KAZ-Fraktion: „Ausrichtung Kommunismus”
19. Mai 2012, 30.000 demonstrieren trotz gewaltigem, gewaltbereitem Polizeiaufgebot in Frankfurt gegen Bankenmacht und Krisenpolitik. Das Bündnis Blockupy hat keine Anführer, Vordenker schon: Michael Hardt spricht. Der US-Professor, der meist mit dem Italiener Antonio Negri publiziert, ist durch seine Bestseller „Empire“ (2000), „Multitude“ (2004) und „Commonwealth“ (2009) zum internationalen intellektuellen Popstar geworden. Ebenbürtig ist da allenfalls der Slowene Slavoj Žižek, und für Kenner, der Franzose Alain Badiou. Da sind sich nicht nur die bürgerlichen „Leitmedien“ von New York Times, Le Monde, NZZ, über Spiegel, Zeit, FAZ, und Süddeutsche einig. Auch in der linken Szene von attac über PdL, iL, und bis weit in die DKP hinein haben die Ideen von Žižek, Hardt/Negri und Badiou ein Gewicht bekommen, das nicht zu unterschätzen ist. Allenfalls in der 68er Bewegung hatten Habermas und Marcuse einen ähnlichen Promistatus. Landauf, landab feiert die Idee der ‚Commons‘, der Zurückeroberung des gemeinschaftlich zu nutzenden Welterbes, bei Piraten, Euro-Links-Grünen und Parteikommunisten Urständ. Wenn unsere hiesigen neuen Erneuerer des Kommunismus von der Notwendigkeit der kulturellen Hegemonie sprechen, zitieren sie oft fälschlich Gramsci. Der Hinweis auf die Vordenker der „Mosaiklinken“, Žižek, Hardt/Negri, und Badiou fehlt meistens.
Die „kulturelle Hegemonie“ des echten Gramsci, des Leninisten, zielt auf die Durchsetzung des proletarischen Klassenbewusstseins gegen das Klassenbewusstsein der Bourgeoisie. Es geht um die ideologische Loslösung der Arbeiterklasse von der Bourgeoisie. Ist das proletarische Klassenbewusstsein stark genug, wird es die Ideologie der Bourgeoisie auch in den Klassen und Schichten, mit denen es das Bündnis sucht, zurückdrängen können. Diese kulturelle Hegemonie des Proletariats wird von den heiligen drei Königen des Neukommunismus ersetzt durch die Hegemonie der „kreativen Klasse“. Ist der Klassenwiderspruch zwischen Bourgeoisie und Proletariat einmal als entscheidende Triebkraft der gesellschaftlichen Entwicklung geleugnet, wird das Proletariat als einzig revolutionäre Klasse im Kapitalismus überflüssig. Dann braucht es auch keine proletarische Partei mehr, die das Klassenbewusstsein im Blick auf die Umwälzung der Machtverhältnisse, die sozialistische Revolution, organisiert. Es muss dann eben ein neues „kommunistisches Manifest des 21. Jahrhunderts“ her, als das die Werke von Badiou, Hardt/Negri und Žižek in den Medien der Herrschenden gern gefeiert werden.
Wir haben zur Auseinandersetzung mit solchen Ansichten eine Arbeit der Kanadierin Radhika Desai übersetzt.[1] Sie zeigt, dass die „neuen Kommunisten“ der „Commons“ auf den alten Ideen von Proudhon, einem der Urväter des Anarchismus, aufbauen; eines Proudhon, den Marx schon gründlich zerlegt hatte in seiner Schrift von 1847 „Elend der Philosophie. Antwort auf Proudhons ,Philosophie des Elends‘“. Sie zeigt weiter, dass sie Proudhons Ablehnung von Marx‘ Theorie zu Klasse, Partei und Staat durch ihren Antikommunismus verschlimmern und ihren „Kommunismus“ auf das heutige Niveau des Imperialismus bringen, des parasitären und faulenden Kapitalismus.
1 Der Artikel erschien zuerst in „International Critical Thougt“, vol. 1, nr. 2, June 2011. Übersetzung aus dem Englischen ins Deutsche durch Corell, Flo, Müller, O‘Nest. Aus Platzgründen entfällt das Literaturverzeichnis, das jedoch jederzeit über die Redaktionsadresse der KAZ angefordert werden kann.
Über die vom 18. März bis 28. Mai 1871 bestehende Commune schrieb Karl Marx:<br>„<em>Namentlich hat die Kommune den Beweis geliefert, daß ,die Arbeiterklasse nicht die fertige Staatsmaschine einfach in Besitz nehmen und sie für ihre eigenen Zwecke in Bewegung setzen kann‘ …“</em> (MEW 18, S. 96)<br>„<em>Diese Sprengung der bisherigen Staatsmacht und ihre Ersetzung durch eine neue, in Wahrheit demokratische, ist im dritten Abschnitt des Bürgerkriegs (Stellungnahme von Marx zur Pariser Kommune) eingehend geschildert.</em>“ (MEW 22, S. 198)