KAZ-Fraktion: „Ausrichtung Kommunismus”
Anlass für diese Arbeit war ein Vortrag (hier mit geringfügigen Änderungen) zum Jahresauftakt der DKP Baden-Württemberg in Stuttgart am 6. Januar 2024.
Ein Schlaglicht auf die historische Rolle des deutschen Imperialismus wirft eine Rede im deutschen Reichstag vom 6. Dezember 1897: „Die Zeiten, wo der Deutsche dem einen seiner Nachbarn die Erde überließ, dem anderen das Meer und sich selbst den Himmel reservirte, wo die reine Doktrin thront (Heiterkeit — Bravo!) — diese Zeiten sind vorüber.“ Und am Schluss dieser Rede hören wir: „Mit einem Worte: wir wollen niemand in den Schatten stellen, aber wir verlangen auch unseren Platz an der Sonne.“[1] Also sprach ein gewisser Bernhard von Bülow (nach dem war früher der heutige Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin benannt, wo das letzte UZ-Pressefest stattgefunden hat), seinerzeit Staatssekretär (heute würde man „Minister“ sagen) des Auswärtigen Amts. Die Debatte ging an diesem Tag um den angestrebten massiven Ausbau der kaiserlichen Kriegsmarine. Und von Bülows Rede markierte eine „Zeitenwende“ zum unverhüllten Expansionismus des Deutschen Reichs, der damit verbundenen militärischen Aufrüstung und zur Verschärfung der zwischenimperialistischen Widersprüche bei der Aufteilung der Welt.
Einen Zusammenhang, der dabei heute gerne übersehen wird, ist dabei von Bedeutung: Eduard Bernstein veröffentlichte in den Jahren 1897 und 1899 in der „Neuen Zeit“ seine Artikel, die 1899 als Buch herausgegeben wurden unter dem Titel: „Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der Sozialdemokratie“. Das wurde so etwas wie die Grundsatzerklärung der sich entwickelnden Arbeiteraristokratie und des Revisionismus in der damals noch revolutionären deutschen Arbeiterbewegung. Das Bernsteinsche Credo: „Das Endziel, was immer es sei, ist mir nichts, die Bewegung alles.“
Fast genau 125 Jahre später hören wir aus dem deutschen Bundestag: „Der 24. Februar 2022 markiert eine Zeitenwende in der Geschichte unseres Kontinents. ... Klar ist: Wir müssen deutlich mehr in die Sicherheit unseres Landes investieren, um auf diese Weise unsere Freiheit und unsere Demokratie zu schützen. ... Das ist eine große nationale Kraftanstrengung. ... Darum geht es, und das ist ja wohl erreichbar für ein Land unserer Größe und unserer Bedeutung in Europa. ... Meine Damen und Herren, ich richte mich hier an alle Fraktionen des Deutschen Bundestages: Lassen Sie uns das Sondervermögen im Grundgesetz absichern.“
Soweit der Bundeskanzler O. Scholz am 27 Februar 2022, nicht von Adel, sondern ein für das Amt des Parteivorsitzenden der SPD durchgefallener Kandidat.
Das nur als kleiner Vermerk, dass historische Vergleiche immer mit Vorsicht zu genießen sind. Aber die Beschäftigung mit der Vergangenheit kann den Blick schärfen für die Gegenwart und helfen, Konturen der Zukunft zu umreißen. Zumal Strukturen der Epoche, in der wir leben, seit etwa 150 Jahren relativ gleich geblieben sind. Es sind Strukturen, die durch den Kapitalismus in seinem höchsten und letzten Stadium, durch den Imperialismus, geprägt sind.
1. Privateigentum an Produktionsmitteln und Herausbilden von Monopolen; dadurch Erreichen eines Vergesellschaftungsgrads der Produktion, der zur Weiterentwicklung der Gesellschaft den Sozialismus erfordert oder zu Stagnation und Fäulnis führt, gegen die dann Krisen und Kriege nur vorübergehend „Erleichterung“ schaffen.
2. Zwang zur Neuaufteilung der endlichen und vollständig aufgeteilten Erde unter Monopole und imperialistische Großmächte. Das führt bei gegebenem Zwang zur Kapitalakkumulation, zu immer mehr Ausdehnung, Vergrößerung, Wachstum, und bei ungleichmäßiger Entwicklung der Monopole und imperialistischen Großmächte zum Druck, die Welt neu, auch gewaltsam, aufteilen zu müssen. Die Welt besteht dabei in imperialistischer Sicht aus: Absatzmärkten, Rohstoffquellen, Anlage- bzw. Einflusssphären und Territorien. Und bis auf Russland sind die imperialistischen Großmächte auch immer noch fast die gleichen, wie sie Lenin 1916 analysiert hat: UK, Frankreich, Deutschland, Japan, USA.
3. Zur mit alldem verbundenen verstärkten Ausbeutung und Verelendung kommt Unterdrückung. Unterdrückung von demokratischen Bestrebungen, von Friedensbewegungen, von nationalen Befreiungsbewegungen. Das hat zu sozialistischen Bestrebungen geführt gerade auch in weniger entwickelten und rückständigen Ländern.
4. Seit 1917 hat der Widerstand gegen den Imperialismus zuerst die Sowjetunion und dann sozialistische Länder hervorgebracht, auf die sich der besondere Hass und Vernichtungswille des Imperialismus konzentriert. Sie wurden und werden mit Sanktionen, Isolation, Konterrevolution und Krieg überzogen. Der Kampf des niedergehenden Imperialismus gegen den Sozialismus lässt zeitweise die an sich antagonistischen Widersprüche zwischen den imperialistischen Großmächten zurücktreten.
Solche relativ konstanten Strukturelemente sollen natürlich nicht dazu verleiten, an die ständige Wiederkehr des ewig Gleichen zu glauben oder sich auf solche Fragestellungen einzulassen: Sind wir heute in einer Lage wie 1897 oder 1914 oder 1935? Das ist m.E. müßig und kann sogar die konkrete Analyse der konkreten Situation behindern.
Ein Beispiel soll das verdeutlichen. Es ist interessant, wie von Bülow in der zitierten Rede etwa das Verhältnis zu China beschreibt: „... wir sind gegenüber China erfüllt von wohlwollenden und freundlichen Absichten, (Heiterkeit links); wir wollen China weder brüskiren noch provoziren. Trotz der uns widerfahrenen schweren Unbill (– zwei Missionare waren von aufgebrachten Volksmassen getötet worden) ist die Besetzung der Kiaotschaubucht in schonender Weise ausgeführt worden. Wir wünschen die Fortdauer der Freundschaft, welche Deutschland seit langem mit China verbindet, und die bisher nie getrübt wurde. Aber die Voraussetzung für die Fortdauer dieser Freundschaft ist die gegenseitige Achtung der beiderseitigen Rechte.“
Vieles erinnert an die unterschwellige Aggressivität in den heutigen Tiraden zu China vom Partner, Konkurrenten und systemischen Rivalen. Oder wie es Frau Baerbock im Bundestag am 23.9.2023 ausdrückte: „Deswegen unterstreichen wir in dieser China-Strategie: Wir wollen überall dort kooperieren, wo das möglich ist, aber auf der Grundlage von gemeinsamen und fairen Regeln.“ Der Sprachduktus mag sich ähneln. Aber was ist das niedergehende kaiserliche China des ausgehenden 19. Jahrhunderts gegen die aufstrebende sozialistische Volksrepublik China im 21. Jahrhundert?
Halten wir zur Ausgangssituation des deutschen Imperialismus im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts fest: Deutschland war bei der Aufteilung der Welt, vor allem bei den Kolonien und damit bei den Rohstoffquellen und Einflusssphären, zu spät und zu kurz gekommen, hatte aber ökonomisch seine imperialistischen Großkonkurrenten in Europa, England und Frankreich deutlich überholt. War es da denn nicht „gerecht“, wenn jetzt auch in anderen Fragen Deutschland „Gleichheit“, eben auch ein „Plätzchen an der Sonne“ verlangte?
In diesem Sinn steuerten die maßgeblichen Kräfte des deutschen Finanzkapitals auf den 1. Weltkrieg zu. Deutsche Bank, Siemens, Krupp, BASF, um nur einige Konzerne von damals zu nennen, die auch heute noch von Bedeutung sind.
Hören wir eine treffende Zusammenfassung des weiteren Wegs:
„Nach dem Ersten Weltkrieg war man auch der Ansicht, daß Deutschland endgültig außer Gefecht gesetzt sei, ... genau so wie manche ... jetzt denken, daß Japan und Deutschland endgültig außer Gefecht gesetzt seien. Damals wurde auch geredet und in der Presse laut verkündet, die Vereinigten Staaten von Amerika hätten Europa auf feste Ration gesetzt, Deutschland könne nicht mehr auf die Beine kommen, von nun an könne es keine Kriege zwischen kapitalistischen Ländern mehr geben. Aber Deutschland kam wieder hoch und stand kaum 15 bis 20 Jahre nach seiner Niederlage wieder als Großmacht da; es hatte sein Joch abgeschüttelt und einen selbständigen Entwicklungsweg betreten. Dabei ist es charakteristisch, daß es niemand anderes als England und die Vereinigten Staaten von Amerika waren, die Deutschland halfen, sich ökonomisch wiederaufzurichten und sein kriegswirtschaftliches Potential zu heben. Natürlich halfen die USA und England Deutschland, sich ökonomisch wiederaufzurichten, weil sie dabei die Absicht hatten, das wieder hochgekommene Deutschland gegen die Sowjetunion vorzuschicken, es gegen das Land des Sozialismus auszunutzen. Aber Deutschland richtete seine Kräfte in erster Linie gegen den englisch-französisch-amerikanischen Block.
Und als Hitlerdeutschland der Sowjetunion den Krieg erklärte, schloß sich der englisch-französisch- amerikanische Block nicht nur Hitlerdeutschland nicht an, sondern war im Gegenteil genötigt, mit der UdSSR eine Koalition gegen Hitlerdeutschland einzugehen.
Folglich erwies sich der Kampf der kapitalistischen Länder um die Märkte und der Wunsch, ihre Konkurrenten zu ersäufen, praktisch als stärker denn die Gegensätze zwischen dem Lager des Kapitalismus und dem Lager des Sozialismus.
Es fragt sich, welche Garantie dafür besteht, daß Deutschland und Japan nicht wieder hochkommen, daß sie nicht versuchen werden, das amerikanische Joch abzuschütteln und ein selbständiges Leben zu beginnen? Ich denke, solche Garantien gibt es nicht.“
Diese solide Analyse und Prognose stammt von Stalin im Jahr 1951(!)[2].
Der prognostizierte Wiederaufstieg des in der BRD versammelten deutschen Monopolkapitals ist eingetreten. Als Bollwerk gegen die DDR und das sozialistische Lager, protegiert vom US-Imperialismus, schrittweise in Kollaboration und Rivalität mit Frankreich die ökonomische Vorherrschaft in Westeuropa erobern, mit der „neuen Ostpolitik“ die sozialistischen Staaten unterwandern. Schließlich die Konterrevolution in Polen und in der DDR anschüren. Mit der Einverleibung der DDR die Nachkriegsordnung von Jalta und Potsdam liquidieren und mit der territorialen Neuaufteilung der Welt wieder beginnen. Das nächste Werk dabei die Zerstörung der Sozialistischen Föderativen Republik Jugoslawien und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik und ihre Zerteilung in für den deutschen Imperialismus mundgerechte Happen. Und dann der bisherige Höhepunkt: Jener 9. Mai 2010, als angeblich Griechenland, in Wirklichkeit aber das französische Finanzkapital von Schäuble/Merkel vor dem Bankrott gerettet wurde. Damit wurde auf den Tag genau 65 Jahre nach der Niederlage Deutschlands im 2. Weltkrieg dokumentiert, wer in EU-Europa künftig auch die politische Führung beansprucht. Seitdem aber hat der deutsche Imperialismus Tempo verloren, während das US-Monopolkapital in Teilen den Schock der Finanzkrise 2008 überwunden hat. Auf den Feldern, auf denen das deutsche Monopolkapital aufschließen muss, um auf „Augenhöhe“ mit dem US-Imperialismus zu kommen, sind US-Konzerne erstarkt und z.T. davongezogen; insbesondere bei der Digitalisierung, die auch für die militärische Rüstung und für die Beherrschung der Kommunikationskanäle sowie für die Lenkung der Ströme von Waren, Geld und Kapital entscheidend ist.[3] Beim zweiten Faktor zur Gewinnung einer größeren Eigenständigkeit, bei der Dekarbonisierung, die ermöglichen soll, unabhängiger vom anglo-amerikanisch dominierten Ölkartell zu werden, ist noch nicht erkennbar, wohin die Reise auf dem Energiesektor insgesamt geht. (Immerhin reicht das schon zu fetten Subventionen für Siemens Energy).
Kommen wir nun zu der innen- und außenpolitischen Konstellation, in der dieser Wiederaufstieg stattgefunden hat.
Wir konnten deutlich zwei Fraktionen im deutschen Monopolkapital identifizieren, die alldeutsch-europäische Fraktion und die amerikanisch-transatlantische Fraktion, die sich bereits vor dem 1. Weltkrieg herauszubilden begannen und festere Umrisse gewannen im Zusammenhang mit der Stabilisierung der Mark und dem Dawes-Plan in den Jahren 1923/24. Beide Monopolfraktionen eint das Gesamtinteresse des deutschen Imperialismus, und das ist die Erhaltung und Stärkung seiner Herrschaft. Denn diese Macht soll den Zugriff auf Absatzmärkte, Rohstoffquellen usw., die Sicherheit der „Lieferketten“ und den damit verbundenen Maximalprofit sichern. Wir haben das als dritten Anlauf zur Weltmacht bezeichnet. Was die Fraktionen unterscheidet, sind die Wege dorthin und die Taktiken dazu. Dabei geht es u. a. um die Frage, wann und wie lange muss man sich der stärksten imperialistischen Macht, heute dem US-Imperialismus unterordnen, wann und wie kann man aus der Deckung gehen und mit wem kann man sich dabei verbünden.
Kurt Gossweiler, der zuverlässigste Historiker für die Entwicklung des deutschen Imperialismus in der Weimarer Republik und die Rolle des Kapitals bei der Förderung des Hitlerfaschismus hat zum Zusammenspiel der Fraktionen in der Weimarer Zeit sehr erhellend und unseren Blick auf die heutigen Entwicklungen schärfend ausgeführt:
„... dass die gleichzeitige Praktizierung der Erfüllungspolitik (- so wurde damals die Politik genannt, die die Bestimmungen des Versailler Vertrags zu „erfüllen“ suchte; im Gegensatz zur „Katastrophenpolitik“, die durch Nichterfüllung z. B. die Besetzung des Ruhrgebiets durch Frankreich 1923 provozierte mit auch für das Kapital unübersehbaren Folgen wie galoppierende Inflation, revolutionärer Widerstand usw. – C.R.) durch die Regierung und der Kampf der ‚Wirtschaft‘ gegen die Erfüllungspolitik zwei zusammengehörige Seiten der Politik des deutschen Imperialismus waren und dass beide, Erfüllungspolitik und Katastrophenpolitik, nicht nur jeweils bestimmten Gruppeninteressen, sondern in ihrer Kombination auch dem Gesamtinteresse der deutschen Monopolbourgeoisie dienten. Beide waren nicht sich ausschließende Gegensätze, sondern ergänzten einander und waren geeignet, sich gegenseitig in ihrer Wirksamkeit zu steigern: die „Erfüllungsbereitschaft“ der deutschen Regierungen musste in den Augen der Ententemächte umso mehr an Wert gewinnen, je heftiger und erbitterter sie in Deutschland von den Katastrophenpolitikern bekämpft wurde. ... Natürlich heißt das nicht, dass Erfüllungs- und Katastrophenpolitiker ein Spiel gespielt hätten, in dem die Rollen im voraus verteilt waren – die Morde an Erzberger und Rathenau sprechen mit aller Eindeutigkeit gegen eine solche Auffassung. Wenngleich häufig genug auch bewusste, vereinbarte Arbeitsteilung im Spiel war, so wurde das ‚Stück‘ als Ganzes doch improvisiert, wobei jeder der Akteure sich einerseits von seinen eigenen Interessen, andererseits von den jeweiligen Umständen leiten ließ. Wenn zum Schluss ein Drama herauskam, von dem man sagen kann, dass die beiden Hauptgegner trotz aller erbitterten Rivalitätskämpfe im Grunde doch auf dasselbe Ziel hinarbeiteten, dann deshalb, weil die Wahrung des imperialistischen Gesamtinteresses, d.h. die Erhaltung und Stärkung der Herrschaft des deutschen Imperialismus (Hervhbg. CR) für beide oberstes Gebot war und weil die Wege und Mittel dafür letzten Endes nicht durch subjektive Wünsche und Absichten, sondern durch objektive Gegebenheiten fixiert wurden.“[4]
Mit Gossweilers geschultem Blick in die Vergangenheit wird erkennbar, was sich heutzutage vor unseren Augen abspielt:
Die scheinbare Unterwürfigkeit unter den US-Imperialismus in der Politik gegen die Russische Föderation und die Unterstützung des Selenski-Regimes in der Ukraine. Das ist ganz „Erfüllungspolitik“ angesichts gesprengter Nord Stream Pipelines, ein Gewaltakt, dem man seitens des deutschen Imperialismus derzeit militärisch noch nichts entgegenzusetzen hat. Es ist die Unterwerfungsgeste gegenüber dem anglo-amerikanischen Ölkartell, dem man mit Russlands Öl- und Gaslieferungen entkommen wollte. Angesichts schleppender „Dekarbonisierung“ wird scheinbar untertänig Fracking-Gas in den USA eingekauft – dear and dirty, hochpreisig und dreckig.
Diese Erfüllungspolitik wird offiziell von einem breiten Konsens getragen. Der BDI und die DGB-Führung sind voll geradezu aufdringlicher Solidarität mit der Ukraine. Den Sanktionen gegen die RF wird offiziell zugestimmt, aber wo immer es geht von relevanten Konzernen umgangen und unterlaufen. Das gilt übrigens auch gegenüber der VR China. Auf der offenen Bühne des „Handelsblatts“ werden die Verluste beklagt, die durch verteuerte Energie, durch die Sanktionen entstehen. Diese Proteste und auch die damit sich profilierende AfD vergrößern allerdings den Spielraum gegenüber dem US-Imperialismus. Man droht mit der faschistischen Gefahr, um Zugeständnisse zu erlangen. Und stärkt damit – ganz nebenbei – die faschistischen Kräfte. Sie werden ja vom deutschen Imperialismus gebraucht, wenn es gilt, das widerspenstige Volk in den wieder möglich werdenden Krieg, zur Schlachtbank zu treiben.
Die derzeit noch zur Schau getragene Unterwürfigkeit gegenüber dem US-Imperialismus ist allerdings etwas ganz Anderes als Vasallentum. Das ist vorübergehendes In-die-Deckung-Gehen, um die nächsten Schritte beim 3. Anlauf zur Weltmacht auszuloten.
A propos BRD Vasallenstaat: „... Gegenüber Frankreich und Deutschland befand sich das USA-Finanzkapital in einer ähnlichen Position wie eine Großbank, die an zwei miteinander heftig konkurrierenden Industriemonopolen in gleicher Weise beteiligt und interessiert ist. Das USA-Finanzkapital verhielt sich daher auch ebenso wie eine solche Bank. Um im Bilde zu bleiben: weil die Fortdauer des Kampfes der beiden die Profite der Bank nur schmälern kann, wird sie auf Fusion oder wenigstens auf Beilegung des Kampfes durch entsprechende Vereinbarungen drängen. Sollten sich aber die Industriemonopole gegenüber dem Herrschaftsanspruch der Bank störrisch erweisen oder sich gar gegen die Bank verständigen wollen, dann ist diese umgekehrt daran interessiert, den Konkurrenzkampf der beiden anzuheizen und dafür zu sorgen, dass sie sich solange bekämpfen, bis ihre Kräfte und Mittel erschöpft sind und beide, um Kredite zu erhalten, auf alle Bedingungen der Bank eingehen müssen.“[5]
Dies stellt die Sache doch klarer dar gegenüber den eindimensionalen Unterordnungsbehauptungen, wie wir sie bei ansonsten verdienstvollen Autoren wie Werner Rügemer u. a. finden. Schließlich ist auch das Finanzkapital der USA keine homogene und kompakte Formation, sondern in z.T. heftige Konkurrenzkämpfe untereinander verstrickt, nicht zuletzt unter den Private Equity- und sonstigen Heuschrecken[6]. Rivalisieren und Kollaborieren charakterisiert m.E. das Verhältnis des deutschen zum US-Imperialismus in richtiger Weise.
Der US-Imperialismus steht dabei vor der Aufgabe, dem deutschen Konkurrenten (aber ggf. auch den anderen imperialistischen Großmächten in Europa wie Frankreich, UK oder auch Italien) die Federn zu stutzen, ohne ihn zu sehr zu schwächen – denn ohne Verbündete kann der US-Imperialismus den Kampf gegen die VR China im Bündnis mit der Russischen Föderation nicht gewinnen. Die Instrumente zum Federnstutzen werden vor allem seit 2014 (Ukraine/Maidan-Putsch/Donbass/Krim) gezeigt: Iran-Sanktionen (dort sind u. a. Total, Siemens, Airbus engagiert), Maßnahmen des Handelskriegs gegen die EU ab 2017 und schließlich zur Durchsetzung der Interessen des anglo-amerikanisch dominierten Ölkartells die Sanktionen gegen russisches Öl und Gas bis zur Sprengung von Nordstream2.
Deutschland soll sich gegen Russland stellen und als selbständigen Machtfaktor ausschalten. Deutschland soll sich dabei die Hörner abstoßen bzw. ausbluten. Dann – mit zerschlagenem Russland und geschwächtem Deutschland – komme der große US-Bruder zum Schlichten und zur Einvernahme der Beute für die Wall Street. Kennen wir dieses Szenario nicht bereits? Ja, dieses Szenario kennen wir bereits, als Deutschland schon in der Weimarer Republik von den Westmächten in Stellung gebracht wurde gegen die Sowjetunion, schließlich die Hochrüstung des deutschen Faschismus gefördert wurde, bis Hitler dann den Krieg auf eigene Rechnung begann – nicht für die Wall Street, sondern für Krupp, Thyssen, IG Farben, Siemens, Deutsche Bank – und auch damals schon Rheinmetall. Und wir wissen, wie es geendet hat. Deshalb werden wir genauer hinsehen und hinhören, wenn von unseren Herrschaften verordnet wird, wer Freund und wer Feind sein soll!
Und schließlich: bei den politischen Schlussfolgerungen aus der Bestimmung der wechselseitigen Abhängigkeitsverhältnisse der imperialistischen Großmächte sollten wir im Gossweilerschen Sinn bedenken: Wenn sich die beiden Konkurrenten zusammenschlössen gegen die Bank, ist das noch lange kein Befreiungskampf, sondern ein Aufbegehren der kleineren Gauner gegen den Großen.[7]
Aber was erhält der deutsche Imperialismus für seine derzeitige und zeitweilige Unterwürfigkeit? Er erhält im Inneren eine desorientierte Linke, eine lahmgelegte Arbeiterbewegung, die der Aufrüstung zur „Kriegstüchtigkeit“ des Herrn „Noskorius“ nichts entgegensetzt, die die Inflation und die damit verbundenen Reallohnsenkungen – kaum murrend – hinnimmt und die in Teilen sogar auf die nationale, scheinbar russlandfreundliche Demagogie der Faschisten hereinfällt. Im Äußeren erhält er freie Hand bei der Aufrüstung, freiere Hand in Osteuropa mit besonderem Blick auf die West-Balkanländer[8], kann sich als Besatzungsmacht in Ländern wie Litauen einnisten und sich so als Speerspitze der NATO, des gesamten Imperialismus, gegen Russland mit Blickrichtung auf die VR China profilieren oder besser gesagt prostituieren. In seiner Prager Rede zeigte Scholz die Richtung:
„Ich setze mich ein für die Erweiterung der Europäischen Union um die Staaten des Westbalkans, um die Ukraine, um Moldau und perspektivisch auch um Georgien. Eine Europäische Union mit 30 oder 36 Staaten aber wird anders aussehen als unsere heutige Union. Das liegt auf der Hand. Europas Mitte bewegt sich ostwärts, könnte man angelehnt an den Historiker Karl Schlögel[9] sagen.“ (Hervorhebungen CR)
Der Ukraine-Krieg hat dabei lediglich vor aller Augen die Widersprüche zwischen den imperialistischen Großmächten offener und deutlicher gemacht – auch wenn lautstark die „Einheit“ und die „Harmonie“ „des Westens“, der „Wertegemeinschaft“ gefeiert werden.
Es ist immer ein Alarmzeichen, wenn die Imperialisten statt vom Profit von „höheren Werten“ sprechen. Wenn sie sich mit Sanktionen scheinbar ins eigene Knie schießen, sich scheinbar selbst schaden.
Wir sehen seit einiger Zeit einen Wandel in der deutschen Politik gegenüber Russland und China. Bis 2018 etwa galt die Maxime „Wandel durch Handel“ bzw. „Wandel durch Annäherung“, seitdem geht es in die Richtung: Wandel durch Verweigerung von Handel, Wandel durch Sanktionen, Wirtschaftskrieg und offene Aggression bis hin zu Zerstörung nicht nur von Lieferketten, sondern von Pipelines und ganzen Ländern. „Russland ruinieren“. Hinter vorgehaltener Hand: „Kämpfen – bis zum letzten Ukrainer!“ Im grün-transatlantischen Gewand wird der Revanchismus wieder eingebläut, kommen die Ostlandreiter aus der Deckung, kommt Vergeltung für den verlorenen Krieg wieder in den Bereich des Möglichen, Rache für Stalingrad.
Der US-Imperialismus hat bereits seit 2011, noch unter Obama, seine strategische Ausrichtung auf den asiatisch-pazifischen Raum gelegt: „pivot to Asia“ war die Devise. Die VR China rückt nicht nur in der US-Hetzpropaganda, sondern auch in mehr oder minder offiziellen Strategieüberlegungen zunehmend vom Wettbewerber zum Feind auf.
Der deutsche Imperialismus soll dabei im Kalkül des Gesamtimperialismus die folgenden Aufgaben übernehmen:
1. EU nach Osten maximal ausdehnen und gegen Russland ausrichten: Aufnahme von sechs West-Balkan-Ländern: Albanien (und dann die in Happen aufbereiteten Teile des ehemaligen Jugoslawiens), Serbien, Kosovo, Bosnien-Herzegowina, Montenegro, Nord-Mazedonien. In den Aufmarschplan der EU sind dann bereits fest eingeplant: Moldawien, Georgien und Ukraine. Inzwischen tauchen in diversen Statistiken unter dem Begriff „Mittel- und Osteuropa (MOEL)“[10] 29 Staaten auf, darunter auch Kasachstan. Das bisherige Osteuropa hat unter dem Aspekt von Handel und Kapitalexport für die BRD eine Größenordnung erheblich größer als China oder die USA. Allein nach Polen, Ungarn, und Tschechien gehen zusammengerechnet deutsche Exporte in Höhe von 155 Milliarden Euro, in die USA 119, in die VR China 103 Milliarden Euro (2021).[11]
2. Russland so einengen, in Kriegen und Rüstung so zermürben, dass es keine Unterstützung mehr für die VR China sein kann. Und/oder einen Regimewechsel herbeiführen, der Russland auf längere Zeit in eine Halbkolonie des Imperialismus verwandelt und damit zu einer Bedrohung gegen die VR China machen. Latent ist damit natürlich auch die Drohung verbunden, mindestens den nördlichen Korridor der Neuen Seidenstraße zu stoppen. Dieser Korridor wird jetzt schon in Polen behindert. Zunehmend wird deshalb der mittlere Korridor (über Baku, Istanbul nach Hamburg) genutzt.
„Wenn wir aus den baltischen Staaten oder Polen hören, dass sie Angst davor haben, die nächsten Ziele Russlands zu sein, dann müssen wir das ernst nehmen. Bundeskanzler Olaf Scholz hat mehrfach deutlich gemacht, dass wir jeden Zentimeter Nato-Territorium verteidigen werden. Ich begrüße seine Entscheidung, mehr deutsche Truppen an der Ostflanke der Nato zu stationieren und den Schutz unserer osteuropäischen Partner zu intensivieren. Auch hierzu ist eine bessere Ausstattung der Bundeswehr dringend notwendig.“ – Klingbeil
3. Das gelingt dem Imperialismus nur, wenn die deutsche Rolle als Führungsmacht in der EU ausgebaut wird: ökonomisch, politisch, militärisch.[12],13
4. Dazu werden wir auch erleben, wie die bisherigen Beschränkungen für den deutschen Imperialismus (z. B. aus dem Potsdamer Abkommen) mehr und mehr in Frage gestellt werden. Angestrebt wird dabei, eine europäische Streitmacht in relativer Unabhängigkeit von der NATO aufzubauen. Dabei wird das Verhältnis zum französischen Imperialismus mit dem direkten und offenen Zugriff auf Atomwaffen eine wichtige Rolle spielen. Mit dem Rüstungsprogramm und weiteren flankierenden Maßnahmen wird die Bundeswehr zur zweitgrößten (konventionellen) Armee der NATO.[14] Die Wiedereinführung der Wehrpflicht ist bereits absehbar.
„Die europäischen Staaten in der Nato sollten in Zukunft in der Lage sein, europäisches Territorium gemeinsam zu verteidigen. Das ist keine Politik gegen das transatlantische Bündnis, sondern eine Politik, die das Bündnis stärkt.“ – Klingbeil
5. Mit einer derart deutsch-diktierten EU im Kreuz kann der deutsche Imperialismus auch für eine gewisse Zeit gegenüber China eine scheinbar unabhängige Rolle spielen, um die taktische Variante zu versuchen „Wandel durch Annäherung“ oder „Die Burg von Innen sturmreif machen“.[15]
6. Offen ist es, wie dabei vor allem Frankreich (Italien?) bei der Stange gehalten werden kann mit verstärkter Rüstungskooperation, Ausdehnung der Einflusssphären in Afrika und Asien u. a. Und wie der britische und US-Imperialismus dem entgegenwirken.
7. Offen ist auch, wie schnell der deutsche Imperialismus die Dekarbonisierung (d.h. letztlich Unabhängigkeit vom anglo-amerikanischen Ölkartell) und die digitale „Souveränität“, ohne die eine relative Unabhängigkeit nicht möglich sind, vorantreiben kann.
Kritisch ist dabei der US-Cordon Sanitaire[16] von den baltischen Staaten, Polen, Rumänien bis in den Kosovo (Bondsteel Camp). Er ist einerseits ein vorgeschobener Posten gegen Russland unter der direkten Fuchtel des US-Imperialismus. Andererseits auch gegen die Dominanz des deutschen Imperialismus gerichtet, um ihn unter Kontrolle zu halten, ggf. die Wege Richtung Osten zu blockieren und einen deutschen Sonderweg wie ehedem zu unterbinden. Denn: Ökonomisch werden alle Staaten in Osteuropa von der BRD und ihren Konzernen dominiert. Dazu kommt die Beherrschung durch den Euro. Außerhalb der Euro-Zone stehen noch Polen, Ungarn, Tschechien. Die haben dadurch immer noch die Möglichkeit, sich durch Währungsabwertungen (in erster Linie) flexibler an Krisen anpassen zu können. Bis auf Polen, das besondere Beziehungen zu den USA unterhält, könnte aber die Bundesbank über verschiedene Kanäle jederzeit Forint und Krone und vermutlich auch den Złoty aushebeln und diese Länder damit politisch erpressen.
Das Wichtigste bei der Beurteilung der Entwicklung ist es, den Widerspruch als Ausgangspunkt zu nehmen: Einerseits die Notwendigkeit der imperialistischen Großmächte, sich zu vereinen gegen ihren gemeinsamen Feind: den Sozialismus (die VR China vor allem, aber damit auch potenziell alle vom Imperialismus abhängigen und unterdrückten Länder). Andererseits die antagonistische, unvermeidliche Konkurrenz unter den imperialistischen Großmächten um die Neuaufteilung der Welt, um die Aufteilung der Beute.
Der deutsche Imperialismus ist dabei im Zuge des Ukraine-Kriegs in Deckung gegangen. Dabei ist das verbindende Glied zwischen den Monopolfraktionen im deutschen Imperialismus derzeit: Die Aufrüstung mindestens im EU-europäischen Rahmen mit der Perspektive: in absehbarer Zeit auch als militärische Großmacht sowohl gegenüber China wie den USA in den Kampf um die Neuaufteilung der Welt eintreten zu können. Mit der Rüstung kann man auch über gewisse Zeiträume die Wirtschaft ankurbeln, Nachfrageausfälle im zivilen Bereich etwa beim Konsum oder beim Export kreditfinanziert kompensieren[17], um sich auf längere Sicht an Russland, Afrika, Lateinamerika und Asien schadlos zu halten.
Alles in Allem ein klar imperialistischer Kurs, ein abenteuerlicher Kurs mit vielen Unbekannten und ein Kurs, der in die Katastrophe führt – wenn die Arbeiterklasse und die Völker Europas ihn nicht stoppen. Und es ist ein Kurs, der auch die Steilvorlagen für die völkischen Faschisten liefert. Für die ist – holzschnittartig skizziert – das derzeitige Haupthindernis für Deutschlands Glanz und Gloria US-Amerika. Sollen die USA doch in der Ukraine ihre Dollars verbrennen und verpulvern. Das schwächt sie. Dazu unterstützen „wir“ Russland, den aktuellen Hauptwiderpart der USA. Und im Übrigen: Sollen sich doch von den slawischen Völkern so viele gegenseitig totschlagen wie möglich. Das schafft den Boden, damit Deutschland wieder aufräumen kann in seinem „Lebensraum im Osten“.
Dieser Faschistenwahnsinn erhält noch keine große zahlungskräftige Unterstützung im deutschen Finanzkapital. Doch das Geschrei einiger SPD – Führer – von den grünen Kriegstreibern ganz abgesehen – von der Führungsmacht Deutschland und von der beschleunigten Ostexpansion der EU und der NATO werden die Nazis in Nadelstreifen salonfähig machen. Die können dann sagen: Wir wollen doch das Gleiche, nur ein bisschen anders, effizienter und „in traditioneller Weise“, wie es das nun verstorbene Sprachrohr der „europäischen“ Monopolfraktion, Schäuble, einmal ausgedrückt hat.[18]
Wir sollten uns von kritischen Stimmen aus dem Lager des Monopolkapitals zu Sanktionen nicht täuschen lassen. Den Konzernen ist es relativ gleichgültig, woher das Gas oder das Öl kommt. Wenn es nicht billig aus Russland kommt, dann kommt es eben teuer aus den USA. Schließlich gibt es auch noch zahllose Möglichkeiten mit Lippenbekenntnissen die US-Verantwortlichen zu beruhigen, und mit Um- und Auswegen[19] das zu tun, was im eigenen Interesse liegt. Alles kein Thema, solange es von der Regierung für sie gedeckt, ggf. beschafft und subventioniert wird – und wir bezahlen.
Und auf uns, die Werktätigen samt Rentnern, Kindern, Kranken, Hartz-Geplagten u. a., kommt es gewaltig angerollt:
Der Handel mit Russland und China hatte bisher dazu beigetragen, dass der Wert der Arbeitskraft gesenkt werden konnte, dadurch die Reallöhne stabil blieben und sogar gesenkt werden konnten, ohne dass sich das unmittelbar beim Lebensstandard bemerkbar machte. Vom Spielzeug bis zur Küchenmaschine: Made in People’s Republic of China. Öl und Gas aus Russland zu stabil niedrigen Preisen machte viele Waren erschwinglich: Von Dünger bis zum Gemüse aus dem Glashaus.
Die angekündigte „Zeitenwende“ bedeutet, dass nunmehr der deutschen Arbeiterklasse, den Völkern Europas und der ganzen Welt, aber auch den anderen imperialistischen Konkurrenten direkt und ganz anders Dampf gemacht wird. Jetzt gilt es, den Wert der Arbeitskraft nicht mehr durch Verbilligung der in die Reproduktion eingehenden Waren zu senken, sondern die Reallöhne unter den Wert der Arbeitskraft zu drücken, ohne Abschwächung durch Billigimporte. Das geht kurzfristig durch die inflationären Preissteigerungen, die durch die scheinbar so gewaltigen Lohnerhöhungen bei weitem nicht aufgefangen wurden. Längerfristig wächst dann der Druck auf die Nominallöhne, der Geruch von Notverordnungen wird riechbar. „Kanonen statt Butter“ – das ist der Kurs der „Zeitenwende“. Bei uns vielleicht noch eine Weile sozialdemokratisch „abgefedert“, aber sicher EU-weit verbunden mit einem Großangriff auf Gewerkschaften, Arbeiterrechte, Löhne und Sozialkassen. Die Debatte um die Schuldenbremse und die Kürzungen angesichts des Haushaltsurteils des Bundesverfassungsgerichts werfen Schlaglichter – nicht zuletzt auch historisch auf eine Politik der „Notverordnungen“. Und die sozialdemokratische Führung will nicht merken, dass sie damit Wählermassen desorientiert und nach rechts treibt. Aber wir wissen ja: Die Bewegung ist alles ...!
Den Widerstand gegen diese Politik zu unterstützen, dagegen zu mobilisieren und dem Kampf Stoßrichtung zu geben gegen den Hauptfeind im eigenen Land – das ist die Aufgabe, vor der wir stehen! Sozialismus oder Barbarei!
AG Krise: Conny Renkl, Flo, S. Müller, O‘Nest
1 www.reichstagsprotokolle.de/Blatt_k9_bsb00002771_00112.html, 18.01.24
2 J.W. Stalin, Ökonomische Probleme des Sozialismus, 6. Die Frage der Unvermeidlichkeit von Kriegen zwischen den kapitalistischen Ländern, SW Bd. 15, S. 323 ff.
3 s. hierzu unsere Artikelreihe zur „Digitalen Souveränität“ in sechs Folgen ab KAZ 375
4 Kurt Gossweiler, Großbanken, Industriemonopole, Staat – Ökonomie und Politik des staatsmonopolistischen Kapitalismus in Deutschland 1914 bis 1932, Berlin 1971, S. 163 f.)
5 K. Gossweiler, a.a.O. S. 192
6 s. z. B. die Auseinandersetzung mit George Soros über das Engagement von BlackRock in der VR China.
7 „So wird Hilferding zu einem Werkzeug der Bourgeoisie, indem er den Arbeitern die Parteinahme zu einem Kampf zweier Kapitalgruppen untereinander als ihren Befreiungskampf empfiehlt.“ (Kurt Gossweiler zitiert hier – a.a.O. S. 128 – zustimmend aus einem Dokument der KPD vom Oktober 1920)
8 Deren bedeutendstes Land ist Serbien, das noch immer auf guten Beziehungen zu Russland besteht und deshalb ständig mit „bunten“ Unterwanderungen bedroht wird und über das Kosovo, über Bosnien-Herzegowina unmittelbar in gewaltsame Auseinandersetzungen hineingezogen werden kann. Nur zur Erinnerung: „Serbien muss sterbien!“ war ein Schlachtruf der Achsenmächte am Beginn des 1. Weltkriegs.
9 Ausgerechnet Schlögel, der sich vom ultralinken Sektierer (KPD-AO) zum reaktionären Protagonisten der imperialistischen Ostexpansion gemausert hat.
10 Die EU hat fast im Gleichschritt wie die NATO expandiert. Nachdem 1991 bereits erste Assoziierungsabkommen geschlossen waren, wurden 1997 die ersten fünf MOEL EU-Kandidaten: Estland, Polen, Tschechien, Slowenien, Ungarn. 1999 kamen hinzu: Bulgarien, Lettland,
Litauen, Rumänien, Slowakei. Sie wurden 2004 bzw. 2007 EU-Mitglieder. Auf der Website des Bundes-Umweltamts finden wir den Hinweis: „Im weiteren Sinn umfasst der Begriff alle ehemals kommunistischen Länder, die geographisch Europa zuzurechnen sind. Über die oben genannten hinaus sind das u. a. Albanien, Belarus, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Moldawien, Montenegro, Russland, Serbien, Ukraine.“ (sns.uba.de/umthes/en/concepts/_00650774.html – 3.1.2023)
11 Bei den Waren-Importen: USA: 71 / VR China 110 / Polen Tschechien, Ungarn: 149 Mrd. Euro. Das Bild beim Kapitalexport (2019): BRD nach USA: 392 – nach VR China: 90 – nach Polen: 38 – nach Tschechien: 29 – nach Ungarn: 20. Zusammen immerhin fast soviel wie nach China! Dabei sind die Kapitalimporte aus diesen osteuropäischen Ländern beinahe eine zu vernachlässigende Größe. Siehe hierzu: Unmittelbare und mittelbare Direktinvestitionen im Ausland bzw. im Inland,
www.bundesbank.de/resource/blob/891988/6ebae18684a7a72e9d6a01222532c109/mL/2022-06-01-09-40-57-direktinvestitionsstatistiken-data.pdf, S. 48 ff. – 3.1.23)
12 „Die Europäische Union muss auch mit mehr Mitgliedern in der Lage sein, schnell zu handeln. Daher müssen wir das Einstimmigkeitsprinzip abschaffen, etwa in der Außenpolitik oder in der Finanz- und Fiskalpolitik. Das macht die EU schlagfertiger, handlungsschneller und demokratischer.“ – Scholz
„Ich bin beispielsweise fest davon überzeugt, dass genau jetzt der Moment ist, um endlich eine europäische Verteidigungs- und Sicherheitspolitik voranzutreiben. 27 Länder, die ihr eigenes Beschaffungswesen unterhalten, ihre eigenen Rüstungskonzerne haben, die einzeln mit diesen Rüstungskonzernen verhandeln. Ich kann niemandem mehr erklären, warum wir das nicht endlich europäisch bündeln.“ (Klingbeil)
13 Als neues Projekt hat Scholz den „Europäischen Skyshield“ initiiert (s. KAZ 382).
14 „Deutschland wird in Europa bald über die größte konventionelle Armee im Rahmen der Nato verfügen“, so Kanzler Scholz (Spiegel, www.spiegel.de/politik/deutschland/olaf-scholz-deutschland-hat-bald-groesste-konventionelle-nato-armee-in-europa-a-ab463e8f-2603-4ecd-b2be-8930d7d5fcd1, 4.1.23)
15 „Europa muss seine strategische Autonomie ausbauen. Kritische Güter und kritische Infrastruktur müssen hier bei uns in Europa hergestellt und gefördert werden. Mit Blick auf China bedeutet das etwa, dass wir Abhängigkeiten in den Bereichen Medizin oder Technik abbauen. Das bedeutet nicht, dass wir mit Staaten wie China keinen Handel mehr betreiben sollten, wie es manche fordern – aber es bedeutet, dass wir uns strategisch klug und resilient aufstellen.“ – Klingbeil
„Doch bei allem, was gerade Präsident Biden für unsere Partnerschaft getan hat, wissen wir zugleich, dass sich der Blick Washingtons stärker auch auf den Wettbewerb mit China und auf den asiatisch-pazifischen Raum richtet. Das wird für künftige amerikanische Regierungen ebenso gelten, vielleicht sogar noch mehr.“ – Scholz
16 Hier: Pufferzone zwischen den Machtblöcken EU und RF. Historisch kommt als Referenz auch die Kleine Entente, vom französischen Imperialismus dominiert, in der Zwischenkriegszeit in den Blick.
17 Im Übrigen bekommen sie ja zunehmend Erfahrung, wie man die Schuldenmacherei für die Kriegsvorbereitung vor dem Publikum verstecken kann: „Sondervermögen“, Schattenhaushalte, Umwidmungen usw.
18 „Die Eingliederung der mittelosteuropäischen Nachbarn in das (west-) europäische Nachkriegssystem sei der einzige Weg, wie sich ein ‚Rückfall in das Vorkriegssystem’ verhindern lasse (...); ohne eine solche ‚Eingliederung’ könne ‚Deutschland aufgefordert werden oder aus eigenen Sicherheitszwängen versucht sein, die Stabilisierung des östlichen Europa alleine und in der traditionellen Weise zu bewerkstelligen.“ (Schäuble/Lamers-Papier vom 1. September 1994 – www.blaetter.de/ausgabe/1994/oktober/ueberlegungen-zur-europaeischen-politik)
19 Ein Beispiel für Dichtung und Wahrheit zum Abkoppeln von China: „Die deutsche Wirtschaft ist viel abhängiger von China als umgekehrt. Die Verflechtungen hätten sich im ersten Halbjahr 2022 ‚mit einem enormen Tempo in die falsche Richtung entwickelt‘, urteilt IW-Ökonom Jürgen Matthes in einer Studie. „Die deutschen Direktinvestitionsflüsse nach China waren noch nie so hoch.“ Auch die Importe aus China und das deutsche Defizit im Handel erreichten Allzeithochs. Dagegen schwächte sich das Wachstum der deutschen Ausfuhren nach China stark ab.“ (www.businessinsider.de/wirtschaft/olaf-scholz-besucht-xi-jinping-in-peking-so-abhaengig-ist-deutschlands-wirtschaft-von-china/ – 6.11.22)
So endete die letzte Zeitenwende! – Vorwärts und nicht vergessen!
„Keinen 3. Anlauf zur Weltmacht“ und „Kein IV. Reich“ war 1990 die Antwort von fortschrittlichen Kräften in Westdeutschland gegen die Einverleibung der DDR (Bild aus KAZ 317)
Wenn einer kein Vasall sein will, ist er noch lange kein Kämpfer für Freiheit und Unabhängigkeit. Sondern meist einer, der selbst einen größeren Anteil an der Beute haben will.
Eine Postkarte von 1914. Zum Auslöser des 1. Weltkriegs wurde das erfolgreiche Attentat durch Gavrilo Princip (2014 und in den folgenden Jahren wurden in Sarajevo, Beograd u. a. Denkmäler für ihn errichtet) auf den österreichischen Thronfolger erkoren. Nachdem 1914 der österreichisch-ungarische Überfall auf Serbien kläglich am Widerstand der serbischen Armee gescheitert war, besetzten die Mittelmächte im Oktober 1915 Beograd und schließlich weite Teile des Königreichs Serbien. 1990 legte die deutsche Regierung durch die vorzeitige Anerkennung der abtrünnigen Republiken Slowenien und Kroatien die Axt an die Existenz von Jugoslawien. Im nächsten Schritt soll Serbien „zurechtgemacht“ werden für die Eingliederung in die EU und damit unter den Stiefel von Größer-Deutschland.
Griechenland niedermachen war nur ein Anfang für die Neuordnung Europas unter der übergeschnappten „Führungsmacht“. Hier ein Bild aus dem Kampf 2015: Stimmt mit „Nein“ (= Oxi in griechisch) gegen das Diktat der Troika (EZB, EU-Kommission, IWF), für die stellvertretend und zurecht der damalige deutsche Finanzminister Schäuble stand.