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Solidarität

Gesinnungsjustiz

„Aber es gab auch später noch militante Aktionen, zum Beispiel ein koordinierter Anschlag gegen die ,Junge Freiheit‘ 1994. Wenn man das liest, wie das bei denen reingehauen hat – die konnten ihre Zeitung fast zumachen -, war das eine Superaktion gewesen.“

Für diese Äußerung verurteilte das Berliner Amtsgericht Bernd Langer, seit 1977 aktiver Antifaschist und mit der autonomen Szene verbunden, zu einer Geldstrafe von 480 Euro (60 Tagessätze zu 8 Euro) plus Zahlung der Gerichtskosten.

Das Interview mit dieser Äußerung war im November 2014 in der Zeitung „Neues Deutschland“ abgedruckt gewesen – wobei dieser Passus weder inhaltlich noch von der Textlänge her einen bedeutenden Teil dieses Interviews ausmachte. Dass es überhaupt zu einer Strafverfolgung kam, geht auf eine Denunziation des früheren Bundesanwalts Alexander von Stahl zurück. Ein Mann mit Vergangenheit, einer, „der 1993 keinen politischen Hintergrund erkennen wollte, als Mitglieder der rechten Szene ein von Türken bewohntes Haus in Solingen anzündeten und fünf Menschen ermordeten..., der laut dem FDP-Chronisten Jörg Leuschner den FPÖ-Boss Jörg Haider einen ‚Ehrenmann‘ nannte…“ (ND 29.07.15), einer, der sich schon immer wärmstens für die salonfaschistische „Junge Freiheit“ eingesetzt hatte. Die Justiz zögerte keine Sekunde. Bernd Langer bekam einen Strafbefehl über 3.000 Euro (60 Tagessätze zu 50 Euro). Die zahlte er nicht, und so kam es zum Prozess. Bei 60 Tagessätzen ist es geblieben, nur die Höhe der Tagessätze wurde geändert.

Vorgeworfen wird Bernd Langer, „eine rechtswidrige Tat, nachdem sie in strafbarer Weise versucht worden ist, in einer Weise, die geeignet ist den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich gebilligt zu haben.“ Der öffentliche Frieden wird gestört. Der öffentliche Frieden, der sich in täglichen Anschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte und Asylsuchende und im staatlichen Rassismus so traulich zeigt. Der öffentliche Frieden, den Regierung und Kapital politisch, diplomatisch, wirtschaftlich und militärisch in alle Welt hinaustragen, um das Elend auf der Welt und die Profite der Banken und Konzerne zu erhöhen. Der öffentliche Frieden, der mit Spaltung und Einschüchterung der Arbeiter so idyllisch gepflegt wird.

Es handelt sich bei diesem Paragraph 140 des Strafgesetzbuches, mit dem Bernd Langer verurteilt wurde, um einen Gesinnungsparagraphen. Der Richter erklärte selber, dieser Paragraph sei „recht schwammig“. Hieße das nicht nach bürgerlichem Recht, zugunsten des Angeklagten zu entscheiden?

Egal – das Urteil stand von vornherein fest, es wurde im wahrsten Sinne des Wortes kurzer Prozess gemacht. Ein politischer Prozess, wie Bernd Langer in seiner Erklärung richtig feststellte. Schon öfters wurden Antifaschisten nach diesem Paragraphen verurteilt, z.B. wenn es um zustimmende Äußerungen zu Abrüstungsmaßnahmen wie das Abfackeln von Bundeswehrfahrzeugen ging.

Wieviel Meinung dürfen Antifaschisten überhaupt noch öffentlich äußern? Solidarität ist gefragt. Bernd Langer will gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen, und das tut er nicht für sich, sondern für alle Antifaschisten.

Ein Spendenkonto konnten wir noch nicht in Erfahrung bringen. Man kann aber sehr leicht mit Langer Kontakt aufnehmen über die Internetseite http://kunst-und-kampf.de, und dort auch weitere Informationen bekommen.

Was ist die „Junge Freiheit“?

Die Junge Freiheit wurde in den achtziger Jahren gegründet, sie hat ihren Ursprung in den erzreaktionären Burschenschaften. Ab den neunziger Jahren, nach der Einverleibung der DDR, wurde sie zu einem zentralen Punkt faschistischer Bewegungen, stachelte zu Mord- und Terroraktionen auf. Heute ist sie – bei in den letzten Jahren ständig steigender Auflage – ein wichtiges Scharnier zwischen konservativen, ja sogar auch sozialdemokratischen Politikern und der faschistischen Szene, vor allem im Bereich der Intellektuellen (Universitäten, akademische Berufe). Ihre „theoretische“ Grundlage hat sie vom Nazi-Juristen Carl Schmitt sowie von dem französischen Rechtsintellektuellen Alain de Benoist, Carl-Schmitt-Bewunderer und so wie dieser bürgerlicher Gegner der parlamentarischen Demokratie und Verfechter scheindemokratischer, faschistischer Staatstheorien. Der Publizist Thomas Wagner, der diese ganze Szene untersucht hat, schrieb dazu: „In Deutschland ist die extrem rechte Wochenzeitung Junge Freiheit (JF) der wichtigste ideologische Resonanzboden und publizistische Verstärker von Benoists demokratiepolitischen Ideen.“ (Junge Welt, 27.01.2009) Auf diese Ideen stützen sich auch z.B. die NPD, die „Freien Wähler“, Olaf Henkel usw. Die Junge Freiheit ist auch bemüht, den neuen starken Mann fürs Kapital rauszufinden, aufzubauen … So veröffentlicht sie rührende Artikel über Peter Gauweiler (CSU), der sich seinerseits 1994 nach dem Anschlag auf die Druckerei der Jungen Freiheit mit ihr solidarisiert hat.

Dieses Blatt möchte sich im Gegensatz zu den Anfangsjahren einen „seriösen“ Anstrich geben und arbeitet öfters mit indirekten Hetzmethoden. So wird versucht, nicht allzu deutlich im braunen Schlamm herumzuwaten, aber allein die Anzeigen, die dort geschaltet werden, sprechen Bände. Sehr typisch ist auch der Bericht über den Prozess gegen Bernd Langer: Er ist für ein Nazi-Blatt absichtlich moderat gehalten, aber man öffnet der Leserschaft die Kommentarfunktion, und da wird die Sau so richtig rausgelassen. So schreibt ein Leser mit dem Pseudonym ludex: „Laßt den Langer doch seine Meinung; wem schadet sie. Allerdings müßte Herr Langer dann auch ertragen, daß Leute eine ähnliche Meinung hinsichtlich unbewohnter, brennender, für Asylanten vorgesehene Heime äußern…“. Und Ralf Beez, Oberfeldwebel der Reserve aus Freudenstadt, meint: „Wenn er gesagt hätte, ein abgefackeltes ‚...heim‘‘ wäre eine Superaktion gewesen, die ‚reingehauen‘ hätte, wäre wahrscheinlich sogar eine Haftstrafe drin gewesen!

Keine Freiheit für die „Junge Freiheit“!

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