KAZ-Fraktion: „Ausrichtung Kommunismus”
Unberührt von Kritik aus aller Welt, Widerstand – vereinzelt auch militärischem – aus den Reihen der Palästinenser setzt die israelische Regierung, abgesichert durch die Trump-Administration in den USA, aber v.a. auch mit Rückendeckung der Bundesregierung, ihre völkerrechtswidrige Besatzungspolitik im Nahen Osten fort.
Bereits 1967 wurde Ostjerusalem de-facto annektiert (1980 dann auch offiziell) und Jerusalem als „ewig vereinte Hauptstadt des Jüdischen Volkes“ ausgerufen.
Ebenso wurden die zu Syrien gehörenden, seit 1967 im Rahmen des Sechs-Tage-Krieges besetzten Golanhöhen 1981 (unter Ministerpräsident M. Begin) annektiert.
Die Westbank und Gaza stehen seit 52 Jahren unter israelischer Militärkontrolle und Besatzung. Nun aber setzt Ministerpräsident Netanjahu zusammen mit den Siedlerparteien seiner Regierung die offene Annexion der besetzten Gebiete im Westjordanland auf die Tagesordnung.
Die Kontinuität seit 52 (wenn nicht 72) Jahren: die Rechte der Palästinenser werden mit Füßen getreten – sowohl innerhalb des israelischen Staatsgebietes wie auch in den besetzte Gebieten.
Zementiert wird die Politik der israelischen Regierung durch das 2018 verabschiedete „Nationalitätengesetz“, das Israel zum Staat der Juden erklärt und das Recht auf Selbstbestimmung allein für jüdische Israelis in Verfassungsrang und Staatsauftrag hebt – im Merkel’schen Sprachgebrauch: „Staatsräson“.
Palästinensische Israelis (auch israelische Araber genannt) wurden bis 1966 unter Militärrecht gehalten und auch seither zu Staatsbürgern 2. Klasse degradiert, den zahlreiche elementare Rechte systematisch vorenthalten werden – hierzu zählen v.a. die Rechte über die Kontrolle, Besiedelung und Nutzung von Land.
In den besetzten Gebieten „Großisraels“ (außerhalb des völkerrechtlich anerkannten Staatsgebietes) besteht hingegen ein ziemlich offenes Apartheidsystem. Die israelische Regierung beherrscht die Gebiete, seine Ressourcen und vor allem die Millionen der darin lebenden Palästinenser mittels militärischer Besatzung – d.h. mittels offenem Militärrecht, Militärbefehlshabern sowie mit tausenden von „military orders“, die sämtliche Bereiche im Großen wie im Kleinen betreffen: von Grenzen, Importen, Exporten, Währung und Banktransaktionen über Bewegungsfreiheit und Verfügungsgewalt über Land und Ressourcen bis hin zum Einkauf von Lebensmitteln und Bearbeitung landwirtschaftlicher Flächen und den Hausbau.
Das System der gleichwohl fortbestehenden Besatzung der „Westbank“ unterteilt diese seit den Oslo-„Friedens“- und „Übergangs“-Abkommen (1993 und 1995), also seit einem Vierteljahrhundert, in verschiedene Bereiche, weil dieses Gebiet kein zusammenhängendes ist, sondern durch den „Friedensprozess“ vollständig fragmentiert wurde: in sog. Autonomiegebiete“ (A-Zonen), gemischt kontrollierte (B-Zonen) und ausschließlich israelisch kontrollierte C-Zonen (in denen auch die illegalen jüdischen Siedlergebiete liegen)
Ein „Flickenteppich“ also, nach südafrikanischem Vorbild auch „Bantutanisierung“
genannt.
Die C-Zonen umfassen 60% des Westjordanlands und stehen vollständig unter israelischer Militärverwaltung, in den B-Zonen ist die palästinensische „Autonomiebehörde“ für zivile Aufgaben zuständig (Schulen. Müllabfuhr) aber nur die Besatzungsmacht hat dort über „Sicherheit“ (also Polizei, Armee ...) das Sagen.
Die Verbindungen zwischen diesen kolonial-ähnlich unterteilten Gebieten werden durch zig Checkpoints des israelischen Militärs kontrolliert, geöffnet oder nach Bedarf blockiert.
Unter Militärrecht und Militärbesatzung sind die Palästinenser der Willkür das Militärs nicht nur weitgehend, sondern vollständig rechtlos ausgeliefert.
In anderen Worten: Israel ist, in Abwandlung des bekannten Slogans: „Die einzige Demokratie des Nahen Ostens, – die eine offene Militärdiktatur ausübt“ (über nun fast 50% der Bevölkerung des gesamten Landes).
Selbst nach israelischem und Militärrecht zu ahndende offensichtliche Gewaltverbrechen israelischer Siedler und Soldaten haben meist keine Konsequenzen. Das betrifft das offenen Land und seine Dörfer (die C- und B-Gebiete), aber auch angeblichen Autonomiegebiete (die A-Zonen).
Vor allem gilt dieser Freibrief für mörderische Gewalt dem Gazastreifen, dessen illegale Blockade für die dort lebenden Palästinenser unerträgliche Lebensbedingungen geschaffen hat und der längst zu einem dicht besiedelten Freiluftgefängnis geworden ist.
Die von der UNO einberufenen unabhängige Untersuchungskommission zu den gewaltlosen palästinensischen Demonstrationen und Massenprotesten rund um den „Marsch zur Rückkehr“ im Verlaufe des Jahres 2018, die innerhalb Abriegelungszauns um den Gazastreifen stattfanden, belegt in dem am 18.März 2019 vorgelegten Abschlussbericht1: „Die israelische Armee tötete 183 Menschen mit scharfer Munition und verletzte 6106 weitere, darunter 79 Personen, die als Gesundheitspersonal, bzw. Presse zu erkennen waren. Mit Ausnahme von zwei Fällen wertete die Kommission den Einsatz scharfer Munition als ungesetzlich und die Tötung und Verletzung protestierender Palästinenser als international strafbare Verbrechen,. Keiner der eingesetzten Soldaten hat jedoch Konsequenzen zu befürchten.“
Jeder der es wagt, israelische Politik zu kritisieren, wird mit der Keule des Antisemitismus bedroht. In Israel wie bei uns im Land.
Während Deutschland die Militärkooperation mit Israel fortlaufend erweitert, wird von staatlichen Stellen und in den Medien fast jede Kritik an Israel und seiner unmenschlichen Besatzungspolitik in den Rang der „Staatsräson“ erhoben und folglich als antisemitisch diffamiert. In diesem Sinne hat der deutsche Bundestag am 17.5.19 auf Antrag von CDU, SPD, FDP und Grünen einen Beschluss gefasst, der Aufrufe zu politischem, diplomatischem, wirtschaftlichen und zivilgesellschaftlichen Druck auf Israel – wie etwa durch die Kampagne BDS2 – kriminalisieren und unter Strafe stellen soll.
Diese Politik ist nicht nur eine Beleidigung für alle aufrechten Antifaschisten und eine Pervertierung des „Buchenwaldschwurs“. Diese von Staat und bürgerlicher Presse betriebene Kumpanei mit der Besatzung erleichtert auch dem Spektrum von konservativen bis zu faschistischen Kräften in unserem Land, die Verbrechen des deutschen Faschismus zu verharmlosen und selbst eine immer aggressivere Politik nach außen wie nach innen zu verfolgen.
Ob gewollt oder nicht: dem Gedenken an den Holocaust und dem daraus erwachsenen Auftrag wird das in keinster Wiese gerecht und damit – entgegen allen Behauptungen oder Wünschen – die tatsächliche Bedrohung hier lebender Juden aus dem Fokus genommen.
Wir stellen fest:
Antisemitismus ist eine besondere Art des Rassismus. Wie dieser dient er der Monopolbourgeoisie als ideologische Waffe, endlich auch als Kriegswaffe.
Antisemitismus muss wie alle Formen der Diskriminierung, egal ob Antiziganismus, Antiislamismus oder antiislamischer Rassismus entschieden bekämpft werden.
Eine „Staatsräson“, die eine grausame und zutiefst rassistische Militärdiktatur wie die israelische Besatzung unter besonderen staatlichen Schutz stellt, steht diesem Kampf entschieden entgegen.
Um Missverständnissen vorzubeugen, stellen wir außerdem fest: die jüdischen Staatsbürger Israels haben ein Recht auf ein Leben in Würde und Frieden.
Die Palästinenser – ob staatenlos oder in Israel haben ein Recht auf Widerstand gegen eine israelische Politik, die ihnen die gleiche Rechte gewaltsam vorenthält.
Wir haben die Pflicht für beide Rechte einzutreten: d.h. nicht nur für das jüdische Recht auf eine gleichberechtigtes Leben ohne Verfolgung und Bedrohung (in Frieden und Würde), sondern ebenso für die selben elementaren Rechte der grausam unterdrückten Palästinenser.
Gleiche Rechte für alle bedeutet:
– Volle politische Rechte für alle Palästin-
enser – in den besetzten Gebieten wie innerhalb Israels!
– Die israelische Militärbesatzung und die Blockade Gazas müssen beendet werden!
– Schluss mit der deutschen Unterstützung des israelischen Besatzungsregimes!
Vom AK Palästina der „Fraktion Ausrichtung Kommunismus“ und unserem Korrespondenten in Ramallah.
1 Medico International, Rundschreiben 1/19, S. 28
2 BDS – Boycott, Divestments and Sanctions – eine zivilgeselleschaftliche palästinensische Kampagne nach Vorbild der Anti-Apartheidsbewegung, die sich nicht gegen Juden richtet, sondern gegen das Okkupationsregime Israels und im Besonderen gegen den Export von Waren aus den besetzten Gebieten.