Für Dialektik in Organisationsfragen
Der Antiislamismus sei der Antisemitismus der heutigen Zeit, der Antiislamismus ersetze den Antisemitismus. Diese Ansicht bekommt man seit einigen Jahren häufig zu hören. Antiislamismus soll also im Grunde das Gleiche sein wie Antisemitismus? Wir sind dieser Ansicht nicht. Und wir halten sie für gefährlich, weil sie die Gefahr des Antisemitismus unterschätzt. Aber zunächst wollen wir mal feststellen, wie es zu dieser Anschauung kommt, und worin tatsächlich die Gemeinsamkeit zwischen Antisemitismus und Antiislamismus besteht.
Jeder, der sich mit der Geschichte des deutschen Faschismus beschäftigt hat und nun den Text des bayerischen Entwurfs zu einem Integrationsgesetz[1] liest, wird sich mit Erschrecken an die Nürnberger Rassengesetze von 1935[2] erinnert fühlen. Das sogenannte „Reichsbürgergesetz“ schuf zweierlei Staatsbürger. Dort hieß es: „Reichsbürger ist nur der Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes, der durch sein Verhalten beweist, dass er gewillt ist, in Treue dem Deutschen Volk und Reich zu dienen“. Und weiter: „Der Reichsbürger ist der alleinige Träger der vollen politischen Rechte nach Maßgabe des Gesetzes.“ Wie man sieht, wendet sich dieses Gesetz (im Gegensatz zu einem weiteren Nürnberger Gesetz) nicht ausschließlich gegen Juden. Umso offensichtlicher ist die Ähnlichkeit mit dem bayerischen Entwurf. Da werden auch zweierlei Staatsbürger geschaffen. Und das ausgehend vom Stammbaum bis zu den Großeltern – entsprechend dem Globke-Kommentar zu den Nürnberger Rassengesetzen. Mit diesem Kommentar wurde der Halb- und Vierteljude geschaffen. In Bayern sollen daraus nun der Halb-Türke und der Viertel-Araber werden. Die Gesinnungsverfolgung im bayerischen Entwurf gibt es auch: Das Gesetz richtet sich gegen diejenigen, die „in besonderer Weise integrationsbedürftig“ sind. Wie im Nürnberger „Reichsbürgergesetz“ richtet sich diese Gehirnwäsche auch gegen Staatsbürger ohne sogenannten „Migrationshintergrund“. Bereits in der Präambel des Gesetzentwurfes wird jeder auf die Loyalität gegenüber Volk, Staat und Gesetzen verpflichtet und wer erkennen lässt, dass er die freie demokratische Grundordnung nicht akzeptiert, kann nach Art. 13 zu Kursen über die Werteordnung verdonnert werden. In den Nürnberger Rassengesetzen und der aktuellen Kopie aus Bayern zeigt sich sehr deutlich: Der Antisemitismus ist Rassismus, genauso wie der Antiislamismus. Rassismus ist die Lehre von der biologischen oder abstammungsmäßigen Ungleichheit der Menschen. Eine Lehre, die sich gegen die bürgerliche Gleichheit wendet. Rassismus stellt Unterschiede zwischen den Menschen fest, die es in Wirklichkeit nicht gibt, und leugnet den einzigen gesellschaftlichen Unterschied, den es wirklich gibt: den Klassenunterschied.
Rassismus jeglicher Art bildete sich heraus mit der Entwicklung der Warenproduktion, die den Kapitalismus hervorbrachte. In seinem höchsten Stadium, dem Imperialismus, erreichten auch die verschiedenen Ausprägungen des Rassismus ihr uns bekanntes schreckliches Gesicht.
Der Rassismus gegen Menschen mit nicht weißer Hautfarbe hat seine Ursache im Kolonialismus, in der imperialistischen Arroganz gegenüber den unterdrückten Völkern. Eine besondere Art des Kolonialismus gab es in den USA, wo nicht Gebiete sondern Menschen aus Afrika geraubt und versklavt wurden. Auch hier liegt in dieser besonderen Art von Kolonialismus die Ursache des Rassismus gegen Menschen schwarzer Hautfarbe.
Der Antisemitismus ist Rassismus anderer Art. Er ist der Aufstand der Mittelmäßigkeit gegen das Weiterentwickelte, das Erfolgreichere. Er ist die Ideologie und Politik der zu spät und zu kurz Gekommenen. Und weil die deutsche Bourgeoisie zu spät und zu kurz gekommen ist und daraus ihre besondere Aggressivität erwächst, ist der Antisemitismus eine ihr besonders entsprechende Ideologie. Der Antisemitismus ist ihr sozusagen auf den Leib geschneidert.
Der Rassismus nach unten ist im Großen und Ganzen nicht auf Vernichtung, sondern auf Unterwerfung und Versklavung von angeblich „minderwertigen“ Völkern aus.
Was sagt uns dagegen der Blick auf den Antisemitismus: Er hat, so wie insgesamt der Rassismus, in vielen Ländern zu schrecklichen Verbrechen geführt. Aber nur der deutsche Antisemitismus hat zur systematischen, staatlich organisierten, fabrikmäßig betriebenen, als Kriegswaffe eingesetzten Ermordung von Millionen von Menschen geführt. Als eliminatorischen Antisemitismus hat der amerikanische Historiker Goldhagen den deutschen Antisemitismus charakterisiert. Diesem Teil seiner Analyse (die eine bürgerliche Analyse ist) kann man nur zustimmen. Seine Begriffsbestimmung eliminatorischer Antisemitismus für den deutschen Antisemitismus ist verdienstvoll.
Antisemitismus ist eine imperialistische Ideologie. Nun wird oft der Antisemitismus mit jeglichem Judenhass gleichgesetzt. Warum ist es wichtig, den Antisemitismus von dem alten Judenhass zu unterscheiden? Der im Spätmittelalter mit den Kreuzzügen sich ausbildende Judenhass hatte ökonomische Ursachen, die mit denen des heutigen Antisemitismus nicht vergleichbar waren. Er hing zusammen mit dem Zinsverbot, das dem feudalistischen, mit großen Gütern gesegneten Klerus große Vorteile bot. Nun war aber die Warenproduktion doch schon so weit entwickelt, dass Handel und Wandel mit einem Zinsverbot total unrealistisch waren. Deshalb schaffte man ein Ventil, indem die Juden Zins nehmen, aber kein Land besitzen durften. Die Juden wurden so ungewollt zu einem bürgerlich-revolutionären Element in der mittelalterlichen Gesellschaft. Gleichzeitig wurden sie zu Verhassten und Verfolgten. Mit der Reformation verlor die Kirche entscheidend an Macht. Das aufstrebende Bürgertum konnte ein Zinsverbot überhaupt nicht gebrauchen, und die Großhandelsfamilie Fugger hatte sich schon lange darüber hinweggesetzt. Das Zinsverbot fiel, aber auf die bürgerlichen Fertigkeiten, die die geldverleihenden Juden inzwischen erworben hatten, konnte die unentwickelte Warenproduktion überhaupt noch nicht verzichten. So besserte sich die Lage der Juden nicht: Sie waren notwendig für die bürgerliche Entwicklung, und gleichzeitig waren sie als Konkurrenten des aufstrebenden Bürgertums verhasst. Daraus erklären sich auch die bekannten blutrünstigen Hasstiraden Martin Luthers auf die Juden, die er erst losließ, als das verräterische Bündnis der deutschen Bourgeoisie mit den Fürsten perfekt war, als er schon die gegen den Feudalismus kämpfenden Bauern für vogelfrei erklärt hatte. Erst im 19. Jahrhundert begann die besondere ökonomische Funktion der geldverleihenden Juden zu schwinden. Mit der Verallgemeinerung der Warenproduktion, der Entwicklung des Kapitalismus verlor der Judenhass endgültig seinen materiellen Boden. Die deutsche Bourgeoisie konnte so langsam auf die Juden verzichten. Wir waren sozusagen alle zu Juden geworden, jeder muss gleichermaßen verkaufen und kaufen, es geht immer nur ums Geld. Das gilt selbst für diejenigen, die nur ihr bisschen Arbeitskraft zu verkaufen haben. Nicht die kapitalistische Ausbeutung, sondern das Geld als solches scheint gerade den immer mehr in ihrer Existenz bedrohten Kleinbürgern die Wurzel allen Übels zu sein. Auf dieser Grundlage begann sich der Antisemitismus zu entwickeln. Die Tatsache dagegen, dass der Zins nur ein Teil des von den Arbeitern geschaffenen Mehrwerts ist, ist nicht offensichtlich und nur durch wissenschaftliches Studium erkennbar. Dies zu entdecken, blieb dem Theoretiker der Arbeiterbewegung Karl Marx vorbehalten. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war der Kapitalismus so weit ausgebildet, dass er in sein höchstes und letztes Stadium eintrat, den Imperialismus. Industrie- und Bankkapital waren ununterscheidbar im Finanzkapital verflochten. Umso perverser wurden die antisemitischen Schlagworte, die mit der Lüge vom ausländischen raffenden und inländischen schaffenden Kapital hausieren gingen (so z.B. die NSDAP ab 1925).
Worin unterscheidet sich der Antisemitismus vom herkömmlichen Judenhass? Er speist sich aus dem alten Judenhass, aber er ist rassistisch. Das ist der wesentliche formale (und deshalb nicht weniger grausame) Unterschied. Dem alten Judenhass konnte man entgehen, indem man zum Christentum konvertierte, und das haben auch viele getan, die sicherlich keine besonders frommen Christen waren (z. B. Heinrich Heine). Der rassistische Judenhass, der Antisemitismus, lässt keinem Betroffenen mehr eine Wahl, er beseitigt die letzten Hemmnisse für Willkür, Mord und Totschlag. Er befriedigt nicht nur die Rachegelüste des Kleinbürgertums für ihre elende Lage, er ist, wie gesagt, die ideale Weltanschauung für den zu spät und zu kurz gekommenen deutschen Imperialismus. Der frühere Judenhass war ökonomisch bedingt, der Antisemitismus ist eine politische Waffe und hat im Gegensatz zum alten Judenhass keine materielle Basis. Was ist der Unterschied zwischen Ökonomie und Politik? Lenin drückte das so aus, „dass die Politik der konzentrierteste Ausdruck der Ökonomik ist“. Das bedeutet in diesem Fall, dass der Antisemitismus nicht unbedingt den einzelnen Banken und Konzernen mehr Profit bringt. In einzelnen Fällen war das zwar bei der Vernichtung der Juden so, wie bei den IG Farben als Giftgaslieferant oder der Degussa als Verwerter von Zahngold. Und auch die sogenannte Arisierung erfreute einzelne Monopolisten. Aber das waren nicht die Hauptvorteile für die Monopolbourgeoisie, das hatte keine bedeutenden ökonomischen Auswirkungen für den deutschen Imperialismus. Der Antisemitismus dient als ideologische, politische und militärische Waffe – und damit der gesamten Monopolbourgeoisie. So ist auch zu erklären, dass im faschistischen Deutschland der Staat als ideeller Gesamtkapitalist den Antisemitismus als Staatsdoktrin übernahm. Der eliminatorische Antisemitismus des deutschen Faschismus ist nur durch die rassistische Komponente zu erklären. Nur mit Hilfe dieser Rasse-Konstruktion konnte der Antisemitismus in eine materielle Kriegswaffe – durch Vernichtung von Menschenmassen v.a. in Polen und der Sowjetunion, und beginnend mit dem Krieg gegen die Sowjetunion – verwandelt werden. So war der Antisemitismus der Hitlerfaschisten auch stets verbunden mit dem Rassismus nach unten. Nicht nur, weil den Juden „die Verpestung durch Negerblut am Rhein im Herzen Europas“[3] vorgeworfen wurde. Die Ungleichwertigkeit aufgrund von Herkunft und Stammbaum, die durch den Antisemitismus in den Köpfen verankert wurde, ebnete den Weg für weitere Formen des Rassismus. Hier zeigt sich die erschreckende Ähnlichkeit des Bayrischen Integrationsgesetzentwurfs mit den Nürnberger Rassegesetzen – jeglicher Rassismus, jegliche Betonung von vermeintlicher Ungleichwertigkeit ebnet den Weg für weiteren Rassismus.
Der Antisemitismus ist dabei besonders gut geeignet, die Hauptfeinde des deutschen Imperialismus auf einen Nenner zu bringen (Vernichtung der Arbeiterklasse und der imperialistischen Konkurrenten). Die Probe für Auschwitz und andere Vernichtungslager wurde mit Insassen von psychiatrischen Anstalten gemacht. Sie wurden bis zum Sommer 1941 vergast, bevor die eigentliche Judenvernichtung begann. Hier zeigt sich ein weiterer Aspekt, der durch die Verankerung der vermeintlichen Ungleichwertigkeit von Menschen aufgrund willkürlich bestimmter Merkmale zur Vernichtung von Leben führte. So wurde die Vernichtung von als „unwert“ angesehenem Leben gerechtfertigt. Die Sinti und Roma, die einfach als Störfaktor galten, wurden ab 1943 massenhaft vergast, da man ja schon mal das gesamte Instrumentarium hatte, um diesen Bevölkerungsgruppe auch noch ganz schnell loszuwerden. Das sind nur zwei Beispiele, wie der eliminatorische Antisemitismus das Wüten des Rassismus nach unten befördert hat.
Der Antiislamismus hat zwei Aspekte:
Erstens ist er Rassismus nach unten, gegen andere Völker, gegen Menschen aus anderen Ländern, die pauschal als Muslime gelten, aber auch gegen Emporkömmlinge in der arabischen Welt (soweit es dem Kapital gerade nützt). Im Gegensatz zum Antisemitismus, der in den Juden die heimlichen Drahtzieher und Weltbeherrscher wähnt, schürt der Antiislamismus die Angst vor einer „Überflutung“ islamischer Massen, die massenhaft Kinder kriegen (laut Sarrazin lauter Kopftuchmädchen hervorbringen). Der Rassismus nach unten ist auch ein wichtiges Instrument zur Spaltung der Arbeiterklasse (davon können die meisten Genossen in den Betrieben ein Lied singen). Der Antiislamismus hat nun die Besonderheit, dass er veredelter Rassismus ist: Ich kann gegen „den Islam“ hetzen, indem ich die Gleichberechtigung der Frau, das Recht der Homosexuellen, das Recht auf Schweinswürstl und Bier, das Recht überhaupt (gegen die Scharia) „verteidige“, mich als aufgeklärten Menschen verstehen kann, also als das genaue Gegenteil von einem primitiven Rassisten darstellen kann! Dabei entlarvt sich der Antiislamismus als Rassismus allein schon deshalb, weil er Muslime anhand der Herkunft und nicht anhand der tatsächlichen Religionszugehörigkeit definiert. Jeder, der aus einem Land mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung kommt, ist ein Muslim – ob er in Wirklichkeit Alevit, Christ, Jude oder religionslos ist, das ist egal[4]. Dem Etikett „Muslim“ kann die Mehrzahl der zu uns Geflüchteten ebenso wenig entrinnen wie viele Menschen der Definition als „Jude“ durch die Nazis entrinnen konnten, weil nur ihre Herkunft, ihr Stammbaum zählte. Siehe dazu die Hetze nach der Kölner Silvesternacht, wo zuerst angeblich nordafrikanisch aussehende Männer als Sexgangster ausgemacht wurden, was dann aber doch zu rassistisch wirkte, so dass sie flugs in „Moslems“ umgewandelt wurden. Da nun der Antiislamismus als Verletzung der Religionsfreiheit angesehen werden kann, gibt es noch eine weitere Veredelungsstufe: Der Islam sei keine Religion sondern eine politische Bewegung, die dabei sei, das christliche Abendland zu überrollen. Frau von Storch erklärte sogar, der Islam sei nicht mit dem Grundgesetz vereinbar. Nun ist die Formel „nicht mit dem Grundgesetz vereinbar“ eine typisch deutsche, die viel mit Gesinnungsverfolgung und nichts mit dem normalen bürgerlichen Recht zu tun hat. Als verfassungswidrige Organisation oder politische Bewegung hierzulande verboten zu werden, heißt Gefängnis für jeden, der wirklich oder vermeintlich trotz Verbot dabei bleibt. So große Gefängnisse, um alle als Muslime Verdächtigen einzusperren, gibt es allerdings nicht. Das wäre nur mit KZs zu machen.
Zweitens ist der Antiislamismus Volksgemeinschaftskitt zum Zweck des Abbaus der Demokratie und militärische Einmischung in aller Welt unter allgemeiner Zustimmung. Das nennt sich dann Terrorbekämpfung. Antiterrorgesetze gibt es schon seit den siebziger Jahren, damals unter dem Vorwand, die RAF etc. zu bekämpfen. Nach den Anschlägen auf das World Trade Center in New York 2001 wurden weitere Anti-Terror-Gesetze erlassen. Dabei diente und dient das Schlagwort vom islamischen Terror dazu, dass solche Gesetze – früher von Demokraten bekämpft – gar nicht mehr in Frage gestellt werden. Und somit ist jeder Willkür Tür und Tor geöffnet. Unter der Überschrift „Terrorbekämpfung” wurde in den neunziger Jahren die PKK verboten. 2013 gab es dann zum ersten Mal eine Verurteilung gegen einen angeblichen PKK-Kader nach dem § 129a – eins der Gesetze von 2002/2003 gegen den „islamischen Terror“. Und das gegen eine Organisation, die mutig und opferreich gegen den „Islamischen Staat“ kämpft! Der Antiislamismus begünstigt genau diese Willkür, dass Revolutionäre verboten und in den Knast gesteckt werden, dass alles potenziell Aufständische eingeschüchtert und im Keim erstickt wird. Aber wie sollen wir uns denn zu den Terroranschlägen verhalten? Die Terroranschläge der letzten Zeit in imperialistischen Ländern (Frankreich, Britannien) sind reaktionäre Antworten auf imperialistische Unterdrückung. Sie sind die Konsequenz aus den Niederlagen der Arbeiterbewegung seit 1989-1991. Sie sind die Antwort auf die Klassenzusammenarbeit, forciert durch die Sozialdemokratie, mit dem Imperialismus. Abbau der Demokratie hilft da gar nichts – sonst würde es längst keine Anschläge mehr geben. Die Sachwalter der Bourgeoisie haben die reaktionären, faschistischen Kräfte, die jetzt Terroranschläge wahllos auf irgendwelche Menschen verüben, erst hochgezüchtet. Und nun steht die Bourgeoisie ihren eigenen Ziehkindern zum einen machtlos gegenüber, zum anderen nutzt sie diese Anschläge, um uns unsere Rechte zu nehmen, mehr und mehr Willkür statt Recht zu setzen und den Faschismus zu einer immer wahrscheinlicheren Option zu machen. Gleichzeitig ist das zurzeit einer der besten Vorwände, um sich überall auf der Welt politisch und militärisch einzumischen.
Anders als der Antisemitismus, der die mittelalterliche bzw. frühbürgerliche Judenfeindschaft abgelöst hat, richtet sich der Antiislamismus ausdrücklich gegen eine Religion. Das ist auch dann der Fall, wenn der Islam als politische Bewegung umdefiniert wird und die Herkunft statt der Weltanschauung für diese Art Rassismus entscheidend ist. Der Antiislamismus ist natürlich keine Religionskritik, aber die Rassismus-Veredelung funktioniert nun mal nur über die vorgeschobene „Religionskritik“. Deshalb müssen wir an dieser Stelle auch zur Religion was sagen.
Wie geht eigentlich ein sozialistischer Staat mit Religion um? Religion ist Opium des Volkes (das ist die Formulierung von Marx – hier liegt die Betonung auf dem Reflex, auf das Elend, auf dem Fusel, mit dem das Volks sich betäubt) und Opium fürs Volk – da geht es um die Religion als Herrschaftsinstrument (Lenin hat beide Formulierungen, je nachdem was er betonen wollte, verwendet). Zu erkämpfen bzw. zu verteidigen ist im Kapitalismus und im Sozialismus die Religionsfreiheit. Das bedeutet: Die Religion wird zur Privatsache – strikte Trennung von Staat und Kirche. Keine Privilegien für den Klerus – das Kirchenrecht, das zusätzlich zum bürgerlichen Recht besteht, wird abgeschafft. Kein Verbot von Religionen, wer reaktionäre und konterrevolutionäre Arbeit tut, wird bestraft und verfolgt, egal ob er religiös ist oder nicht. Recht auf Religionslosigkeit. Kinder werden in der Schule nicht mehr religiös erzogen, auch sollen Inhaber von religiösen Ämtern Kinder nicht mehr unterrichten dürfen. Einrichtungen wie Kitas, Krankenhäuser, Pflegeheime dürfen nicht mehr in der Hand der Kirche sein. Von Menschen in diesen Berufen darf kein religiöses Bekenntnis verlangt werden. Usw. Die Religionsfreiheit bedeutet auch Toleranz, und unsere Arbeitsgruppe ist etwas unsicher, was toleriert werden muss und was nicht. Wir halten es nicht für sinnvoll, dieses Problem auf dieser Konferenz zu diskutieren, wollen nur die Themen nennen, mit denen wir uns dann wohl herumschlagen müssen: Es geht um Taufe, rituelle Beschneidung, Schächtung, Kopftuch … Da geht es wohl weniger darum, was man jeweils gut oder gerade noch erträglich findet. Sondern es geht darum, dass man die Religion nicht bekämpfen kann, sie wird mit menschengerechten Verhältnissen verschwinden, und nur so. Wenn man allzu viel verbietet, erreicht man überhaupt nichts, sondern stärkt eher die auf der Religion daherkommende Reaktion (das ist ähnlich wie das Verbot von Alkohol und anderen Drogen). Wobei wir hier und heute sowohl gegen antisemitische als auch antiislamistische Angriffe auf Sitten und Gebräuche wie Beschneidung und Schächten vorgehen müssen, wie sie von angeblichen Menschen- und Tierfreunden immer wieder vorgetragen werden.
Für die Behandlung der islamischen Religion ist ein sehr schönes Beispiel der Bericht von Clara Zetkin von 1926 über den mohammedanischen Frauenclub in Tiflis im Kaukasus[5], der von den Kommunisten gegründet wurde. Der hieß also mohammedanischer Frauenclub, aber in dem Bericht steht von Religion kein Wort. Das ist einfach ein Zugeständnis gewesen, damit die Frauen überhaupt kommen. Und die Frauen waren sehr froh und dankbar, dass ihnen von der Sowjetmacht die Befreiung ermöglicht wurde – sie waren Eigentum der Männer gewesen, wurden geschlagen, waren Arbeitstiere gewesen. Sollte man mit diesen Frauen über Religion, Verschleierung usw. reden? Nein, sondern wie man gemeinsam weiter für den Sozialismus kämpft, darüber wurde geredet.
Sind Christentum und Islam sowieso der gleiche reaktionäre Mist? Nein, aber sie sind verschiedener reaktionärer Mist. Das Christentum ist nicht besser als der Islam und umgekehrt, sie haben nur verschiedene Funktionen. Erst mal zum Christentum. Marx schrieb im „Kapital“, dass das Christentum und namentlich der Protestantismus die der entwickelten Warenproduktion (also der bürgerlichen Gesellschaft) entsprechendste Religionsform ist. Warum die Betonung des Protestantismus? Die Reformation war eine Bewegung des frühen Bürgertums und der Bauern gegen die Feudalmacht Kirche. Die protestantische Kirche war nie Feudalmacht sondern immer treue Dienerin der Bourgeoisie (und in Deutschland wegen des Verrats der Bourgeoisie auch der anderen Feudalmacht, des Adels). Der katholischen Kirche blieb nichts als sich anzupassen, was ihr bis heute nicht so ganz gelungen ist. Natürlich hat es die protestantische Kirche viel einfacher, weil sie national organisiert ist, kein übernationales Oberhaupt hat, und dadurch kann sie sich sehr gut den Interessen des nationalen Kapitals/des jeweiligen Imperialismus anpassen. Die katholische Kirche stolpert ständig über ihre eigenen Füße (Zölibat etc., die Fakten sind ja bekannt). Das heißt natürlich nicht, dass die protestantische Kirche fortschrittlicher ist als die katholische! Was soll denn an einer Dienerin des Imperialismus (die sich obendrein noch aktiv an der Zerschlagung der DDR beteiligt hat) fortschrittlich sein? (Das schließt natürlich nicht aus, dass christliche Arbeiter, christliche Demokraten dennoch für den gemeinsamen Kampf zu gewinnen sind – obwohl, nicht weil sie Christen sind). Im Islam gab es niemals eine Reformation. Das lag daran, dass in den islamischen Ländern niemals eine so starke Bourgeoisie gewachsen ist, dass sie hätte eine Reformation durchsetzen können (Bestrebungen dazu waren da, konnten sich aber nicht durchsetzen). Daraus erklärt sich auch das kuriose Phänomen des nach wie vor im Islam geltenden Zinsverbots, um das sich die muslimischen Kapitalisten und Banken mit allen möglichen Tricks herumschummeln. So blieb der Islam eine feudalistische Angelegenheit, auch verbreitet in Ländern mit schwacher Bourgeoisie, in nicht imperialistischen Ländern, abhängigen Ländern, Halbkolonien. Da aber der Feudalismus ausgedient hat, der Erdball durch den Imperialismus beherrscht wird, dessen Macht nur durch die sehr viel schwächer gewordenen sozialistischen Ländern eingeschränkt wird, ist jeglicher Feudalismus immer nur in irgendeiner Form dem Imperialismus zu Diensten. Ebenso können auf mittlerer kapitalistischer Entwicklungsstufe stehengebliebene Länder wie Iran oder Türkei auch nur in Abhängigkeit vom Imperialismus (von welchem auch immer) agieren, aber für die Macht der eigenen, der Kompradorenbourgeoisie, den Islam als Herrschaftsinstrument nutzen. Das Christentum ist also nicht besser als der Islam, sondern beide eignen sich als Herrschaftsinstrument für den Imperialismus – das Christentum in den imperialistischen Metropolen – Europa und USA –, der Islam in abhängigen, kolonialen und halbkolonialen Ländern, in der arabischen Welt und in Teilen von Afrika und Asien. Was von beiden soll uns denn da besser gefallen? Eine Kennzeichnung des Islam als rückständig gegenüber dem Christentum ist wissenschaftlich nicht haltbar, und zugleich ist es eine Spielart imperialistischer Arroganz, ob das die Vertreter dieser Anschauung nun wollen oder nicht.
Aus all dem folgt für unseren aktuellen Kampf: So wie früher in die Einheitsfront auch die christlichen Arbeiter einbezogen wurden („Einheitsfront der sozialdemokratischen, kommunistischen, christlichen und parteilosen Arbeiter“), so wie im demokratisch-antifaschistischen Kampf natürlich auch immer die antifaschistischen Christen willkommen waren, müssen wir heute entsprechend die Arbeiter jeglicher religiöser Überzeugung ansprechen und ebenso die an alle möglichen Heilslehren glaubenden antifaschistisch gesinnten Kleinbürger. Wir diskutieren im Rahmen dieser Kämpfe nicht über Religion, außer die Religion wird reaktionär-politisch (das treffen wir häufig bei Esoterikern an). Für uns besteht der demokratische Kampf nicht darin, Mohammed-Karikaturen zu malen und uns dabei toll und aufklärerisch zu fühlen. Der beste Kampf gegen Religionen ist der gemeinsame Kampf gegen den Hauptfeind im eigenen Land. (Ende des Exkurses)
Zurück zu den Unterschieden zwischen Antisemitismus und Antiislamismus. Warum ist es so wichtig, diese Unterschiede zu untersuchen?
Da muss man zuerst mal eine wichtige Gemeinsamkeit nennen: Beide sind für die jeweilige außenpolitische Hauptrichtung des deutschen Kapitals wichtig. Um es kurz zu sagen: Wenn es eher um Kolonialkriege geht, dann ist im Moment der Antiislamismus angesagt. Er liefert alle Vorwände (Terrorgefahr), in alle möglichen Gegenden der Welt mit der Bundeswehr einzumarschieren. Er liefert viele Vorwände bei dem Versuch, dem US-Imperialismus, teilweise auch dem französischen Imperialismus in verschiedenen abhängigen Ländern den Rang abzulaufen. Gefährlich ist angesichts der derzeitigen Lage die oft wiederholte Behauptung, der Antiislamismus habe den Antisemitismus abgelöst. Der Antisemitismus ist dann für den deutschen Imperialismus notwendig, wenn es um die direkte zwischenimperialistische Konfrontation geht. Nach 1945 ging das deutsche Kapital in dieser Hinsicht erstmal auf Tauchstation – das war außenpolitisch sehr lange Zeit notwendig, um wieder gut auf die Beine zu kommen. Philosemitismus war angesagt, verbunden mit der Behauptung, die Vernichtung der Juden sei unbegreiflich und unfassbar – womit sie auch unbestrafbar und unbekämpfbar wurde. Erst unter der Schröder/Fischer-Regierung seit 1998 wurden schon lange vorhandene Abkoppelungsbestrebungen gegenüber den USA in die Realität umgesetzt (z.B. hat die BRD ständig den Jugoslawien-Konflikt verschärft, und damit die USA sogar in den Krieg gegen Jugoslawien getrieben). Begleitet wurde das von antisemitisch-antiamerikanischen Andeutungen. So beklagte Gregor Gysi nach der rüden Zurückweisung der Forderungen ehemaliger Zwangsarbeiter durch Kanzler Schröder, dass man „einen aufkommenden neuen Antisemitismus“ spürt, „obwohl die meisten der Betroffenen keine Juden sind.“ Erst unter Merkel wurde das zurückgefahren, und der Antiislamismus nahm zu.
Jetzt zu den Besonderheiten des deutschen Antisemitismus: In keinem anderen Land ist die Geschichte so eng mit der antisemitischen Ideologie verbunden wie in Deutschland. Nirgendwo sonst wurde er jemals als staatstragende Ideologie derart gründlich umgesetzt – auch nicht in faschistischen Ländern – wie hier während des Faschismus. Keine Bourgeoisie hat ihre Verbrechen zur Aufrechterhaltung und Ausdehnung ihrer Macht bisher so weit getrieben wie die deutsche, nämlich Millionen von Menschen zu entrechten, zu vertreiben und schließlich zu ermorden, nur weil sie lt. faschistischer Definition Juden waren.
Deshalb ist es gerade in Deutschland besonders gefährlich, den Antisemitismus für erledigt zu halten. Das ist eine Illusion und eine Verharmlosung des deutschen Imperialismus. Es ist nicht zu erwarten, dass der 3. Weltkrieg, auf den die Bourgeoisie zusteuert, von Seiten des deutschen Imperialismus menschlicher und vorsichtiger geführt wird als der 2.Weltkrieg. Auch den Opfern der Judenvernichtung wird diese Verharmlosung nicht gerecht – noch hat der Antiislamismus, so grausam wie er ist, keine Menschenvernichtungsmaschine wie die Shoa hervorgebracht. Schon deshalb darf beides nicht gleichgesetzt werden.
„Während der Regierungszeit der sozialgrünen Koalition (ab 1998) verstärken sich die Abkoppelungsversuche der BRD von den USA. Die BRD beweist erstmals ihre Kriegsfähigkeit und bombardiert Jugoslawien. Im Gefolge all dessen wird der Antisemitismus mehr und mehr wieder salonfähig und wird mehr oder weniger verhohlen auch Bestandteil des Verhaltens der Bundesregierung.“
„Der CDU-Politiker Hohmann hält eine Aufsehen erregende antisemitische Rede, weitere CDU-Politiker – Koch, Schönbohm, Wertebach, Rüttgers, Diepgen, Merz usw. – verlassen offen die konservativ-demokratische Plattform und kämpfen mehr oder weniger verhohlen gegen Merkel.“„In der Zeit ab Ende der neunziger Jahre macht sich vor allem der Schriftsteller Martin Walser zum Vorkämpfer gegen das Holocaust-Mahnmal in Berlin und trägt – subtil unterstützt von Bundeskanzler Schröder – wesentlich zur Salonfähigkeit des Antisemitismus bei. »Ein Schriftsteller darf so etwas sagen, ein Bundeskanzler nicht«, hatte Schröder verlauten lassen und damit ein sehr deutliches Signal an alle antisemitischen Kräfte ausgesandt. Im Jahr 2002 kommen faschistische Hilfstruppen zum ersten Mal massiv mit Palästinensertüchern auf die Straße. Der Anlass ist der Besuch des israelischen Präsidenten, gegen den die NPD und ‚Freie Kameradschaften’ in Berlin demonstrieren.
Die MHP (Graue Wölfe), die sich immer mehr islamisch gibt, kann sich unter staatlichem Schutz weiter konsolidieren. Sie wird von den bundesdeutschen staatlichen Stellen verharmlost. Das hat makabre Konsequenzen. Zum Beispiel: Die Aleviten, die vor allem in der Türkei viele Opfer durch die »Grauen Wölfe« zu beklagen hatten, hatten sich immer geweigert, sich mit dieser Faschistenbande an einen Tisch zu setzen. Aber in dieser Zeit der SPD-Grünen Regierung wird ein ungeheurer Druck auf die Aleviten in der BRD durch den Grünen-Politiker Cem Özdemir ausgeübt, der es schließlich schafft, dass sich die Konföderation der Aleviten-Gemeinde (AABF) mit ihren Mördern an einen Tisch setzt.
In der FDP schiebt sich eine neue Generation in den Vordergrund, die das Erbe der Alt-Nazis in der FDP der 50er Jahre antritt – Westerwelle und Möllemann – und die konservativ-demokratischen Politiker der FDP, Genscher und Lambsdorff, ablöst. Möllemann macht mit offenem Antisemitismus Wahlkampf und kann sich zeitweise auch als Querfront-Politiker profilieren. Das fing damit an, dass er die Selbstmordattentäter verteidigt hat und wörtlich sagte: „Ich würde mich auch wehren, und zwar mit Gewalt … Und ich würde das nicht nur im eigenen Land tun, sondern auch im Land des Aggressors.“
Trotz seiner bekannten antisemitischen Schlagseite durfte Möllemann im Frühjahr 2002 im wöchentlichen Wechsel mit Gregor Gysi eine Kolumne im Neuen Deutschland schreiben.“ (Dazu ein aktueller Einschub: Möllemann und Westerwelle sind inzwischen aus verschiedenen Gründen von uns gegangen. Lange hielt sich das Gerücht, dass auch die FDP an sich verstorben sei. Das ist nun offenbar nicht der Fall, und auch um entsprechende Nachfolger müssen wir uns keine Sorgen machen, sie heißen Kubicki und Lindner und wer noch alles.) „Die neuen außenpolitischen Rücksichten der Merkel-Regierung erfordern ein Zurückfahren des offenen Antisemitismus und Antiamerikanismus, außen- und innenpolitische Erfordernisse verlangen den »Kampf gegen den islamischen Terror«. Die faschistischen Hilfstruppen werden entsprechend diesen Schwankungen des deutschen Imperialismus immer bunter, vielfältiger und widersprüchlicher, aber nicht ungefährlicher.“
In dieser Zeit taucht auch die Pro-Bewegung auf, die mit Israel-Fahnen ankommt und gegen Moscheen usw. kämpft – die alte Nazi-Bewegung (NPD usw.) muss die Pali-Tücher wieder einpacken.
Pegida: Beides ist vorhanden, Antisemitismus und Antiislamismus, der Antiislamismus sogar vereinzelt mit Israel-Fahnen. Gerade im Schoß von Pegida, AFD usw. bleiben beide Strömungen – Antisemitismus und Antiislamismus nebeneinander erhalten. Die letzten Landtagswahlen haben nun eine neue – und sehr realistische – Sortierung der faschistischen Kräfte vorgezeichnet: Die Verwandtschaft zwischen AFD und CSU ist inzwischen kein Geheimnis mehr, wurde bereits am Wahlabend von den Wahlforschern der Bourgeoisie zugegeben. Wieweit sie imstande sind, im Bedarfsfall von dem zurzeit sehr starken Antiislamismus auf offenen Antisemitismus umzusteigen, kann heute noch nicht gesagt werden. Der ungeheure Pragmatismus dieser durch AFD und CSU verkörperten Strömung ist immer für eine Überraschung gut. Und auch ob sich hier letztendendes die faschistische Bewegung konzentrieren wird, ist noch nicht ausgemacht (und eine antifaschistische Bewegung wäre auch durchaus imstande, diesen Prozess zumindest zu verzögern).
(…)
Für die Monopolbourgeoisie dient der Antisemitismus als ideologische Waffe und letztendlich auch als materielle Kriegswaffe gegen die imperialistischen Konkurrenten (v. a. USA), und gegen die Arbeiterklasse (in welcher Form, das hängt davon ab, wie sich die Arbeiterbewegung im Land und international entwickelt. Unter dem Hitlerfaschismus galt die Sowjetunion – berechtigterweise – als Verkörperung der internationalen Arbeiterklasse). Es geht nicht darum, ob einzelne Monopolkapitalisten Antisemiten sind, sie sind Charaktermasken, der Antisemitismus entspricht in bestimmten historischen Situationen (v.a. in der Situation der Zuspitzung der zwischenimperialistischen Widersprüche) ihrem Klasseninteresse.
Die veralteten Rituale des Islam passen nicht in die moderne Produktion. Insofern nützt der Antiislamismus der Monopolbourgeoisie, um muslimisch geprägte Arbeiter zur Räson zu bringen. Außerdem nützt er zur Spaltung und Zersplitterung der Arbeiterklasse. Gleichzeitig kann er sich in der Produktion ungünstig auswirken, wobei ja Arbeitskräfte aus z. B. Syrien oder Türkei durchaus gebraucht werden. Es handelt sich für die Monopolbourgeoisie um die Gratwanderung, wie bei allen Formen des Rassismus nach unten: Zum einen ist die Gleichheit aller Arbeiter und die Gewinnung von Arbeitern aus der ganzen Welt notwendig für den Erfolg der Produktion, auf der anderen Seite ist die Spaltung der Arbeiter ein wichtiges Mittel zur günstigsten Verwertung der Arbeitskraft. Die Formel für diesen Widerspruch lautet: Der Islam gehört zu Deutschland. In dieser Formel ist enthalten sowohl, dass man die Arbeitskräfte braucht, als auch die Drohung, dass diese Arbeiter Deutschland als Vaterland anzuerkennen haben. Der Islam soll integriert werden, d. h. nicht stören und als Herrschaftsinstrument der deutschen Bourgeoisie fungieren, über Koranschulen, über den Religionsunterricht, über die Grauen Wölfe... Das ist der eigentliche Sinn von „Integration“ in dieser Gesellschaft. (Wurde C. Wulff wegen der Formel „Der Islam gehört zu Deutschland“ gestürzt? Das wird manchmal behauptet, wir wissen es nicht. Wichtig ist nur, dass diese Formel eine imperialistische ist und keine antirassistische, antifaschistische). Die faschistische Variante „Der Islam gehört nicht zu Deutschland“ und sei grundgesetzwidrig, ist die andere Option, die der Monopolbourgeoisie zur Verfügung steht, die von faschistischen Kräften angeboten wird, aktuell aber offenbar noch nicht im Interesse der Monopolbourgeoisie liegt. Dennoch ist der Antiislamismus aktuell für die Monopolbourgeoisie nützlich als Vorwand zum Abbau der bürgerlichen Demokratie und zur militärischen Einmischung in andere Länder („Anti-Terror-Kampf“).
Da der Antisemitismus die Möglichkeit bietet, das Monopolkapital und die Arbeiterklasse gleichermaßen als Bedrohung darzustellen, ist bei der nichtmonopolistischen Bourgeoisie und dem reaktionären Kleinbürgertum die Hauptmasse der Anhänger bzw. potenziellen Anhänger des Antisemitismus zu finden. Dass diese Schichten sich in diese Richtung entwickeln, ist viel wahrscheinlicher als die Hoffnung, es werde sich ein antimonopolistischer Widerstand entwickeln (d. h. einschließlich des nichtmonopolistischen Teils der Kapitalistenklasse) mit dem sich die Arbeiterklasse verbünden könnte. Eine Meldung aus dem Jahr 2005 ist typisch für die Entwicklung in diesen Schichten: „Paul Spiegel zieht eine bittere Bilanz seiner bisherigen Zeit als Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Mit viel Optimismus habe er im Januar 2000 sein Amt angetreten, sagte er in einem Gespräch des Nachrichten-Magazins DER SPIEGEL. Nun glaubt er: ‚Du kannst machen, was du willst, du erreichst nichts.’ In den vergangenen Monaten sei die ‚Hemmschwelle für den Transport antisemitischer Vorurteile deutlich gesunken – und das in Kreisen, in denen ich das nicht für möglich gehalten hatte’. Das gelte auch etwa für ‚Kirchenfürsten, die Holocaust und Abtreibung in einen unverantwortlichen und gefährlichen Sinnzusammenhang bringen’.“[7]
Die nichtmonopolistische Bourgeoisie hat zum Thema Islam bzw. Antiislamismus ähnliche Widersprüche wie die Monopolbourgeoisie, die wir dort schon beschrieben haben.
Ein Teil des städtischen Kleinbürgertums hat ein Problem damit, dass gerade Menschen aus muslimisch geprägten Ländern sich oft als Kleingewerbetreibende niederlassen und zu manchmal recht erfolgreichen Konkurrenten werden. Außerdem wirkt da alles, was beim Kleinbürger den Rassismus attraktiv macht: Abstiegsangst, Sozialneid („German Angst“ – ein Schlagwort aus englischsprachigen Ländern). Und natürlich die Möglichkeit, nicht als Rassist zu erscheinen (Antiislamismus als Veredelung des Rassismus, wie schon gesagt).
Ein Teil des demokratischen Kleinbürgertums betreibt nach unserer Beobachtung eine Art von „antiimperialistischem Kampf“, der die Veränderungen seit 1990 – den wiedererwachenden Antisemitismus und die erneuten Weltmachtgelüste des deutschen Imperialismus – nicht wahrnimmt. Damit können diese Menschen – obwohl sie das gar nicht wollen – in die Falle des Antisemitismus (unter der Idee des Antizionismus) laufen. Nicht mehr unter den Linken befinden sich diejenigen, die auf den Abwegen der Esoterik wandeln, wo der offene Antisemitismus blüht („gegen Rothschild und zionistische Weltherrschaft“).
Ein anderer Teil des demokratischen Kleinbürgertums wendet sich gegen den heutigen Antisemitismus (Zum Beispiel findet jedes Jahr in Berlin am 9. November eine Demonstration zum Gedenken an die verfolgten und ermordeten Juden statt). Hier kann es unter Umständen sehr breite Bündnisse geben[8] – das hängt damit zusammen, dass der Antisemitismus sich ja immer auch nach oben wendet, rückwärtsgewandt antikapitalistisch ist. Gerade bei denen, die sich um die Gefahr des Antisemitismus kümmern, finden wir oft sehr arbeiterfeindliche, antikommunistische Anschauungen und leider auch Aktivitäten. Eine sehr typische Vertreterin ist Annette Kahane. Sie zieht durch Deutschland mit einer Ausstellung, die beweisen soll, dass die DDR antisemitisch war. Ihr ideologischer Ansatz ist, dass jeglicher Antikapitalismus antisemitisch sei, jede Kritik an der bürgerlichen Freiheit, der kapitalistischen Ausbeutung, ob es sich nun um faschistische rückwärtsgewandte Demagogie oder um den proletarischen Kampf gegen Regierung und Kapital handelt. Trotz alledem ist sie potenziell Bündnispartner beim Kampf gegen den Antisemitismus. Man könnte noch sehr viel sagen über die Breite von Bündnissen, wichtig ist allerdings immer, was wir daraus machen, ob wir unseren Standpunkt darstellen oder den Bürgern hinterherlaufen.
Ein Teil des demokratischen Kleinbürgertums glaubt den Antisemitismus durch Antiislamismus bekämpfen zu können. Besonders krass äußerten sich hier Teile des Zentralrats der Juden in Deutschland (dazu weiter unten mehr). Ein anderer Teil des demokratischen Kleinbürgertums idealisiert den Islam als Religion der Barmherzigkeit und Menschlichkeit (und fordert z. T. sogar ein Zinsverbot), was natürlich den antifaschistischen Kampf auch nicht gerade voranbringt. Ein weiterer Teil des demokratischen Kleinbürgertums versucht, gegen den Antiislamismus als rassistische Abart zu kämpfen.
Insgesamt sehen wir hier das demokratische Kleinbürgertum als sehr bunte (zu bunte) Mischung, wo der Antifaschismus immer wieder auf der Strecke bleibt. Das heißt, es ist zurzeit sehr schwierig, auf dieser Ebene feste Bündnisse zusammenzukriegen, viele Bündnispartner heute können morgen schon ganz schnell wieder erbitterte Gegner sein. Durch die Konflikte innerhalb des demokratischen Kleinbürgertums wird ein günstiges Klima für Querfrontaktivitäten erzeugt – d. h. Faschisten versuchen in die demokratische und womöglich sogar in die kommunistische Bewegung einzudringen.
Von Seiten der Arbeiteraristokratie (SPD, privilegierte Schichten aus der Arbeiterklasse, Gewerkschaftsführung) gibt es kaum ausdrückliche antisemitische Aktivitäten. Allerdings reichten schon die vorhin erwähnten Andeutungen des früheren Bundeskanzlers Schröder, um antisemitische Strömungen und Kräfte zu ermutigen.
In den Aktivitäten der Gewerkschaftsführungen spielt der Kampf gegen den Antisemitismus kaum eine Rolle außer hier und da in Lippenbekenntnissen. Nun macht die Abstinenz vom antifaschistischen Kampf bekanntlich nicht klüger. So stiefelte die IG Metall-Führung im Jahr 2005 in eine missliche Lage. Nachdem SPD-Müntefering sich plötzlich und unerwartet gegen den Kapitalismus ausgesprochen hatte (er meinte natürlich die amerikanischen „Heuschrecken“), legte die IG-Metall mit ihrer Mitgliederzeitung nach und zeigte ein Titelbild, das das antisemitische Klischee der ausländischen Blutsauger bediente. Zum Glück gab es dann doch wache IG-Metall-Mitglieder, die eifrig Leserbriefe schrieben – das sprach sich im Internet herum, abgedruckt wurden sie nicht. Seitdem hat es offenbar eine so dämliche Aktion nicht mehr gegeben – typisch daran ist, dass Antisemitismus von der Arbeiteraristokratie in der Regel aus Opportunismus (wie 1933, als die SPD alle Juden aus dem Parteivorstand schmiss) oder aus hemdsärmeligem, dummem Antiamerikanismus kommt. Beides ist nicht ungefährlich. Der Antiamerikanismus kann immer zu Antisemitismus führen. Dazu dienen Verschwörungstheorien und Metaphern wie „Wall Street“, Ostküste u. dgl. mehr.
Von der SPD insgesamt gibt es keine besonderen antiislamischen Aktivitäten. Allerdings gibt es eine innerparteiliche Strömung, die verkörpert wird durch Sarrazin und Buschkowsky. Sarrazin hat aus dem Antiislamismus eine ganze Theorie gemacht, sein Buch dürfte die Grundlage für Pegida etc. sein. Buschkowsky gilt aufgrund seiner Tätigkeit als Bürgermeister von Berlin-Neukölln als erfolgreicher Praktiker gegen die „Parallelgesellschaften“ und darf seinen Schmutz nun auch als Rentner noch weiter verbreiten. Die SPD lässt diese Typen gewähren. Gabriel z. B. nimmt ab und zu Anleihen bei denen, wenn es um das sogenannte „Flüchtlingsproblem“ geht.
Beides, Antisemitismus und Antiislamismus, wird von der Arbeiteraristokratie unterstützt, indem sie die Arbeiter desorgansiert und Kämpfe vermeidet. Der Antiislamismus und überhaupt der einfache Rassismus entfaltet dazu noch eine Wirkung durch die Standortlogik, die Schürung der Konkurrenz unter den Arbeitern. (Wie wichtig hier die Wirkung des Antiislamismus als veredelter Rassismus ist, wissen wir nicht)
Für die Arbeiterklasse hat der Antisemitismus nicht mal einen scheinbaren Nutzen. Er hat in der Arbeiterklasse kaum einen Boden (und hatte den auch nie). Der Hitlerfaschismus hat es nie geschafft, die Arbeiter in die antisemitische Pogromstimmung einzubeziehen. Das eigentlich Schlimme war damals und ist heute die Gleichgültigkeit der Arbeiter gegen den Antisemitismus.
Der Rassismus nach unten schadet der Arbeiterklasse immens, hat leider auch einen Boden dank der Sozialdemokratie, dank der Standortlogik. Die vorhin schon gestellte Frage ist auch hier noch mal zu stellen: Hat der Antiislamismus als veredelter Rassismus bei den Arbeitern einen Boden?
Die Aufgabe, das objektive Interesse der Arbeiterklasse ist, mit ihren Kämpfen wieder auf die Höhe der Zeit zu kommen, sich gegen Regierung und Kapital, gegen die faschistische Gefahr zu vereinigen, und sich natürlich im täglichen Kampf nicht die Butter vom Brot nehmen zu lassen. Hier liegt der eigentliche Grund, warum die Sachwalter der Monopolbourgeoisie mit Antisemitismus und Antiislamismus spielen können, uns spalten können, uns zum „Kampf gegen den Terror“ und zum Verzicht auf unsere Rechte drängen können, uns zu Krieg und Vaterlandsverteidigung abrichten können, den Antisemitismus in der Hinterhand haben können, den Faschismus ungestört von Arbeiterkämpfen vorbereiten können. Die Standortlogik, die nationalistische und im Rassismus landende Auffassung, der deutsche Arbeiter sei was Besseres, das ist das Gift, das schon so ungeheuer tief in das Industrieproletariat eingedrungen ist, in dem Maß, wie sie vom Kämpfen entwöhnt wurden
Beide treten nicht nur bei Faschisten auf. Beide können sogar bis in linke Kreise wirken.
Den Antisemitismus gibt es seit Ende des 19. Jahrhunderts[9], also Jahrzehnte vor dem Auftreten des Faschismus. Für die deutsche Zuspitzung des Antisemitismus, den eliminatorischen Antisemitismus, ist allerdings der Faschismus notwendig. Man kann auf Grundlage der bürgerlichen Demokratie keine Nürnberger Rassengesetze erlassen, man kann keine Reichspogromnacht staatlicherseits organisieren, man kann vor allem auf Grundlage der bürgerlichen Demokratie keine solchen Massenmorde begehen. Aber man kann sicherlich auch keinen Weltkrieg auf der Grundlage bürgerlicher Demokratie entfachen, und der eliminatorische Antisemitismus war eine materielle Kriegswaffe, eine Menschenvernichtungsmaschine zur „Feindsäuberung“ des Herrschaftsraums.
Der Antiislamismus – wohl eher eine neue Strömung seit etwa den siebziger, achtziger Jahren – war wesentlich in Nazi-Gruppen beheimatet (die während der Zeit des offiziellen Philosemitismus z. T. sogar israel-begeistert waren). Später versuchte sich auch eine Gruppe wie Bahamas daran als falsch verstandene Solidarität mit den Juden. Seine Salonfähigkeit bekam der Antiislamismus aber erst durch die rechteste Sozialdemokratie, also durch Sarrazin, dessen Thesen und dessen Duldung in der SPD. Sein Anstrich als „Religionskritik“ lässt seine Träger als aufgeklärte Demokraten erscheinen. All das ermöglicht ein schleichendes Abgleiten aller möglichen Kleinbürger in die faschistische Bewegung. So wurde z. B. nach den letzten Landtagswahlen allenthalben erkannt, dass die AFD statt der in diesen Bundesländern nicht vorhandenen CSU gewählt wurde, die Schlussfolgerung bezog sich dann aber nicht etwa auf den Charakter der CSU, sondern der AFD wurde bescheinigt, eine normale konservative Partei zu sein. Das scheint überhaupt eine Funktion des Antiislamismus zu sein, ein Scharnier zu bieten zwischen Konservativen und Faschisten, die Unterschiede zwischen ihnen möglichst weitgehend zu verwischen.
Aus jüdischen Kreisen (z. B. aus dem Zentralrat der Juden in Deutschland) kommen immer wieder die Bedenken gegen Flüchtlinge und Einwanderung aus arabischen Ländern. Diese Menschen seien antisemitisch erzogen und würden den Antisemitismus ins Land bringen. Dazu muss man erstmal sagen, dass in etlichen Ländern, aus denen Flüchtlinge kommen, sich Antisemitismus etabliert hat. Nehmen wir nur die schmählichen Holocaust-Konferenzen im Iran, oder die Tatsache, dass die antisemitische Lügenschrift des russischen Geheimdienstes aus dem Ende des 19. Jahrhunderts, das „Protokoll der Weisen von Zion“, vermehrt in arabischen Ländern Verbreitung findet. Nun ist allerdings der Antisemitismus zunächst mal aus den imperialistischen Ländern (und sehr vorne dran aus Deutschland) in diese Länder exportiert worden. Soweit Flüchtlinge mit antisemitischen Gedanken zu uns kommen, handelt es sich also eher um einen Reimport und nichts, was erstmal zu uns gebracht werden müsste. Der Antisemitismus ist längst da, dazu braucht es keine Flüchtlinge. Die Gegnerschaft gegen Israel erwächst aus der Situation in diesen Ländern, die Flüchtlinge haben hier andere Probleme.
Es hat bereits eine Demonstration gegen Josef Schuster, Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, gegeben, weil er sich für die „Kontrolle der Zuwanderung“ ausgesprochen hat. Organisiert war die Demonstration nicht von irgendwelchen Vollidioten, sondern dabei war z.B. eine Aktivistin der Besetzung des Gewerkschaftshauses durch Flüchtlinge in Berlin 2014.
Das ist genau die Situation, die die herrschende Klasse sich wünscht: Die Opfer gehen aufeinander los. Argumente helfen hier nichts mehr. Irrationalität und Angst spielen auf beiden Seiten die Hauptrolle.
Es gibt nur einen Weg aus dem Dilemma: Die Stärkung der Arbeiterklasse, der Kampf um die Einheit der Arbeiterklasse, unter Einbeziehung der Einwanderer, der Geflüchteten, gemeinsamer Kampf gegen das Kapital. Kampf für die Rechte der Flüchtlinge, für ihr Asylrecht, für ihre rasche Einbürgerung, für Duldung mehrerer Staatsbürgerschaften. Sie werden hier auf jeden Fall nicht von Israel unterdrückt, umso mehr aber vom deutschen Imperialismus. Diese Erkenntnis kann nur im gemeinsamen Kampf wachsen. Das ist ein schwieriger langwieriger Weg, und es ist auf den ersten Blick erschreckend, dass uns kein schnellerer Weg zur Auflösung dieser Widersprüche bleibt.
(…)
Kämpfen wir gegen die ungeheuerlichen Angriffe auf die bürgerliche Demokratie, die ständige und massive Verletzung der bürgerlichen Rechtsgleichheit, die immer noch im Grundgesetz steht und unabhängig von der Staatsbürgerschaft gilt, aber immer weniger wirklich vorhanden ist. Die Angriffe auf die Rechte der Flüchtlinge erleichtern auch die Wiederbelebung des staatlichen Antisemitismus. Was zurzeit geschieht, sind ernsthafte Schritte zur Vorbereitung des Faschismus. Antiislamismus und Antisemitismus müssen wir gleichermaßen bekämpfen und entlarven, wir müssen darüber aufklären, dass beides vom deutschen Imperialismus zum Kriegführen gebraucht wird. Gefährlich ist besonders die Unterschätzung des deutschen Antisemitismus, weil der die Waffe in der Hinterhand ist, wenn die zwischenimperialistischen Widersprüche so heftig werden, dass es zum Weltkrieg kommt. Nur wenn wir diesen Kampf gemeinsam führen, welche politischen Differenzen wir auch sonst haben mögen, kommen wir einen Schritt weiter in Richtung Sozialismus, der einzigen Alternative, die wir, die die Völker dieser Welt zur Barbarei haben.
Arbeitsgruppe der VIII. Konferenz
„Der Hauptfeind steht im eigenen Land!“
Referat (gekürzt), gehalten auf der VIII. Konferenz „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“ vom 05.05. bis 08.05.2016 in Göttingen
www.gegen-den-hauptfeind.de
1 www.bayern.de/wp-content/uploads/2016/02/160223_BayIntG_FassungMinisterrat.pdf.
2 Texte der Rassengesetze mit Ausführungsverordnungen: www.1000dokumente.de/index.html/index.html?c=dokument_de&dokument=0007_nue&object=translation&l=de.
3 „Mein Kampf“, 2. Band, 13. Kapitel.
4 Dem schamlosen Pragmatismus der Ideologen der herrschenden Klasse haben wir zu verdanken, dass bei Berichten aus den angeblich total islamischen Regionen dann von Zeit zu Zeit doch mal verfolgte Jesiden oder Christen hervorgehoben werden, wenn das im Sinne der außenpolitischen Interessen des deutschen Imperialismus gerade opportun ist.
5 Clara Zetkin, Im mohammedanischen Frauenclub, in: Clara Zetkin, Ausgewählte Reden und Schriften Bd. 3, Berlin 1960, S. 211 ff.
6 Die Zitate in dieser Chronik sind entnommen aus dem Referat „Thesen zur Entwicklung der ‚Sammlungsbewegung zur Rettung des Vaterlands’ (F. J. Strauß) in Westdeutschland bis 1989/90 und in Westdeutschland und einverleibter DDR ab 1989/90“, siehe www.gegen-den-hauptfeind.de/texte/2010/sammlungsbewegung/
7 www.spiegel.de/spiegel/vorab/a-347211.html.
8 Beim Streit um die Errichtung des Denkmals für die ermordeten Juden Europas in Berlin war es zum Beispiel offensichtlich, dass die Kontroverse mitten durch die Bourgeoisie und auch mitten durch die CDU ging. Ein weiteres Beispiel: die heftigen Angriffe auf Ignaz Bubis Ende der neunziger Jahre, über dessen Beruf als Immobilienmakler sich alle Reaktionäre und Antisemiten aufregten. Ignaz Bubis trat mit seiner Autorität als Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland unerschrocken dem wachsenden Antisemitismus entgegen und war damit ein wichtiger Bündnispartner in diesem Kampf.
9 Es gab Vorläufer der rassistischen Judenfeindschaft, des Antisemitismus schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zu einer starken ideologischen Strömung wurde der Antisemitismus aber erst im letzten Viertel des 19. Jahrhunderts, also an der Schwelle der Entwicklung des Kapitalismus zum Imperialismus. Ihre Anhänger bezeichneten sich selbst als Antisemiten (damals wurde dieser Begriff geprägt).
Referat (gekürzt) auf der VIII. Konferenz: „Der Hauptfeind steht im eigenen Land“.
Der „Ariernachweis“ – einfach nur ein Relikt aus einer furchtbaren Zeit? Der bayerische Entwurf zu einem Integrationsgesetz weist erschreckende Ähnlichkeiten mit den Nürnberger Rassengesetzen von 1935 auf.
Der „Ariernachweis“ – einfach nur ein Relikt aus einer furchtbaren Zeit? Der bayerische Entwurf zu einem Integrationsgesetz weist erschreckende Ähnlichkeiten mit den Nürnberger Rassengesetzen von 1935 auf.
BILD hetzt (April 2014). Rassismus, verkleidet als „Religionskritik“.
Eine friedliche Welt wäre für Mensch und Tier das Beste. Demonstrationen wie diese aber bedienen antisemitische und antimuslimische rassistische Vorurteile und nützen nur den Kriegstreibern.
Opportunismus und Antiamerikanismus, gepaart mit einem gehörigen Maß an Dummheit: So stolperte die Redaktion der Zeitung der IG Metall 2005 in diese mit antisemitischen Klischees bestückte Titelseite. Viele IG-Metall-Mitglieder ließen das nicht unwidersprochen.
Diese kluge Botschaft wurde gesehen am 9. November 2014 bei der Demonstration zum Gedenken an die Novemberpogrome 1938 in Berlin-Moabit.