KAZ
Lade Inhalt

Hartz gegen Arbeiterklasse – Der Weg ins Jammertal

„Wir haben vergebens gehofft und geharrt“

(Heinrich Heine, Die schlesischen Weber)

Peter Hartz, VW-Manager, war im vorigen Jahr gemeinsam mit anderen Vertretern des Monopolkapitals (z.B. Deutsche Bank, Deutsche Bahn, BASF) vom Kanzler in eine Kommission berufen worden, die sich mit der chronischen Massenerwerbslosigkeit in der BRD beschäftigen sollte[1].

Warum ausgerechnet die?
Hat nicht gerade die Bourgeoisie das größte Interesse an der Aufrechterhaltung der Erwerbslosigkeit, an einer großen industriellen Reservearmee, mit der sie manövrieren kann, die die Löhne drückt und die Konkurrenz unter den Arbeitern vergrößert?

Sieht man sich die Hartz-Vorschläge und die daraus entstandenen Hartz-Gesetze an, dann findet man allerdings auch keinen einzigen Vorschlag, der den Wunsch zeigt, Arbeitsplätze zu schaffen, und sei es nur einen einzigen. Nicht ein Wort finden wir von der Errichtung von Produktionsstätten, von Schienenwegen, von Wohnungen, von Krankenhäusern, von Kultur- und Forschungszentren, von staatlichen Aufträgen über Arbeiten, die die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen verbessern.

Und tatsächlich geht es darum auch nicht. Die Hartz-Gesetze sind einer Zwangslage der Bourgeoisie geschuldet, deren Ursache die allgemeine Krise des Kapitalismus ist.

Bereits Mitte des 19. Jahrhunderts haben Marx und Engels im Kommunistischen Manifest dargelegt, worin das Dilemma der heutigen herrschenden Klasse, der Kapitalistenklasse besteht, und diese Wahrheit wurde in den letzten 150 Jahren der großen Kriege und Arbeiterrevolutionen bestätigt:

Alle bisherige Gesellschaft beruhte, wie wir gesehn haben, auf dem Gegensatz unterdrückender und unterdrückter Klassen. Um aber eine Klasse unterdrücken zu können, müssen ihr Bedingungen gesichert sein, innerhalb derer sie wenigstens ihre knechtische Existenz fristen kann. Der Leibeigene hat sich zum Mitglied der Kommune in der Leibeigenschaft herangearbeitet wie der Kleinbürger zum Bourgeois unter dem Joch des feudalistischen Absolutismus. Der moderne Arbeiter dagegen, statt sich mit dem Fortschritt der Industrie zu heben, sinkt immer tiefer unter die Bedingungen seiner eigenen Klasse herab. Der Arbeiter wird zum Pauper[2], und der Pauperismus[3] entwickelt sich noch schneller als Bevölkerung und Reichtum. Es tritt hiermit offen hervor, dass die Bourgeoisie unfähig ist, noch länger die herrschende Klasse der Gesellschaft zu bleiben und die Lebensbedingungen ihrer Klasse der Gesellschaft als regelndes Gesetz aufzuzwingen. Sie ist unfähig zu herrschen, weil sie unfähig ist, ihrem Sklaven die Existenz selbst innerhalb seiner Sklaverei zu sichern, weil sie gezwungen ist, ihn in eine Lage herabsinken zu lassen, wo sie ihn ernähren muss, statt von ihm ernährt zu werden. Die Gesellschaft kann nicht mehr unter ihr leben, d.h., ihr Leben ist nicht mehr verträglich mit der Gesellschaft.“[4]

Noch sind wir es, die Arbeiter und anderen Werktätigen, die die Bourgeoisie ernähren. In Zeiten der Vertiefung der allgemeinen Krise des Kapitalismus, des Anwachsens der Massenerwerbslosigkeit ohne jede Aussicht, dass dieser Zustand in absehbarer Zeit wieder aufhört, rückt der im Kommunistischen Manifest dargestellte Widerspruch in eine für die Bourgeoisie bedrohliche Nähe. Dass sie den Arbeiter in eine Lage herabsinken lassen muss, „wo sie ihn ernähren muss, statt von ihm ernährt zu werden“, heißt: Revolution – oder Sicherung der Maximalprofite durch Neuaufteilung der Welt, durch Krieg.

Das bewährteste Mittel, den Ausbruch dieses Widerspruchs aufzuschieben, ist für die Bourgeoisie seit eh und je der Versuch, die Arbeiter selbst ihr Elend bezahlen zu lassen. Das geschieht sowieso durch verschiedene Arten von Steuern, die den Arbeitern und Angestellten auferlegt sind, aus denen aber nur zum kleinsten Teil Fürsorgeleistungen gezahlt werden – der größte Teil wird für höhere Zwecke, für die Bourgeoisie und ihre Kriege, ihre Armee, ihre Polizei, ihre Gerichte und Gefängnisse, ihre Infrastruktur für Ausbeutung und Märkte, ihre Einflussnahme auf andere Länder usw. gebraucht.

Geburt und Pleite der Arbeitslosenversicherung

1927 im Vorfeld der heraufziehenden Weltwirtschaftskrise sah man sich veranlasst, ganz neue Wege zu gehen: man kam auf die grandiose Idee, die Arbeiter dafür haftbar zu machen, dass sie von den Kapitalisten auf die Straße geschmissen werden, ihnen von vornherein für diesen Fall einen Lohnbestandteil abzuzwacken und vorzuenthalten. Die Arbeitslosenversicherung war geboren[5] . Natürlich hat diese Versicherung nie wirklich funktioniert – dazu war damals und ist heute die Erwerbslosigkeit zu hoch, und diese Erscheinung war und ist chronisch und kein einmaliger Unfall mit vorübergehenden Folgen[6]. Deshalb kann von den Einzahlungen der Arbeiter nur ein Teil der Erwerbslosen einigermaßen über Wasser gehalten werden – mindestens 1,6 Millionen (Stand Anfang des Jahres 2003) müssen dann doch von Steuergeldern statt von der Arbeitslosenversicherung ernährt werden. Dabei ist diese Zahl, die sich auf die Arbeitslosenhilfeempfänger bezieht, viel zu niedrig gegriffen, da ja noch ein großer Teil Erwerbsloser nicht mal das, sondern bestenfalls Sozialhilfe bekommt, und es auch einen ganzen Teil Erwerbstätiger gibt, die so einen Hungerlohn bekommen, dass sie auf Sozialhilfe angewiesen sind. Und dann gibt es noch die große Zahl von Erwerbslosen, die überhaupt keine Stütze bekommen – entweder, weil diese Gesellschaft von ihnen verlangt, dass sie ihrer Familie auf der Tasche liegen sollen (das betrifft vor allem junge Arbeiter) oder, weil ihnen die Kraft oder die Traute oder das Wissen für die Antragstellung fehlt, denn all das braucht man auch noch, um zum Sozialamt zu gehen.[7]

Im Übrigen wird das generelle Problem, dass die Arbeitslosenversicherung bei chronisch wachsender Erwerbslosigkeit und damit auch automatisch abnehmenden Beitragszahlern, noch dadurch verschärft, dass der unverschämte Griff in die Kassen dieser Versicherung durch Staat und Kapital gesetzlich verankert ist. So wurden z.B. im Jahr 2001 92,5 Milliarden DM Beiträge eingenommen, aber nur 51 Milliarden DM wurden für Arbeitslosengeld einschließlich Rentenbeiträge ausgegeben. Der Rest ging im Wesentlichen drauf für „Leistungen der aktiven Arbeitsförderung“, ein buntes Gemisch aus manchen für Erwerbslose wirklich notwendigen Leistungen und Geschenken an die Kapitalisten unter allen möglichen Etiketten.[8]

So ist also die Lage:

Mehrere Millionen Menschen arbeiten nicht, müssen ernährt werden, aber das Einkommen und die entsprechenden Abgaben der Arbeitenden reichen immer weniger aus, um diese Menschen zu ernähren. Und dieses Einkommen sinkt auch noch ständig. Dagegen hilft keine Versicherung. Auf Grund dieser Tatsache ging die Weimarer Republik Pleite und ist heute schon das gesamte Gebiet der einverleibten DDR einschließlich Westberlin geschlossen Pleite gegangen. Dabei ist das noch nicht das Ende der Fahnenstange: Bayern verzeichnete im Februar den höchsten Anstieg an Erwerbslosen von allen Bundesländern.

Im vorigen Jahr kam es selbst in den Führungsetagen der SPD zum lautstarken Ruf nach Wiedereinführung der Vermögenssteuer. So sehr liegt es auf der Hand, dass diese Gesellschaft bald in ein unüberschaubares Chaos rutscht, wenn die Arbeiter, die nicht mehr für die Bourgeoisie arbeiten „dürfen“, bald so viele werden, dass sie von der Arbeiterklasse nicht mehr miternährt werden können.

Vergrößerung der industriellen Reservearmee

Wie sollen nun die Hartz-Gesetze diese Entwicklung mildern oder vermeiden: Nicht durch Abschaffung der Arbeitslosenversicherung – diese Einrichtung wird weiterhin gebraucht, um die Arbeiter wenigstens für einen gewichtigen Teil der Massenverelendung zur Kasse zu bitten und vor allem, um die Ware Arbeitskraft da, wo sie noch am frischesten und verkäuflichsten ist, nicht ganz verkommen zu lassen. Beim Arbeitslosengeld gibt es neue Schikanen (z.B. Arbeitslosmeldung bei Kündigung, verschärfte Zumutbarkeit), die alle darauf hinauslaufen, die Arbeitskraft von gerade erst rausgeworfenen Arbeitern möglichst bald wieder zu verwerten. Es gibt aber keine Abstriche bei der Versicherungsleistung, außer der „Kleinigkeit“, dass den älteren Erwerbslosen laut Kanzlerwort die Anspruchsdauer zusammengestrichen werden soll – also genau den Arbeitslosengeldempfängern, deren Arbeitskraft für das Kapital sowieso ein Ladenhüter ist. Drastische Abstriche soll es geben bei den Leistungen aus Steuergeldern, bei der Arbeitslosenhilfe – das betrifft die Langzeiterwerbslosen, deren Arbeitskraft für das Kapital nicht mehr frisch genug ist, und die nach der Devise „Jeder ist seines Glückes Schmied“ Ich-AGs und Billig-Jobs nachjagen dürfen.

Was bewirkt werden soll, ist:
Die industrielle Reservearmee (bisher im Wesentlichen das Erwerbslosenheer) soll vergrößert und ergänzt werden durch Massen von Tagelöhnern und Saisonarbeitern, die durch Zumutbarkeitsregelungen und Entzug von Versicherungsleistungen in Scheinselbstständigkeit und sonstige prekäre Jobs gedrängt wurden, die am Rande des Existenzminimums vegetieren, auf die die Kapitalisten jederzeit zugreifen können, die sich selbst gerade noch ernähren können und die Bourgeoisie dazu. So versucht die Bourgeoisie das im Kommunistischen Manifest genannte Dilemma aufzuschieben. Die Hartz-Kommission hat gute Arbeit geleistet. Irgend einen Arbeitsplatz zu schaffen war sowieso nie ihre Aufgabe gewesen.

Die Tendenz, die industrielle Reservearmee um Scharen von Tagelöhnern und Saisonarbeitern aufzufüllen, Arbeiter in die Scheinselbstständigkeit zu drängen, ist allerdings längst da und keine Erfindung von Hartz. Sogar Staatsbetriebe graulen seit Jahren Arbeiter und Angestellte raus oder verlängern befristete Verträge nicht, um sie dann durch „Outsourcing“ als „Selbstständige“ am selben Arbeitsplatz wieder zu begrüßen. Befreit von der Stempeluhr, vom Kündigungsschutz und jeglichen Sicherungen, dürfen diese Glücklichen dann schuften bis zum Umfallen[9].

Die Hartz-Gesetze und die sie begleitenden Gesetze und Verordnungen werden das erleichtern und zur Norm machen. Und sie beflügeln die Phantasie mancher Herrschaften ungemein: So spielen die Chefs der Berliner Verkehrsbetriebe allen Ernstes mit dem Gedanken, die Busse in der Stadt an die Busfahrer zu verkaufen, die dann als Ich-AG selber sehen sollen, wie sie die Menschen durch die Stadt bringen. Sie haben Hartz wirklich verstanden, auch wenn sie sonst nichts verstehen: es geht nicht im Mindesten um die Absenkung der Erwerbslosigkeit. Es geht um die verschärfte Ausbeutung der Arbeiter bei möglichst vollständiger Übertragung des „unternehmerischen Risikos“ auf die Arbeiter.

Meine Rostlaube – mein Handy – mein Wohnstübchen – meine Ich-AG

Diese Art der verschiebbaren und flexiblen Reservearmee hat – vor allem was die „Ich-AG“ betrifft – sehr viel mit bestimmten neu entwickelten Zweigen der Produktivkräfte zu tun.

Im 19. und vor allem im 20. Jahrhundert wurden Maschinen erfunden, die sich von den großen Industriemaschinen ganz wesentlich unterscheiden: Ein Mensch reicht zu ihrer Bedienung, dennoch sind sie äußerst leistungsfähig. Sie können zugleich der Produktion und Konsumtion dienen, werden schließlich so massenhaft produziert, dass sie sich ein großer Teil Arbeiter von ihrem Lohn leisten kann. Diese Maschinen können im Wohnumfeld oder der Wohnung der Arbeiter genutzt werden. Sie werden erst mal für den eigenen Bedarf genutzt – in guten Zeiten...

In den zwanziger Jahren war es vor allem die Nähmaschine, die vom Werkzeug für den eigenen Bedarf von vielen Arbeiterfrauen notgedrungen zur Warenproduktion genutzt wurde. Die kleine Wohnung wurde zur Werkstatt. Und jetzt kommt die Nähstube in der Arbeiterküche wieder. In einer Fernsehsendung des SFB, in der klipp und klar gesagt wurde, dass es einfach keine Arbeitsplätze in der Stadt gibt, wurde eine Näherin interviewt, die nach langer Erwerbslosigkeit ihre Nähkünste als Ich-AG anbieten will. Als tolle Geschäftsidee wurde das gelobt. Da muss man erst mal drauf kommen.

Im 19. Jahrhundert wurde das Auto erfunden. In den zwanziger und dreißiger Jahren wurde seine massenhafte Produktion möglich. Die Nazis versprachen, dass jeder sich einen KdF-(Kraft-durch-Freude)-Wagen zusammensparen kann. Das Geld der Arbeiter wurde stattdessen in den Krieg gesteckt. Nach dem Krieg kam dann nach wenigen Jahren der KdF-Wagen als VW-Käfer in Westdeutschland auf den Markt – Status-Symbol des „Wirtschaftswunders“ und ideologische Waffe gegen die DDR. Das Auto vermittelte das Gefühl des „freien Bürgers“. Heute ist es schon eine gewaltige Erschwernis, Arbeit zu suchen, ohne im Besitz eines Autos zu sein. Dieser Tendenz wird die Erfindung der Ich-AG kräftig nachhelfen: Wenn die Scheinselbstständigkeit noch ausgeweitet wird, wenn Kuriere, Chauffeure, Vertreter im Außendienst, mobile Dienstleister und Tagelöhner aller Art zu jeder Zeit an jeder Stelle sein müssen, dann wird unser Auto unseren kapitalistischen Ausbeuter zum freiesten aller freien Bürger machen.

Das Telefon war bis in die achtziger Jahre ein schwerfälliges Ding, das zwischen den Arbeiterhaushalten wenig „Geschäftliches“ übertrug. Es gehörte der Post, alles wurde reglementiert, alles wurde kostenlos repariert. All das gehört der Vergangenheit an. Die Reglementierung durch die Post hat aufgehört, die Freiheit ist da! Und die sieht so aus: Mobiltelefone können jeden Arbeiter zu einem Tag und Nacht an jedem Ort und in jeder Lebenslage erreichbaren Sklaven machen, jedes Wohnzimmer kann zur Telefonzentrale werden. Und jeder, der Arbeit sucht, ist schon jetzt viel zu oft über zynische Stellenangebote wie „Telefonieren Sie gerne? Bequem von zu Hause aus arbeiten“ gestolpert.

Die rasante Karriere des PC in den Wohnzimmern – zuerst als Hobbygerät und sehr bald als Produktionsgerät und unverzichtbares Mittel zur Ausweitung der Heimarbeit – war nur durch die massenhafte Nutzungsmöglichkeit des Internet möglich geworden. Und diese Möglichkeit war (da wir es hier mit einer kapitalistischen Gesellschaft zu tun haben) nur gegeben durch die Privatisierung der Post, die Abschaffung des Postmonopols. Unter Nutzung der Verbreitung der privaten PCs beginnen Betriebe, „Telearbeitsplätze“ einzurichten, d.h. reguläre Lohnarbeiter zu Hause arbeiten zu lassen. Dies wird dann gerade arbeitenden Frauen als besonderer Vorzug gepriesen – können sie doch nach Waschen, Putzen, Kochen, Windeln Wechseln, Hausaufgaben Beaufsichtigen noch bis in die Nacht ihrer Lohnarbeit nachgehen[10]. Die andere Form der Heimarbeit an privaten PCs wird in Formen der Scheinselbstständigkeit gemacht – Werbung, Schreibarbeiten, Recherchen, Dateneingabe zu Billigstpreisen und auf eigenes Risiko. Gerade bei Heimarbeit an PCs zeigt sich aber auch der Irrweg dieser Zersplitterung von Produktionsmitteln: es werden täglich tausendfach ähnliche oder genau gleiche Datenmengen hergestellt und bewegt, es wird nichts zentralisiert, das weltweite Netz ist mit chaotischen Datenfetzen gefüllt. Die Konkurrenz untereinander, die Jagd nach Maximalprofit und das daraus resultierende Desinteresse an vernünftigen Produktionsweisen erlaubt es den Kapitalisten gar nicht, die Chance, die das Internet und die immer schnelleren und kleineren Rechner bieten, auch nur ansatzweise zu nutzen.

Verabschieden wir uns also von unseren netten Wohnzimmern, vom Telefonat mit der Oma, von der Fahrt ins Grüne. Auto, Telefon und PC, in früheren Zeiten Kennzeichen eines noch ganz komfortablen Lebens eines großen Teils der Arbeiter, werden mehr und mehr die neuen Wunderwaffen der Bourgeoisie sein, mit denen ein Teil unserer Klasse – ein immer größerer – in das Los der schlesischen Weber Mitte des 19. Jahrhunderts hinabgeschleudert werden soll.

Was ist neu an diesen Plänen?

In der Tat: an der Ich-AG ist nur der Name neu. Diesen „schick und modern“ verpackten Zynismus, von aufrechten Demokraten als „Unwort des Jahres“ deklariert, brachten selbst die Kapitalisten des 19. Jahrhunderts nicht auf. Und dann war ja das 19. Jahrhundert eben das 19. Jahrhundert, und jetzt befinden wir uns im 21. Jahrhundert. Wir kennen Weltraumtechnologie, Atomenergie, Elektronik, Gentechnologie, eine vielfältige Kommunikationstechnologie, Wolkenkratzer von der Stange, Flugzeuge, Hochgeschwindigkeitsfahrzeuge ... alles Ergebnisse einer höchst zentralisierten und konzentrierten Produktion. Und jetzt kommen Funktionäre dieser hoch konzentrierten Produktion, die Positionen in riesigen Betrieben haben, erzählen uns deutsche Kleinbürgermärchen vom Glück des Kleingewerbetreibenden und jagen uns in unseren kleinen Wohnbereich und ins 19. Jahrhundert zurück. Was für ein Rückschritt!

Um zu erfassen, was uns durch so „moderne“ Manager wie Hartz und Co. blüht, die Marx und Engels für alten Schnee halten, können wir getrost auf die Analysen von Marx und Engels zurückgreifen.

Die Arbeiter, die durch die Hartz-Gesetze von Arbeitern mit festem Vertrag in Leiharbeiter, Heimarbeiter, Tagelöhner verwandelt werden sollen, werden von Marx zur „relativen Übervölkerung“ gezählt, zu der auch die Erwerbslosen zählen. Diese Arbeiter bieten „dem Kapital einen unerschöpflichen Behälter disponibler Arbeitskraft. Ihre Lebenslage sinkt unter das durchschnittliche Normalniveau der arbeitenden Klasse, und gerade dies macht sie zur breiten Grundlage eigner Exploitationszweige des Kapitals. Maximum der Arbeitszeit und Minimum des Salairs charakterisieren sie. Wir haben unter der Rubrik Hausarbeit ihre Hauptgestalt bereits kennen gelernt. ... Ihr Umfang dehnt sich, wie mit Umfang und Energie der Akkumulation die ‚Überzähligmachung’ fortschreitet. Aber sie bildet zugleich ein sich selbst reproduzierendes und verewigendes Element der Arbeiterklasse, das verhältnismäßig größeren Anteil am Gesamtwachstum derselben nimmt als die übrigen Elemente.[11]In den noch nicht dem Fabrikgesetz unterworfnen Fabriken und Manufakturen herrscht periodisch die furchtbarste Überarbeit während der sog. Saison, stoßweis infolge plötzlicher Ordres. Im auswärtigen Departement der Fabrik, der Manufaktur und des Warenmagazins, in der Sphäre der Hausarbeit, ohnehin durchaus unregelmäßig, für ihr Rohmaterial und ihre Ordres ganz abhängig von den Launen des Kapitalisten, den hier keine Rücksicht auf Verwertung von Baulichkeiten, Maschinen usw. bindet und der hier nichts riskiert als die Haut der Arbeiter selbst, wird so systematisch eine stets disponible, industrielle Reservearmee großgezüchtet, dezimiert während eines Teils des Jahrs durch unmenschlichsten Arbeitszwang, während des andren Teils verlumpt durch Arbeitsmangel.“[12]

Zu welchen Zuständen die Hausarbeit führt, beschreibt Marx an drastischen Beispielen, in denen auch die Kinderarbeit eine große Rolle spielt. Man muss heute nur daran denken, wie begeistert sich fast alle Kinder an Computer setzen, und man weiß, dass die „Ich-AG“ Kinderarbeit noch viel leichter nach sich zieht als es damals der Fall war. Hier eine dieser Schilderungen, die sicherlich noch (!) nicht den heutigen Zuständen entspricht:

Das Lace finishing wird als Hausarbeit betrieben entweder in sog. ’Mistresses Houses’ oder von Weibern, einzeln oder mit ihren Kindern, in ihren Privatwohnungen. Die Weiber, welche die ’Mistresses Houses’ halten, sind selbst arm. Das Arbeitslokal bildet Teil ihrer Privatwohnung. Sie erhalten Aufträge von Fabrikanten, Besitzern von Warenmagazinen usw. und wenden Weiber, Mädchen und junge Kinder an, je nach dem Umfang ihrer Zimmer und der fluktuierenden Nachfrage des Geschäfts. Die Zahl der beschäftigten Arbeiterinnen wechselt von 20 zu 40 in einigen, von 10 zu 20 in andren dieser Lokale. Das durchschnittliche Minimalalter, worin Kinder beginnen, ist 6 Jahre, manche jedoch unter 5 Jahren. Die gewöhnliche Arbeitszeit währt von 8 Uhr morgens bis 8 Uhr abends, mit 1 1/2 Stunden für Mahlzeiten, die unregelmäßig und oft in den stinkigen Arbeitslöchern selbst genommen werden. Bei gutem Geschäft währt die Arbeit oft von 8 Uhr (manchmal 6 Uhr) morgens bis 10, 11 oder 12 Uhr nachts. In englischen Kasernen beträgt der vorschriftsmäßige Raum für jeden Soldaten 500-600 Kubikfuß, in den Militärlazaretten 1200. In jenen Arbeitslöchern kommen 67-100 Kubikfuß auf jede Person. Gleichzeitig verzehrt Gaslicht den Sauerstoff der Luft. Um die Spitzen rein zu halten, müssen die Kinder oft die Schuhe ausziehn, auch im Winter, obgleich das Estrich aus Pflaster oder Ziegeln besteht.

Hartz: Soll das der letzte Tritt für die DDR sein?

Eins der neuen Zumutungen in den Hartz-Gesetzen ist: Erwerbslose ohne familiäre Bindungen können zu einem Umzug verpflichtet werden – bei Nichtbefolgung drohen Sperre und Entzug des Arbeitslosengeldes.

Da wurde wohl die DDR immer noch nicht genug besiegt, denn gerade in von den BRD einverleibten Gebieten ist die Erwerbslosigkeit so hoch wie nirgends:

Westdeutschland 

Baden-Württemberg 6,4 %
Bayern 8,0 %
Hessen 8,1 %
Rheinland-Pfalz 8,5 %
Hamburg 10,1 %
Saarland 10,1 %
Nordrhein-Westfalen 10,4 %
Schleswig-Holstein 10,5 %
Niedersachsen 10,7 %
Bremen 13,6 %

Einverleibte DDR einschl. Westberlin

Thüringen 18,2 %
Berlin 18,7 %
Sachsen 19,6 %
Brandenburg 20,0 %
Sachsen-Anhalt 21,8 %
Mecklenburg-Vorpommern 22,1 %

Durchschnitt West 9,0 %
Durchschnitt Ost 19,9 %

Die Prozentzahlen sind bezogen auf alle zivilen Beschäftigten. Quelle: Neues Deutschland, 7.3.2003, S.3

Augrund dieser Tatsachen gab es ständig eine starke Abwanderung gerade von jüngeren Menschen nach Westdeutschland. Hartz heißt nun, man sieht der Entvölkerung des DDR-Gebiets nicht mehr nur tatenlos zu und zertrümmert in diesem durch die deutsche Monopolbourgeoisie entindustrialisierten Land gnadenlos eine Neubausiedlung nach der anderen (diese proletarischen Plattenbauten sind ja auch so unästhetisch!). Jetzt wird die Entvölkerung auch noch aktiv mit Hilfe von staatlicher Erpressung betrieben.

Fraglich ist, ob es mit dieser Methode wirklich gelingt, die DDR endgültig auszulöschen und der Vergessenheit auszusetzen. Immerhin sollen durch die Hartz-Gesetze vermehrt Arbeiter nach Westdeutschland getrieben werden, von denen doch vielleicht einige doch noch etwas von dieser verhassten DDR mit sich herumtragen – zum Beispiel Antifaschismus, Atheismus, Friedensliebe, mangelnder Respekt vor dem Privateigentum und diesem Staat BRD. Da könnte ja was abfärben.

,Es ist nichts Ungewöhnliches in Nottingham, 15 bis 20 Kinder in einem kleinen Zimmer von vielleicht nicht mehr als 12 Fuß im Quadrat zusammengepökelt zu finden, während 15 Stunden aus 24 beschäftigt an einer Arbeit, an sich selbst erschöpfend durch Überdruss und Monotonie, zudem unter allen nur möglichen gesundheitszerstörenden Umständen ausgeübt ... Selbst die jüngsten Kinder arbeiten mit einer gespannten Aufmerksamkeit und Geschwindigkeit, die erstaunlich sind, fast niemals ihren Fingern Ruhe oder langsamre Bewegung gönnend. Richtet man Fragen an sie, erheben sie das Auge nicht von der Arbeit, aus Furcht, einen Moment zu verlieren.’ Der ,lange Stock’ dient den ,mistresses’ als Anregungsmittel im Verhältnis, worin die Arbeitszeit verlängert wird.

,Die Kinder ermüden allmählich und werden so rastlos wie Vögel gegen das Ende ihrer langen Gebundenheit an eine Beschäftigung, eintönig, für die Augen angreifend, erschöpfend durch die Einförmigkeit der Körperhaltung. Es ist wahres Sklavenwerk.’ (,Their work is like slavery.’) Wo Frauen mit ihren eignen Kindern zu Hause, d.h. im modernem Sinn, in einem gemieteten Zimmer, häufig in einer Dachstube arbeiten, sind die Zustände womöglich noch schlimmer. Diese Art Arbeit wird 80 Meilen im Umkreis von Nottingham ausgegeben. Wenn das in den Warenhäusern beschäftigte Kind sie 9 oder 10 Uhr abends verlässt, gibt man ihm oft noch ein Bündel mit auf den Weg, um es zu Hause fertig zu machen. Der kapitalistische Pharisäer, vertreten durch einen seiner Lohnknechte, tut das natürlich mit der salbungsvollen Phrase: ,das sei für Mutter’, weiß aber sehr wohl, dass das arme Kind aufsitzen und helfen muss.[13]

Nein, diese Zustände gibt es bei uns sicherlich noch nicht mal ansatzweise wieder (wobei es allerdings keine richtige Statistik darüber gibt, wie weit schon Kinder in die Heimarbeit eingespannt sind und was die Auswirkungen sind). Trösten kann uns das nicht, denn der Grund für Ausweitung der Kinderarbeit war damals und ist heute wieder, dass die Heimarbeit unter fast unkontrollierbaren Bedingungen stattfindet und die betroffenen Arbeiter unter sehr großem wirtschaftlichen Druck stehen. Für diese Idylle hat die Hartz-Kommission außer der Bezeichnung Ich-AG auch noch den Namen „Familien-AG“ erfunden. Wie warmherzig doch hier die böse Absicht verborgen wird!

Das Deutsche an Hartz damals ...

Besonders zu denken muss geben, dass Ursache und Wirkung der Hartz-Gesetze nicht nur überhaupt in der kapitalistischen Entwicklung ein uralter Hut sind. Sondern bei Engels können wird nachlesen, dass all das gerade in Deutschland auf Grund der zu spät und zu kurz gekommenen deutschen Bourgeoisie und ihres Kampfes um einen Platz an der Sonne gegen die weiter entwickelten kapitalistischen Länder eine besondere Tradition hat:

Nirgends, selbst die irische Hausindustrie kaum ausgenommen, werden so infam niedrige Löhne gezahlt wie in der deutschen Hausindustrie. Was die Familie auf ihrem eignen Gärtchen und Feldchen erarbeitet, das erlaubt die Konkurrenz dem Kapitalisten vom Preis der Arbeitskraft abzuziehen; die Arbeiter müssen eben jeden Akkordlohn nehmen, weil sie sonst gar nichts erhalten und vom Produkt ihres Landbaus allein nicht leben können; und weil andrerseits eben dieser Landbau und Grundbesitz sie an den Ort fesselt, sie hindert, sich nach andrer Beschäftigung umzusehn. Und hierin liegt der Grund, der Deutschland in einer ganzen Reihe von kleinen Artikeln auf dem Weltmarkt konkurrenzfähig erhält. Man schlägt den ganzen Kapitalprofit heraus aus einem Abzug vom normalen Arbeitslohn und kann den ganzen Mehrwert dem Käufer schenken. Das ist das Geheimnis der erstaunlichen Wohlfeilheit der meisten deutschen Ausfuhrartikel.

Es ist dieser Umstand, der mehr als irgendein andrer auch auf andern industriellen Gebieten die Arbeitslöhne und die Lebenshaltung der Arbeiter in Deutschland unter dem Stand der westeuropäischen Länder hält. Das Bleigewicht solcher, traditionell tief unter dem Wert der Arbeitskraft gehaltnen Arbeitspreise drückt auch die Löhne der städtischen und selbst der großstädtischen Arbeiter unter den Wert der Arbeitskraft hinab, und dies umso mehr, als auch in den Städten die schlechtgelohnte Hausindustrie an die Stelle des alten Handwerks getreten ist und auch hier das allgemeine Niveau des Lohnes herabdrückt. Hier sehn wir es deutlich: Was auf einer früheren geschichtlichen Stufe die Grundlage eines relativen Wohlstands der Arbeiter war: die Verbindung von Landbau und Industrie, der Besitz von Haus und Garten und Feld, die Sicherheit der Wohnung, das wird heute, unter der Herrschaft der großen Industrie, nicht nur die ärgste Fessel für den Arbeiter, sondern das größte Unglück für die ganze Arbeiterklasse, die Grundlage einer beispiellosen Herabdrückung des Arbeitslohns unter seine normale Höhe, und das nicht nur für einzelne Geschäftszweige und Gegenden, sondern für das ganze nationale Gebiet. Kein Wunder, dass die Groß- und Kleinbürgerschaft, die von diesen abnormen Abzügen vom Arbeitslohn lebt und sich bereichert, für ländliche Industrie, für hausbesitzende Arbeiter schwärmt, für alle ländlichen Notstände das einzige Heilmittel sieht in der Einführung neuer Hausindustrien![14]

Wenigstens sind heute die Heimarbeiter durch ihre Kleinst-Produktionsmittel nicht an Grund und Boden gebunden. Aber ohne Garten und Feld können sie sich auch nicht notdürftig ernähren, wenn niemand ihre Arbeit will – das ist sogar noch ein zusätzliches Risiko gegenüber der deutschen Hausindustrie des 19. Jahrhunderts. Jedenfalls: die Parallelen zu den Tendenzen heute, denen durch die Hartz-Gesetze schneller zum Durchbruch verholfen werden soll, sind erschreckend.

... und heute

Vergleichen wir diese Ausführungen mal mit einer Betrachtung der heutigen Situation: „Deutsch­­land, oder besser gesagt seine Konzerne, sichern ihre Dominanz nicht durch politisch-militärische Macht, sondern wie Marx es einmal nannte, durch die schwere Artillerie der billigen Warenpreise. Ihre im Vergleich zu allen anderen Mitwerbern deutlich langsamer wachsenden Lohnstückkosten erzielen weitaus größere Erfolge in der Konkurrenz um den Rest der Welt, als Flugzeugträger und lasergesteuerte Bomben. Vorausgesetzt die Warenpreise und nicht die Flugzeugträger beherrschen die Politik.“[15]

Wir sehen also im internationalen Verhalten des deutschen Kapitals eine Kontinuität. Hier ist von „langsam wachsenden Lohnstückkosten[16]“ die Rede, was nichts anderes bedeutet, als dass die Löhne mit dem durch wachsende Produktivität anwachsenden Kapital nicht Schritt halten. Das muss keineswegs bedeutet, dass es den Arbeitern extrem schlecht geht. Marx schrieb dazu:

Ist das Kapital rasch anwachsend, so mag der Arbeitslohn steigen; unverhältnismäßig schneller steigt der Profit des Kapitals. Die materielle Lage des Arbeiters hat sich verbessert, aber auf Kosten seiner gesellschaftlichen Lage. Die gesellschaftliche Kluft, die ihn vom Kapitalisten trennt, hat sich erweitert.“

Endlich:

„Günstigste Bedingung für die Lohnarbeit ist möglichst rasches Wachstum des produktiven Kapitals, heißt nur: Je rascher die Arbeiterklasse die ihr feindliche Macht, den fremden, über sie gebietenden Reichtum vermehrt und vergrößert, unter desto günstigeren Bedingungen wird ihr erlaubt, von neuem an der Vermehrung des bürgerlichen Reichtums, an der Vergrößerung der Macht de; Kapitals zu arbeiten, zufrieden, sich selbst die goldenen Ketten zu schmieden, woran die Bourgeoisie sie hinter sich herschleift.“[17]

Wie sieht das konkret aus, dass die Bourgeoisie den Arbeiter an den goldenen Ketten hinter sich herschleift, die er selbst geschmiedet hat? In dem oben zitierten Artikel heißt es weiter:

Über Jahrzehnte konnte die Weltmarktstrategie durch niedrige Lohnstückkosten, das heißt durch ein Produktivitätswachstum gesichert werden, das alle anderen Mitbewerber in den Schatten stellte. Erreicht wurden die niedrigen Lohnstückkosten durch einen Produktivitätspakt[18] mit den Gewerkschaften, bei dem Staat und Arbeitgeber wachsende Löhne und die Gewerkschaften sozialen Frieden garantierten.

Doch dieser deutsche Weg begann sich mit den weltweit einbrechenden Wachstumsraten, dem Entstehen der Dauerarbeitslosigkeit und der Verschärfung des globalen Standortkrieges zu erschöpfen. Seit mehr als zwei Jahrzehnten sinkt der Anteil der Löhne am Volkseinkommen, wird Sozialabbau betrieben und die Verteilung von unten nach oben beschleunigt. Diese Negativentwicklung wäre ohne große Rückwirkung auf den globalen Standortkrieg geblieben, wenn nicht zugleich seit zwei Jahrzehnten Millionen Arbeitslose zu finanzieren gewesen wären.

Die Kosten der Massenarbeitslosigkeit und die enormen Einnahmeausfälle für die sozialen Sicherungssysteme sind schon seit Jahrzehnten eine ernsthafte Bedrohung der globalen Wettbewerbsfähigkeit des Standortes. Doch inzwischen sind alle Mittel ausgereizt, der Massenarbeitslosigkeit Herr zu werden, die Finanzierung der sozialen Sicherungssysteme immer weniger Beschäftigten auf die Schulter zu laden und gleichzeitig die Gewinn- und Vermögenseinkommen von Steuern zu entlasten. Das Hartz-Konzept wurde mit dem Versprechen in die Welt gesetzt, zwei Millionen neue Arbeitsplätze zu schaffen. Um diese Zahl ist es erstaunlich still geworden, aber die Entsorgung der Arbeitslosen in Niedriglohnsektoren und Scheinselbstständigkeit schrei­tet ebenso zügig voran, wie die flächendeckende Kürzung sozialer Leistungen und die Privatisierung der sozialen Lebensrisiken.“[19]

Solange also noch die Nachkriegskonjunktur „Sozialpartnerschaft“ und „Produktivitätspakt“ zuließen, ging die deutsche Bourgeoisie diese neuen Wege, wobei es ihr so gut gelang, die Arbeiter über den Tisch zu ziehen, dass sie ihre erfolgreichen Traditionen auf dem Weltmarkt fortsetzen konnte. Jetzt funktioniert die Klassenversöhnung aus den oben genannten Gründen immer weniger. Jetzt ist sie bei Hartz gelandet, und wir stellen fest: ihr ist im Vergleich zur Zeit vor 150 Jahren nichts Neues eingefallen. Und je mehr sich der hier aufgezeigte Widerspruch verschärft, desto mehr wird die deutsche Bourgeoisie gezwungen sein, auf Flugzeugträger und Bomben zu setzen und auf diesem Gebiet zu versuchen, die Größten zu werden, zumal andere Imperialisten dem Treiben unserer Ausbeuter auch nicht tatenlos zusehen. Ohne militaristische, faschistische Ausrichtung der Gesellschaft wird diese für das Kapital notwendige Militarisierung der Außenpolitik nicht zu haben sein. Das wird in diesem Artikel des PDS-Vorstandsmitglieds Harald Werner zwar anders gesehen, aber dennoch wird dort festgestellt, dass mit der jetzigen Entwicklung, die bei den Hartz-Gesetzen angekommen ist, die „Sozialpartnerschaft“ immer uninteressanter und unbrauchbarer für die Monopolbourgeoisie wird. Das umso mehr, als die Verelendung, Erwerbslosigkeit, Lohndrückerei und Zersplitterung der Arbeiter die Gewerkschaften immer weiter schwächt. Dabei sind gerade durch die jahrzehntelange Politik der Klassenversöhnung selbst bei den elementarsten Abwehrkämpfen die Gewerkschaften ohnehin in ihrem Zusammenhalt so geschwächt, dass sie dieser Entwicklung zurzeit kaum entgegensteuern können. Angriffen auf die Arbeiterklasse wie die Verlängerung der Arbeitszeit durch „Flexibilisierung“ sowie Änderung von Arbeitszeit- und Ladenschlussgesetz, Scheinselbstständigkeit, Aushöhlung des Kündigungsschutzes durch Zeitverträge und Gesetzesänderungen, Leiharbeit, Verlängerung der Lebensarbeitszeit für Frauen, vermehrte Schikanen und Kürzungen in der Arbeitslosenversicherung und bei der Sozialhilfe, Aushöhlung von Tarifverträgen, steuerliche Anreize für Billigjobs und so weiter und so weiter[20] wurde viel zu wenig von den Gewerkschaften entgegengesetzt. Und das Hartz-Konzept konzentriert nun alle diese bisherigen Maßnahmen der sozialen Demontage, die sich auf die Rechte und Ansprüche bei Erwerbstätigkeit und Erwerbslosigkeit von Arbeitern und Angestellten beziehen, und treibt sie (jedenfalls vorläufig mal) auf die Spitze.

Hartz – Gewerkschaftsfeind

Die Hartz-Gesetze – „modern“ und „innovativ“ wie sie sind – liegen ganz im Trend der heutigen reaktionären Entwicklung, der zunehmenden Hetze gegen die Gewerkschaften, den Versuchen, sie für maßlos, überflüssig, unsozial und egoistisch zu erklären und mehr oder weniger verhohlen ihre Knebelung oder Abschaffung zu fordern[21]. Sehr deutlich sichtbar wurde das zum Beispiel, als am 24.2.03 die Interessengemeinschaft Nordbayerischer Zeitarbeitunternehmen e.V. „INZ“ mit der Tarifgemeinschaft Zeitarbeit und PSA des „Christlichen Gewerkschaftsbundes – CGB“ den ersten Flächentarifvertrag für Zeitarbeit abgeschlossen hat. Mit Recht wird dieser Abschluss als „schmuddelige Billignummer“ von der IG Metall kritisiert[22]. Das Wesentliche allerdings ist: Erstmals in der BRD spielen die christlichen Gewerkschaften, die nach 1945 als Gegner der Einheitsgewerkschaft nur noch eine Nebenrolle gespielt haben, eine Rolle bei den Flächentarifen. Im Jahr 2000 noch hatte die IG Metall einen ersten Erfolg beim Bundesarbeitsgericht durchsetzen können im Kampf um die Feststellung, dass die „Christliche Gewerkschaft Metall (CGM)“ keine tariffähige Gewerkschaft ist[23]. Im Jahr 2002 wurde dann vom Arbeitsgericht Gera der CGM der Gewerkschaftsstatus abgesprochen[24]. Dieser verhältnismäßig kleine Verein war nach der Einverleibung der DDR vom Kapital aus dem Gully geholt worden, um in Sachsen so genannte Tarifverträge abzuschließen. Der heutige Tarifvertrag des CGB mit den nordbayerischen Arbeiterverleihern und Tagelöhnerverkäufern scheint von niemand mehr rechtmäßig in Zweifel gezogen zu werden – ein Verdienst der gesetzlich festgelegten Hartzschen PSAs, die überhaupt Dumping-Tarifverträge mit den Verleihern notwendig machten. Dieser Tarifvertrag hatte natürlich auch die Funktion, den DGB unter Druck zu setzen – ihm wurde schon während der Tarifverhandlungen über denselben Gegenstand mit Abschluss mit dem CGB gedroht, was auch gewirkt hat. Natürlich ist der Vertrag, den der DGB ausgehandelt hat, auch einer, der Arbeitskräfte im Sonderangebot verspricht – nur nicht ganz so drastisch wie beim CGB.

Hartz und die Folgen im Arbeitsamt

Zum Beispiel Frankfurt am Main

Im Arbeitsamtsbezirk Frankfurt können im März 2003 den 46.244 Erwerbslosen momentan gerade einmal 6.610 offene Stellen angeboten werden. Nicht mangelnde Arbeitsbereitschaft ist das Problem, sondern fehlende Arbeitsplätze. Trotzdem versuchen die einzelnen Arbeitsämter, sich auf dem Rücken der Arbeitslosen zu sanieren. Nur so ist die Aussage des Frankfurter Arbeitsamtsdirektors Griesheimer zu bewerten, Arbeitslose „ganz gezielt“ anzugehen und „Druck zu machen“. „Wir müssen darüber nachdenken, wie es uns gelingt, weniger Arbeitslosengeld zu zahlen.“ Und in Frankfurt wird nicht nur nachgedacht!

- Es wird von Arbeitslosen, die kurz vor der Rente stehen, verlangt, sich mindestens acht bis zehnmal pro Monat, mit einem ausgefeilten Bewerbungstext, z.B. als Mitarbeiter bei McDonalds, zu bewerben,

- arbeitslose Computerspezialisten müssen Einführungsseminare in Textverarbeitung mitmachen,

- 4500 Erwerbslose werden 2002 zu einer unsinnigen Informationsveranstaltung der „Personalentwicklungs- und Beteiligungsgesellschaft“ (PEBG), zwecks Kontrolle der Arbeitsbereitschaft, bestellt. Für Griesheimer eine klare Sache: „Wir erwarten, dass ein beachtlicher Teil sich abmelden wird... 20 bis 30 Prozent im Bestand gehen runter.“,

- im Stelleninformationssystem des Arbeitsamtes finden sich nicht nur veraltete Angebote, sondern auch nichtsozialversicherungspflichtige Tätigkeiten und sittenwidrige Löhne,

- mit den neuen Personalserviceagenturen (PSA) wird diese Entwicklung noch weiter ausgebaut (Zwang zu Billigstarbeit).

(Aus einem Flugblatt des Rhein-Main-Bündnisses gegen die Umsetzung der Hartz-Pläne mit einem Aufruf zu einer Kundgebung vor dem Arbeitsamt am 1. April)

Diese Aufwertung des CGB hat nicht nur die Funktion, den DGB momentan unter Druck zu setzen, sondern es geht um mehr: Edmund Stoiber hatte im Jahr 1979 ein Fünf-Punkte-Papier zur Zerschlagung der Gewerkschaften vorgelegt. Dort wird neben der Unterwanderung des DGB durch die CSU, die Fraktionierung des DGB, die Errichtung von Arbeitskammern und die Gründung einer Konkurrenzgewerkschaft auch die aktive Unterstützung des christlichen Gewerkschaftsbundes CGB empfohlen[25] .

Man sieht: die Umsetzung des Hartz-Konzepts eins zu eins heißt: eins zu null für Stoiber!

Vom Arbeitszwang zur Zwangsarbeit

Und tatsächlich sehen viele Kollegen größeres politisches Unheil durch die Hartz-Gesetze auf uns zukommen. Viele sehen die PSAs und die verschärfte Zumutbarkeit schon als Zwangsarbeit und es gibt sogar Vergleiche mit dem Arbeitsdienst im Hitlerfaschismus.

Tatsächlich aber sind wir so weit noch nicht – was heißt, es kann durchaus noch schlimmer kommen als bis zur Durchführung der Hartz-Gesetze!

Zwangsarbeit heißt: Wenn ich nicht zur Arbeit gehe, steht die Polizei vor der Tür.

Der Arbeitszwang, dem wir im Kapitalismus immer – mal in milderer, mal in schärferer Form - ausgesetzt sind, heißt: Wenn ich nicht zur Arbeit gehe, steht der Hunger vor der Tür.

Die Hartz-Gesetze verschärfen den Arbeitszwang ganz gewaltig, weil sie die Arbeiter mehr und mehr zwingen, ihre Arbeitskraft billigst zu verkaufen und zu unmenschlich langen Arbeitszeiten zu schuften – so wie es Marx in den oben zitierten Beispielen geschildert hat. Damit wird natürlich auch Zwangsarbeit vorbereitet – indem wir dazu erzogen werden, dass wir nichts als Arbeitstiere sind, die unter jeder Bedingung zu schuften haben. Andernfalls sind wir Faulenzer, „Arbeitsscheue“, die außerhalb der Gesellschaft stehen. Und das kennen wir nun wirklich schon: es gibt viel zu wenig Widerstand, wenn die „Arbeitsscheuen“ erst in den Arbeitsdienst und dann schließlich ins KZ kommen, damit die Bürger wieder ungestört auf den Parkbänken sitzen können.

Die mystische Verklärung der Arbeit, die Schwärmerei für den Kleinstgewerbetreibenden, für die „Selbstständigkeit“ und der erhöhte Druck der Hartz-Gesetze auf die gesamte Arbeiterklasse – ob erwerbslos oder nicht – und auf ihre Gewerkschaften, das alles vergrößert die Gefahr, dass die Stoiber und Koch umso schneller als „Rettung des Vaterlands“ oder Rettung des „Standorts Deutschland“ vom Kapital herbeigerufen werden.

Der Bumerang

Die Steine, die die Bourgeoisie gegen die Arbeiterklasse aufhebt, fallen alle irgendwann wieder auf ihre Füße. Das schreiben wir nicht unseren Lesern zum Trost, sondern als Aufforderung. Wir müssen wieder zurück sehen ins 19. Jahrhundert, von wo aus wir weiter oben in diesem Artikel das ganze Elend, die Zersplitterung, die Arbeitsqual gezeigt haben, die auf die Arbeiter zukommt – ohne Hartz-Gesetze und mit Hartz-Gesetzen noch gleich fünfmal so schnell und so brutal. Das ist die Seite des Kapitals. Und was ist mit den Arbeitern? Gerade die Brutalität der Heimarbeit hat in Deutschland den ersten Aufstand von Arbeitern ausgelöst – den Aufstand der schlesischen Weber 1844. Auch wenn diese Arbeiter noch ganz unbewusst in diesen Kampf gingen und nicht nur auf ihre Ausbeuter sondern irrtümlich auch auf Maschinen losgingen – ihr Kampf war ein Fanal für die kommenden Arbeitergenerationen in Deutschland und ist bis heute unvergessen geblieben.

In den folgenden Jahrzehnten organisierten die deutschen Arbeiter mit Geschick und Hingabe ihre revolutionäre Partei. Vielerorts mussten sie das genau unter den misslichen und elenden Umständen tun, die heute wieder auf uns zukommen. Und dennoch fanden sie in diesen Verhältnissen immer die verwundbare Stelle der Bourgeoisie, wo das Elend, in das sie hineingetrieben wurden, gleichzeitig der Kristallisationspunkt der revolutionären Organisierung wurde. Clara Zetkin berichtete so über eine von vielen klassenbewussten Arbeiterinnen in Sachsen in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts: „Fräulein Misselwitz, eine ältere Näherin, wirkte besonders in Chemnitz. Sie war von den Lassalleanern zu der Internationalen Gewerksgenossenschaft gekommen, vergaß am Quartalsschluss nie, ihre Mitgliedskarte zu erneuern, und führte diese stets mit Stolz bei sich. Motteler schreibt von ihr: ‚Sie verkörperte den typischen britischen freiwilligen walking-delegate (das heißt einen nichtangestellten Agitator, der die Gelegenheit, wie sie sich bietet, für die Verbreitung seiner Ideen ausnützt. C.Z.)... Belesen, redegewandt, von kluger Disputierlust und einem meisterhaften Erzähler- und Lehrtalent, war sie in Chemnitz freiwillige Propagandistin für die Gewerkschafts- und Parteisache zugleich... Eine offizielle Amtierung zu übernehmen war ihr nicht möglich. Ihr Fußleiden (sie hinkte stark. C.Z.) hinderte sie, anders als in kleinerem Kreis und in den Familien, wo sie schneiderte oder Gast war, zugleich unsere Grundsätze und Ziele einzubürgern und sie ganz speziell weiterpflegen zu lehren.[26] Das ist dann wohl doch nicht ganz so die Ich-AG, von der Herr Hartz geträumt hat. Auch der Plan, die Arbeiter durch Verschärfung der Zumutbarkeit und Verpflichtung zum jederzeitigen Umzug zu total mobilen und überall verfügbaren Arbeitstieren für die Kapitalisten zu machen, kann für die Herrschaften einen Pferdefuß bekommen. Dann nämlich, wenn die total mobil gemachten Arbeiter das tun, was im 19. Jahrhundert Tausende Arbeiter auf ihrer erzwungenen Wanderschaft von Ort zu Ort taten: die Botschaft des Sozialismus und der Arbeiterpartei weitertragen, das Netz der Organisation immer dichter knüpfen – das taten sie auch im Ausland, abseits von der Polizei der deutschen Kleinstaaten und unter dem Eindruck der Kämpfe der Arbeiter in den Nachbarländern, was wiederum einen sehr günstigen Einfluss auf die wachsende deutsche Arbeiterbewegung hatte. Das war damals Ehrensache für jeden klassenbewussten Arbeiter: wenn mich schon die Bourgeoisie durch die Lande jagt, dann soll das nicht ohne Schaden für die Bourgeoisie vor sich gehen!

Hartz bestätigt Marx

Im Übrigen sind die Hartz-Gesetze ein drastischer Beitrag zur Aufklärung über den Kapitalismus. Jetzt wird ganz allgemein juristisch und gesellschaftlich festgeklopft: Die Arbeitskraft kann frank und frei ganz genauso verliehen werden wie ein Auto, oder gemietet werden wie eine Wohnung oder zum kurzfristigen Gebrauch geordert werden wie ein mobiles Klohäuschen. Die Arbeitskraft ist einfach eine Ware, das lehren uns die Verleih-Bestimmungen der Hartz-Gesetze. Das hat uns zwar Marx auch schon gelehrt, aber wer’s nicht glauben wollte, bekommt es jetzt knüppeldick: die Arbeitskraft heilig zu sprechen, so dass sie nie und nimmer eine Ware sein kann und darf, ist mittelalterlicher Unsinn. Wenn wir nicht wollen, dass die Arbeitskraft eine Ware ist, dann müssen wir für eine Gesellschaft kämpfen, in der die Produktionsmittel Volkseigentum sind. Das ist nämlich die Voraussetzung dafür. Aber diesen Kampf werden wir nie führen können, wenn wir nicht den Tatsachen ins Auge blicken, die ja jetzt so klar vor uns ausgebreitet werden. Wenn die Arbeitskraft eine Ware ist, die wir verkaufen müssen – warum tun wir uns dann so schwer, das zu tun, was andere Warenverkäufer auch tun: Unsere Ware so teuer wie nur möglich verkaufen, Ware gemeinsam zurückhalten, um sie zu verteuern. Diese Aktion, die alle Warenverkäufer hin und wieder machen, heißt, wenn es sich um den Verkauf der Ware Arbeitskraft handelt: Streik!

Dank Hartz ist nun also geklärt, was wir gegen Hartz zu tun haben. Streiken! Das wird uns auch helfen, aus allen elenden Entwicklungen, die wir noch zu erleiden haben, die Waffen gegen die Bourgeoisie zu schmieden, wie es uns unsere Vorfahren im 19. Jahrhundert schon gezeigt haben. Und diese Waffen brauchen wir, denn wenn das deutsche Monopolkapital aus seinen Widersprüchen überhaupt nicht mehr herausfindet, gegen seine internationalen Konkurrenten schwerer ankommt und der Verelendung im eigenen Land nicht Herr wird, dann wissen wir schon, was uns dann blüht – das Rezept von 1933. Weben wir unermüdlich unser Netz der Propaganda und Organisation – sei es auch schwer und vielleicht in der nächsten Zeit noch schwerer als bisher. Denn noch ist das Lied unserer Vorfahren nicht veraltet:

„Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch wir weben hinein den dreifachen Fluch!“

E.W.-P.

In einer weiteren KAZ-Nr. werden wir beleuchten, wie die Stellung der Arbeiter, die nun in diese Lage gebracht werden, in der Gesellschaft ist, und welche Aufgabe sie jetzt den verschiedenen Klassen und Schichten gegenüber haben.

1 Auch zwei Gewerkschaftsvertreter wurden zur Zierde dieses erlauchten Kreises in die Kommission berufen. Dies sind die Kommissionsmitglieder: Dr. Norbert Bensel (Vorstand Deutsche Bahn AG), Dr. Jobst Fiedler (Roland Berger Strategy Consults), Heinz Fischer (Deutsche Bank AG), Peter Gasse (IG Metall NRW), Dr. Peter Hartz (Vorstand Volkswagen AG), Prof. Werner Jahn (Universität Potsdam), Dr. Peter Kraljic (McKinsey & Company), Isolde Kunkel-Weber (ver.di Bundesvorstand), Klaus Luft (Market Access for Technology Services GmbH), Harald Schartau (Arbeitsminister NRW), Wilhelm Schickler (Präsident Landesarbeitsamt Hessen), Hanns-Eberhard Schleyer (Generalsekretär des Deutsches Handwerkes), Prof. Dr. Günther Schmid (Wissenschaftszentrum für Sozialforschung), Wolfgang Tiefensee (Oberbürgermeister Stadt Leipzig), Eggert Voscherau (Vorstand BASF).

2 Pauper: Armer, Verelendeter

3 Pauperismus: Verelendung, Herabsinken auf das niedrigste Lebensniveau

4 Karl Marx/Friedrich Engels, Manifest der Kommunistischen Partei, MEW Bd. 4, S 472f.

5 Der „Arbeitgeberanteil“ ist, wie alle „Lohnnebenkosten“, auch nur ein Bestandteil des vorenthaltenen Lohns, da er abhängig vom Lohn des einzelnen Arbeiters gezahlt wird (anders wäre es, wenn die Kapitalisten z.B. einen von Umsatz oder Vermögen abhängigen Betrag in die Sozialkassen zahlen müssten).

6 Weil das derzeitige Tempo der sozialen Demontage atemberaubend ist, weisen wir darauf hin, dass in diesem Artikel die Talfahrt bis zum 28.3.2003 beobachtet wurde.

7 Erwerbslose bekommen – wenn überhaupt – aus folgenden Töpfen Geld (nach der bisherigen Regelung):
1. aus der Arbeitslosenversicherung (Arbeitslosengeld). Dies ist eine echte Versicherungsleistung, die von keiner „Bedürftigkeit“ abhängig ist,
2. aus dem Bundeshaushalt (Arbeitslosenhilfe),
3. aus den Haushalten der Kommunen (Sozialhilfe).

8 Quelle: Geschäftsbericht der Bundesanstalt für Arbeit 2001 (dieser Bericht ist angeblich bei den Arbeitsämtern erhältlich, es ist aber nicht unbedingt sehr einfach, ihn zu bekommen. Bei Angabe einer E-Mail-Adresse kann er von uns als pdf-Datei zugeschickt werden).

9 Einer der Versuche der letzten ca. anderthalb Jahrzehnte, die Arbeitszeit zu „flexibilisieren“, sprich zu verlängern, war die Abschaffung der Stempeluhr auch bei festen Arbeitsverhältnissen. D.h. die Arbeiter oder Angestellten konnten kommen und gehen wie sie wollten, Hauptsache sie schafften ihre Arbeit. Auch das führt natürlich schon zu einer gigantischen Ausweitung der Arbeitszeit und Aufhebung von Schutzrechten. Das „Outsourcing“ in der Form wie oben beschrieben ist die Vollendung dieser Form verschärfter Ausbeutung.

10 „Fast täglich werden es mehr, die auf diese Weise Job und Arbeitsleben organisieren. Alfred Tacke, Staatssekretär des Wirtschaftsministers, schätzt, dass insgesamt etwa vier Millionen Tele-Arbeitsplätze potenziell zur Verfügung stehen. Begünstigt wird der Trend zum Büro im eigenen Haus durch steigende Büromieten vor allem in den Ballungszentren, sowie rapide sinkende Preise für Hard- und Software, für Telefongebühren und Internet-Dienste.“ (http://www.h-n-i.de/Tele-Arbeits-platze/haupt­teil_telearbeits­platze.html) Mit den hier beschriebenen Telearbeitsplätzen sind natürlich nicht die Privilegien gemeint, die höhere Angestellte genießen, die zu Hause noch ein Arbeitszimmer haben und auch dort arbeiten können, wenn es ihnen passt.

11 Karl Marx, Das Kapital Bd. 1, MEW Bd. 23, S.672f.

12 a.a.O., S.502

13 a.a.O., S.490ff.

14 Friedrich Engels, Zur Wohnungsfrage (Vorwort), MEW Bd.18, S.653f

15 Harald Werner, Hartz und Bush­krieg, in: Neues Deutschland 15.2.2003

16 „Lohnstückkosten“ ist ein Begriff aus der bürgerlichen Ökonomie, für uns nicht verwendbar, aber interpretierbar. Hier eine Definition bürgerlicher Ökonomen:

„Lohnstückkosten: Relation zwischen Arbeitnehmerentgelt je beschäftigten Arbeitnehmer zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) in konstanten Preisen je Erwerbstätigen. Dadurch, dass im Zähler auf die beschäftigten Arbeitnehmer, im Nenner auf die Gesamtzahl der Erwerbstätigen gezogen wird, sind in dieser Formel die kalkulatorischen Löhne der Selbständigen berücksichtigt.“

Quelle: Gabler Wirtschaftslexikon. 15., vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. Wiesbaden: Gabler 2000

17 Karl Marx, Lohnarbeit und Kapital, MEW Bd.6, S.415

18 Produktivitätspakt: Ein Instrument der Klassenversöhnung, das nach 1945 in Westdeutschland angewendet wurde.

19 Harald Werner, a.a.O.

20 Die Liste seit dem Regierungsantritt von Kohl 1982 nimmt fast kein Ende – eine Chronologie dazu über den Zeitraum von 1982 bis 1998 ist in der KAZ Nr.289 zum Schwerpunktthema „Sozialstaat“ abgedruckt.

21 Kurz vor Redaktionsschluss müssen wir erfahren, dass die CDU sich das nutzbar zu machen will und den DGB in ihre Arme zu schließen versucht, und dass der DGB-Vorsitzende Sommer sich prompt in die Arme schließen lässt. Zum Verhalten von Sommer können wir nur sagen: Selbstmord aus Angst vor dem Tod. Weiteres werden wir zu diesem Thema in einer späteren Ausgabe behandeln, in der die Stellung des Arbeiters in der Gesellschaft heute behandelt wird.

22 Metall-Pressedienste 2003 Nr.18

23 Metall-Pressedienst 62/2000

24 IG Metall Verwaltungsstelle Jena-Saalfeld, http://www2. igmetall.de/homepages/jena-saalfeld/cgm.html

25 Siehe KAZ Nr.302, S.6

26 Clara Zetkin, Zur Geschichte der proletarischen Frauenbewegung Deutschlands, Frankfurt/Main 1971, S.140f.

Spenden unterstützen die Herausgabe der Kommunistischen Arbeiterzeitung
Email Facebook Telegram Twitter Whatsapp Line LinkedIn Odnoklassniki Pinterest Reddit Skype SMS VKontakte Weibo
Hartz und Schröder – den Sozialabbau gemeinsam gestalten. Quelle: „Wahlzeit“, DGB Zeitung zur Bundestagswahl Sept. 2002

Hartz und Schröder – den Sozialabbau gemeinsam gestalten. Quelle: „Wahlzeit“, DGB Zeitung zur Bundestagswahl Sept. 2002

Jeder ist seines Glückes Schmied – bring er Eisen und die Schmiede mit.

Jeder ist seines Glückes Schmied – bring er Eisen und die Schmiede mit.

Webstuhl um 1890.

Webstuhl um 1890.

PC um 2002.

PC um 2002.

Aus dem Zyklus „Weberaufstand“ von Käthe Kollwitz 1897.

Aus dem Zyklus „Weberaufstand“ von Käthe Kollwitz 1897.

Aktionstag des DGB und seiner Einzelgewerkschaften zur Novellierung des Betriebsverfassungsgesetztes am 5. April 2001, dem Tag der ersten Lesung im Bundestag.

Aktionstag des DGB und seiner Einzelgewerkschaften zur Novellierung des Betriebsverfassungsgesetztes am 5. April 2001, dem Tag der ersten Lesung im Bundestag.