die heutigen von den Kriegstreibern und Aufrüstungsbefürworten aus fast allen politischen Lagern hochgeputschten Kriegs- und Waffenlieferungs-Diskussionen liefern sie evtl. einige nützliche Argumente. An einem aktuellen Beispiel lässt sich dabei nachvollziehen, wie die Hochrüstung und Militarisierung der Gesellschaft in der BRD von den Politik-Verantwortlichen – angeführt vom SPD-Kanzler – vorangetrieben wird.
In seiner Schrift „Krieg dem Kriege“ schrieb Karl Liebknecht zu dieser Politik: „Der äußere wie der innere Militarismus ist ein Werkzeug in den Händen der herrschenden Klassen für die Interessen der herrschenden Klassen. Er ist die festeste Schutzwehr und wirksamste Unterdrückungs- und Ausbeutungsinstrument der herrschenden Klassen. Er gibt diesen die Möglichkeit, auch gegen den Willen der großen Mehrheit des Volkes wenigstens für geraume Zeit ihre Herrschaft aufrecht zu erhalten, und ist ein Hindernis der friedlich organischen Fortentwicklung der Gesellschaft. Er ist eine immer unerträglichere, wirtschaftliche, politische und moralische Last für die Masse des Volkes und eine Gefährdung des Völkerfriedens.“
Bekanntermaßen sichert die Ampelregierung den Völkerfrieden insbesondere mit den Waffenlieferungen an die Ukraine und Aufträgen und Aufforderungen an die Rüstungskapitalisten, ihre Produktion anzuheizen. Hierbei verdient sich zurzeit an erster Stelle die Rheinmetall AG eine goldene Nase. Nach einer Info in der jungenWelt (jW) hat die Financial Times in einem Bericht festgestellt, dass weltweit kein Rüstungskonzern so stark vom „Revival (das heißt „Wiederbelebung“, L.J.) der europäischen Verteidigungspolitik” profitiert wie Rheinmetall. Die Düsseldorfer rechnen bis 2026 mit einer Verdopplung des Umsatzes auf bis zu 14 Milliarden Euro (siehe junge Welt vom 24.02.2024, „Ampel zerlegt den Sozialstaat“).
Damit es so weiter geht, gründet Rheinmetall wie in der Ukraine in einer Reihe anderer Länder weitere Rüstungsbetriebe. Hierbei wurden in der BRD unter großem Tamtam unter Anwesenheit von SPD-Kanzler Scholz, der Ministerpräsidentin Mette Frederiksen von Dänemark und Kriegsminister Pistorius die ersten „symbolischen Spatenstiche“ für eine neue Munitionsfabrik in dem Ort Unterlüß im Landkreis Celle in Niedersachsen getan. Dazu heißt es in der entsprechenden Pressemitteilung der Rheinmetall AG am 12. Februar 2024: „An der Feierlichkeit nahmen zahlreiche weitere hochrangige Vertreter aus Politik, Verwaltung, Streitkräften und Industrie teil.“
Vom Rheinmetall-Vorstandsvorsitzenden Armin Pappberger hörten sie dabei: „Zur Sicherung der strategischen Souveränität Deutschlands im Bereich der Munitionsherstellung schaffen wir eine nationale Produktionsstätte, die neue Maßstäbe setzt und vor allem die Versorgung der Bundeswehr sicherstellen wird.“
In der Pressemitteilung wird erklärt, auf welchem Wege und womit vor allem die „strategische Souveränität“ der BRD gesichert wird: „Das ,Werk Niedersachsen’ wird künftig Artilleriemunition, Sprengstoff und Komponenten für Raketenartillerie herstellen. Rund 200.000 Artilleriegranaten sollen hier künftig pro Jahr entstehen, sowie bis zu 1.900 Tonnen RDX-Sprengstoff und optional weitere Komponenten zur Herstellung von Munitionsladungen. Außerdem soll vor Ort die Produktion von Raketenantrieben und ggf. von Gefechtsköpfen erfolgen, wie sie z. B. für das geplante deutsche Raketenartillerie-Projekt benötigt werden.“
Wer hierbei von den „neuen Maßstäben“, dem ganzen Arsenal von Mordwaffen profitiert, ist damit auch schon geklärt. Karl Liebknecht schrieb dazu 1913/1914: „Daß die Kriegsindustrie goldene Früchte trägt, das ist eine Tatsache, die längst bekannt ist und die es begreiflich erscheinen läßt, weshalb mit einer solchen ungeheuren Gier, mit solchen Mitteln der rücksichtslosesten Vergewaltigung in der Kriegsindustrie gearbeitet wird. Man kann sagen: Die Rüstungsindustriellen pflücken goldene Äpfel im Garten der Hesperiden (Gestalten aus der griechischen Mythologie, L.J.), während die Völker allenthalben im Elend dahin leben, bedrängt von Kriegsgefahren.“ („Liebknecht contra Rüstungskapital“, Dietz Verlag Berlin 1961, Seite 91)
Wer die „goldenen Äpfel“ fürs Rüstungskapital in der BRD zahlen soll, hat abgesehen von FDP-Finanzminister Lindner und die Kapitalverbände Kanzler Scholz im Februar (16.bis19.) auf der sogenannten Münchner Sicherheitskonferenz angedeutet: Es könnten Kürzungen bei Renten und Sozialausgaben nötig sein, um die Verteidigungsausgaben langfristig zu erhöhen. „Deutschland investiert dieses Jahr und auch in den kommenden Jahren, in den Zwanziger-, den Dreißigerjahren und darüber hinaus zwei Prozent seines Inlandsprodukts in die Verteidigung.“ Dem hat er hinzugefügt: „Mein Ziel ist es, dass wir nach dem Auslaufen des Sondervermögens die Ausgaben für die Bundeswehr aus dem allgemeinen Haushalt finanzieren.“ Nach einer Berechnung der Zeitschrift „Der Spiegel“ würden hierbei die Rüstungsausgaben von aktuell 51,9 Milliarden Euro bis 2028 auf 107, 8 Milliarden Euro steigen. (siehe junge Welt vom 24.02.2024, „Ampel zerlegt den Sozialstaat“)
„Brutal, robust, voll zynischen Hohns gegen alle Argumente und Methoden einer sozusagen feineren Gesittung, wie der Militarismus selbst, diese konzentrierte systematisierte Rohheit der Gewalttätigkeit – so ist die Rüstungsindustrie. Ungeheuerlich in ihren Kräften, unersättlich in ihren Ansprüchen, leidenschaftlich in ihrem Profitwillen. Gefüttert mit den sauren Groschen der Armen, die sie in süße Millionen für Geldfürsten wandelt. Umflossen von dem Heiligenschein eines teils philisterhaften, teils marktschreierischen, teils in trüben Spekulationen entarteten ,Patriotismus’ dessen heuchlerische Verächtlichkeit vielfach so weit geht, daß die Heuchelei aufhört, bewußt zu Sein. Und nicht gedeihend bei Glück, Freiheit und Frieden der Völker, sondern bei Zwietracht, Kriegsgefahr, Krieg, die ihre Nahrung bilden: Je mehr Völkerhaß, um so mehr Profit! Durch ihr innerstes Wesen international, weit über alle Landesgrenzen hinaus solidarisch im Interesse an der gegenseitigen Verhetzung der Völker, die innere und äußere Skrupellosigkeit des Kapitalismus übergipfelnd. Und voll Interesse gerade an einem bestimmenden Einfluß auf die Politik, vor allem auf die äußere, auf die Staatsgewalt und alle politischen Machtfaktoren, durch die das heillose Feuer des Völkerhasses geschürt, der ,Gefahr’ friedlicher Entwicklung entgegengewirkt werden kann, die aber gleichzeitig die höchst opulenten Auftraggeber sind.
Kein Band irgendwelcher moralischer Rücksicht könnte fest genug sein, um die von solcher Psychologie vorangetriebenen wilden, eigensüchtigen Profitinstinkte des Rüstungskapitals zu hemmen. Jeder Damm wird überflutet, den nicht Geschäftsklugheit aufrichtet. (...)“
So charakterisierte Karl Liebknecht die kapitalistische Rüstungsindustrie, und stellte fest: „Schließlich besitzt der Militarismus als Arbeitgeber ein beträchtliches Mittel zur Beeinflussung der Bevölkerung. Ein großes Arbeiterheer ist ihm untertan. Die Militärlieferanten haben ihre recht kräftigen Hände mit an der Kurbel unserer Staatsmaschinerie. Wenn sie auch schon beim bewaffneten Frieden ihr Schäflein scheren, so winkt ihnen im Krieg hundertfältige Frucht. Daher sind sie ganz gefährliche Kriegstreiber.“
Es ist höchste Zeit, in Betrieben und Gewerkschaften gegen den Militarismus und gegen das Paktieren der Gewerkschaftsführungen mit dem Militarismus den Kampf aufzunehmen. Nicht gegen angebliche äußere Feinde müssen wir uns rüsten, sondern beherzigen, was Karl Liebknecht schon 1915 in einem Flugblatt verbreitet hat:
„Der Hauptfeind jedes Volkes steht in seinem eigenen Land!
Der Hauptfeind des deutschen Volkes steht in Deutschland: der deutsche Imperialismus, die deutsche Kriegspartei, die deutsche Geheimdiplomatie“. (www.mlwerke.de/kl/kl_001.htm)
Ludwig Jost
Soweit bei den Zitaten von Karl Liebknecht keine anderen Quellenangaben angegeben sind, sind sie entnommen aus: Karl Liebknecht, Gesammelte Reden und Schriften, Bd. VI, S 297-299, zitiert nach „Militarismus – Antimilitarismus“, Marxistische Taschenbücher, Verlag Marxistische Blätter
Spatenstich für eine neue Munitionsfabrik von Rheinmetall im niedersächsischen Unterlüß. Von links nach links: Armin Papperger, Vorstandsvorsitzender der Rheinmetall AG, die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen, der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und der deutsche Kriegsminister Boris Pistorius
Karl Liebknecht 1918